Zwischenhändler können mit bestimmten Vertragsklauseln das Beschaffungsrisiko abmildern. Bei diesem Vorgehen gibt es zwei interessante Varianten.
Containerterminal
Vertragsklauseln greifen vor allem, wenn die Lieferung aufgrund eines nicht vorhersehbaren Ereignisses ausbleibt.
Bild: dpa
Frankfurt Innerhalb der Wertschöpfungskette stecken häufig Verkäufer, die als Zwischenhändler selbst auf Vorlieferanten angewiesen sind, um vertragliche Verpflichtungen mit ihren Kunden einhalten zu können, in einer besonders schwierigen Lage. Wie können sie in der Lieferkette ihre Beschaffungsrisiken abfedern?
Zum einen können sie mit dem Kunden Selbstbelieferungsklauseln vereinbaren. Im Ergebnis bekommen die Verkäufer ein Rücktrittsrecht eingeräumt. Das Konstrukt unterliegt allerdings strengen Voraussetzungen. „Dreh- und Angelpunkt ist das kongruente Deckungsgeschäft“, sagt Hanna Schmidt, Junior-Partnerin bei der Sozietät Oppenhoff. „Zwischenhändler müssen nachweisen können, dass sie zu dem Zeitpunkt, in dem sie sich zur Leistung gegenüber dem eigenen Kunden verpflichtet haben, bereits einen Vertrag mit einem Vorlieferanten hatten.“
Die Vertragsmodalitäten im Hinblick auf Art der Ware, Menge, Qualität und Liefertermin müssen sich decken. „Und der Vertrag muss so gestaltet sein, dass bei normalem Ablauf der Dinge mit der Erfüllung der Lieferpflicht gegenüber dem Kunden zu rechnen war.“
Die Vereinbarung dieser Klausel ist nur wirksam, wenn der Verkäufer die Nichtlieferung nicht zu vertreten hat. „Er muss von seinem Lieferanten quasi im Stich gelassen worden sein“, so Schmidt. Das greift vor allem, wenn die Lieferung aufgrund eines nicht vorhersehbaren Ereignisses ausbleibt. Das passiert aktuell aufgrund vieler Krisensituationen häufig, und aus diesem Grund ringen Vertragsparteien um Klauseln, die vorübergehende Aussetzung und gegebenenfalls vollständige Befreiung von der Leistungspflicht aufgrund höherer Gewalt vorsehen.
In der Vorkrisenzeit vor ein paar Jahren fanden diese wenig Beachtung. Heute müssen Verwender genau sein, weil der Begriff höhere Gewalt – gerade im Zusammenhang mit der Coronapandemie – bisweilen inflationär verwendet wird.
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Letzter Punkt: Der Verkäufer muss den Vorlieferanten sorgfältig ausgewählt haben. „Es darf keine Anhaltspunkte für dessen Unzuverlässigkeit geben“, konkretisiert Schmidt. „Idealerweise existiert in dem Vertrag eine Vertragsstrafe für den Fall der nicht termingerechten Leistung.“
Als Alternative zur Selbstbelieferungsklausel können Zwischenhändler und Kunde eine Leistungszeitklausel vereinbaren. Damit verschafft sich der Verkäufer etwas Luft, weil der Fälligkeitstermin zunächst flexibel bleibt. Die Absprache über die erste Lieferfrist sollte aber eindeutig als „unverbindlich“ im Vertrag stehen.
„Die Rechtsprechung akzeptiert zwar Circa-Angaben, dann wird aber der Fälligkeitszeitpunkt in die Nähe dieses Termins gerückt“, so die Oppenhoff-Rechtsanwältin. Die darauffolgende Fristsetzung muss angemessen sein, das bietet Raum für Verhandlungen.
Zu berücksichtigen sind typische Lieferzeiten in der Branche sowie die aktuelle Situation am Weltmarkt. Wichtig ist: Irgendwann ist die Lieferung fällig - mit allen rechtlichen Konsequenzen wie Rücktrittsoption des Kunden und gegebenenfalls Schadensersatzpflichten, wenn nicht höhere Gewalt vorliegt. „Ein ewiger Schwebezustand ist nicht möglich und wäre eindeutig eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners“, bekräftigt Hanna Schmidt.
Für welche der beiden Klauseln sich die Vertragspartner entscheiden, hängt entscheidend von der Frage ab, wie langfristig eine geschäftliche Beziehung sein soll und wie stark der Verkäufer interessiert daran ist, das vereinbarte Geschäft abzuwickeln. Die Anwältin erklärt: „Recht ist eine Sache. Kaufmännische Aspekte überwiegen oft, und deshalb werden in der Praxis häufig auf dieser Ebene Lösungen gefunden.“
Alexander Pradka ist leitender Redakteur bei der Fachzeitschrift „In-house Counsel“. Dieser Artikel stammt aus der Kooperation zwischen dem Handelsblatt und der Fachzeitschrift.
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