Im Februar erreichen die Preise im Euro-Raum erneut ein Rekordniveau. In der kommenden Woche berät die EZB über ihren weiteren Kurs.
Düsseldorf, Frankfurt Die Inflationsrate im Euro-Raum hat auch im Februar weiter zugelegt. Die Preise stiegen um 5,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal, wie das europäische Statistikamt Eurostat nach einer ersten Schätzung mitteilte.
Ökonomen hatten einen Wert von 5,3 Prozent erwartet. Zu Wochenbeginn veröffentlichte Daten aus einzelnen EU-Ländern wie Deutschland hatten aber bereits auf einen höheren Wert hingedeutet. Im Januar hatte der Preisanstieg bei 5,1 Prozent gelegen.
Die Russlandkrise erhöht das Risiko, dass die Preise, vor allem vom Energiebereich angetrieben, weiter steigen und die Wirtschaft zugleich geschwächt wird. Der Ökonom Frederik Ducrozet vom Schweizer Bankhaus Pictet nennt diese Gefahr beim Namen: „Das ist ein Stagflations-Schock von epischem Ausmaß.“ Er erwartet, dass die Inflation jetzt noch über sechs Prozent steigt.
Robin Brooks, Chef-Ökonom der Großbankenorganisation IIF in Washington, fürchtet ebenfalls, dass die Euro-Zone durch Krise und Sanktionen deutlich geschwächt wird, während die Preise weiter anziehen. Er glaubt, dass der Euro unter den Dollar fallen wird.
Robert Almeida, Stratege bei der US-Fondsgesellschaft MfS, spricht ebenfalls von „Stagflation“ und warnt, dass in der augenblicklich fragilen Situation Firmen ohne solide Finanzierung Probleme bekommen könnten. Das alles stellt Christine Lagarde, die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), vor eine sehr schwierige Aufgabe.
Wesentlicher Treiber der Inflation im Februar war einmal mehr die Energiepreise, die um 31,7 Prozent anzogen. Lebensmittel, Alkohol und Tabak verteuerten sich um 4,1 Prozent, Dienstleistungen um 2,5 Prozent.
Die sogenannte Kerninflation, bei der Energie, Lebens- und Genussmittel ausgeklammert werden, lag bei 2,7 Prozent nach 2,3 Prozent im Januar. Dieses Maß ist weniger schwankungsanfällig. Die Preise seien „erneut auf breiter Front kräftig gestiegen“, sagte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, angesichts der hohen Kerninflation.
Im Zuge des Ukrainekriegs dürfte sich der Preisauftrieb bei Energie noch weiter verstärken. Brent-Öl kostete am Mittwoch zwischenzeitlich 112,50 Dollar pro Barrel und damit so viel wie seit dem Sommer 2014 nicht mehr. Experten sehen in den sehr hohen Energiepreisen eine Gefahr für die globale Konjunktur.
Bundesbank-Chef Joachim Nagel stellt die Verbraucher in Deutschland bereits auf noch mehr Preisdruck ein. Das gelte sowohl für Deutschland als auch für den Euro-Raum insgesamt, sagte Nagel am Mittwoch. Er betonte aber auch: „Wir müssen die Normalisierung unserer Geldpolitik im Blick behalten.“
Die EZB hatte angesichts der hohen Inflation im Währungsraum zuletzt deutlich signalisiert, die Geldpolitik straffen zu wollen. Auch Zinserhöhungen im laufenden Jahr sind nicht mehr ausgeschlossen.
Allerdings sind die Folgen des Ukrainekriegs noch unklar – und mögliche Konsequenzen in der Politik noch nicht eingepreist. In der kommenden Woche steht die nächste Ratssitzung der EZB an. Die Notenbank dürfte da auch auf diese Thematik eingehen.
Viele Experten sind bis dato davon ausgegangen, dass auf der Sitzung ein schnelleres Ende der Nettokäufe von Anleihen beschlossen würde. Dies gilt als notwendige Voraussetzung für mögliche Zinserhöhungen im Anschluss. „Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass die EZB seit ihrer Gründung ihren heikelsten Moment vor sich hat“, sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank.
Bereits seit vielen Monaten liegt die Inflationsrate im Euro-Raum über der Zielmarke der EZB, die auf mittlere Sicht zwei Prozent anstrebt. Volkswirte und auch Politiker diskutieren kontrovers über das Vorgehen der Notenbank.
Parallel dazu wächst die Angst vor einer Preis-Lohn-Spirale. Wenn Arbeitnehmer ein höheres Preisniveau erwarten, passen sie ihre Lohnforderungen entsprechend nach oben an. Das setzt eine Art Kreislauf in Gang, der in der Endabrechnung zu einer wieder höheren Inflation führt.
Die volkswirtschaftlichen Indikatoren allerdings zeigen auf der Lohnseite noch kein erhöhtes Risiko. Gleichwohl ist der Arbeitsmarkt gegenwärtig sehr robust, was die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer stärkt. Auch signalisieren mehrere Indikatoren, etwa die Entwicklung der Erzeugerpreise, dass der Preisdruck weiter anhält.
Deshalb liegt ein besonderes Augenmerk auf den neuen Prognosen zur Inflationsentwicklung, die die EZB in der nächsten Woche präsentiert. Im Dezember hatte die Notenbank noch einen deutlichen Rückgang der Teuerungsrate auf jeweils 1,8 Prozent in den Jahren 2023 und 2024 vorhergesagt. Vieles spricht dafür, dass die EZB auch diese Prognosen erneut nach oben anpasst.
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