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13.12.2022

11:05

Insolvenzen

Creditreform rechnet im kommenden Jahr mit mehr Zahlungsausfällen bei privaten Haushalten

Von: Frank Matthias Drost

Im laufenden Jahr ist die Zahl der Verbraucherinsolvenzen um fast ein Fünftel zurückgegangen. Die Auskunftei Creditreform spricht aber von einem Sondereffekt.

Beispiellos hohe Energiekosten belasten die privaten Haushalte, die dafür teilweise auf Ersparnisse zurückgreifen müssen. IMAGO/IlluPics

Leere Sparschweine

Beispiellos hohe Energiekosten belasten die privaten Haushalte, die dafür teilweise auf Ersparnisse zurückgreifen müssen.

Berlin Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen in Deutschland ist im laufenden Jahr im Vergleich zu 2021 deutlich zurückgegangen. Sie sank nach Angaben von Patrik Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, um mehr als 17 Prozent auf 65.300.

Der starke Rückgang überrascht auf den ersten Blick, schließlich hat sich die wirtschaftliche Lage verschlechtert, und der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat zu beispiellos hohen Energiekosten geführt, die auch private Haushalte belasten. Allerdings haben im vergangenen Jahr viele Bundesbürger von der beschleunigten Restschuldbefreiung Gebrauch gemacht.

Das noch von der Großen Koalition unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf den Weg gebrachte Gesetz sieht ein vereinfachtes Insolvenzverfahren vor. Verbraucher können sich innerhalb von drei Jahren aus der Schuldenfalle befreien, zuvor waren es sechs Jahre.

Da viele Verbraucher in den Genuss der vorteilhaften Regelung kommen wollten, gingen die Verbraucherinsolvenzen 2020 um ein Drittel zurück. Nach Einführung der neuen gesetzlichen Regelung stieg die Zahl der privaten Insolvenzen 2021 dann um rund 87 Prozent auf 78.920, 2022 ebbte der Nachholeffekt dann ab.

Nach dem Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung ist ein Privathaushalt dann überschuldet, wenn Einkommen und Vermögen aller Haushaltsmitglieder über einen längeren Zeitraum trotz Verringerung des Lebensstandards nicht ausreichen, um fällige Forderungen zu begleichen.

Verbraucher müssen auf Erspartes zurückgreifen

Creditreform hält den aktuellen Rückgang allerdings nur für eine Momentaufnahme. Mit zunehmender Dauer der Belastungen, die sich aus der Energiekrise ergeben, und der verschlechternden Konjunktur „drohen auch bei den privaten Verbrauchern mehr Zahlungsausfälle“.

Gestützt wird diese Annahme durch eine repräsentative Umfrage der Auskunftei Schufa. Danach führen die drastisch gestiegenen Preise bei Energie und Lebensmitteln dazu, dass die Hälfte der Befragten auf Ersparnisse zurückgreifen muss. Rund ein Drittel der Menschen glaubt dabei, dass ihr Einkommen nicht ausreicht, um den Lebensstandard zu halten.

Dramatisch ist die Situation bei den Haushalten, die über keine Ersparnisse mehr verfügen. Nur ein Fünftel der Haushalte hätte genügend Rücklagen, um die steigenden Lebenshaltungskosten zu tragen. Unter den Haushalten mit einem Einkommen von weniger als 2000 Euro gaben 40 Prozent an, dass sie bereits vor der Krise über keinerlei Reserven verfügten.

Mehr Unternehmensinsolvenzen

Noch sind die Belastungen für die Verbraucher nicht vollends sichtbar, so Creditreform. Preissteigerungen bei Energie würden sich durch längerfristige Lieferverträge erst später bemerkbar machen.

Während bei Verbrauchern die Ruhe vor dem Sturm herrscht, haben Unternehmen bereits stark mit der Krise zu kämpfen. Erstmals seit 2009 ist die Zahl der Betriebsinsolvenzen in diesem Jahr gestiegen.

Sie erhöhte sich um vier Prozent auf 14.700. Zwar ist der Anstieg moderat, doch für Hantzsch von Creditreform ist das lediglich der Auftakt für eine „weitere Beschleunigung des Insolvenzgeschehens“. Gleichwohl sei man noch ein gutes Stück von Entwicklungen entfernt, die 2012 beobachtet wurden. In dem Jahr wurden 28.720 Unternehmensinsolvenzen registriert.

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