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16.03.2022

06:00

Ranking

Das sind die besten Reiserücktrittsversicherungen

Von: Dirk Wohleb

Eine Police schützt vor den finanziellen Folgen, wenn Reisende vor oder während einer Reise erkranken. Worauf Versicherte achten müssen und welche Tarife im Härtetest überzeugen.

dpa

Urlaub

Köln Die Urlaubslust ist nach zwei Jahren Coronapandemie groß. Laut Tourismusanalyse 2022 der Stiftung für Zukunftsfragen möchten 61 Prozent der Deutschen in diesem Jahr verreisen. Neben Deutschland sind Spanien und Italien die beliebtesten Reiseziele. Doch so groß die Vorfreude auf Entspannung am Strand oder in den Bergen ist, bleibt das Umfeld unsicher.

Immer wieder könnten Reisewarnungen wegen Corona oder die eigene Infektion den Reiseplänen einen Strich durch die Rechnung machen. Auch der russische Angriffskrieg verursacht Unsicherheit.

Viele Menschen wollen sich mit einer Reiserücktrittsversicherung gegen die finanziellen Folgen einer Absage oder eines Abbruchs schützen. Ein Krieg zählt grundsätzlich nicht dazu. Versicherte können immer nur solche Risiken absichern, die sie selbst oder eine nahestehende Person wie Ehepartner oder Kinder betreffen, zum Beispiel eine Krankheit oder ein Unfall vor der Abreise.

„Kein Versicherungsschutz besteht, wenn der Versicherungsfall zurückzuführen ist auf Krieg, Bürgerkrieg, kriegsähnliche Ereignisse oder innere Unruhen“, sagt Thomas Biersack, Sprecher des ADAC.

Versichert werden können also ausschließlich individuelle Risiken. Das Angebot ist immens und umfasst Tarife, die den Reiserücktritt, den Reiseabbruch oder auch das Gepäck versichern. „Es gibt Angebote mit und ohne Selbstbeteiligung. Grundsätzlich gibt es nicht die beste Police für jede Person. Die Versicherungen zeichnen sich durch Stärken und Schwächen aus“, sagt Sebastian Ewy, Senior Analyst beim Deutschen Finanz Service Institut (DFSI).

Es käme immer auf den Einzelfall an. Das DFSI hat das Angebot für verschiedene Musterfälle unter die Lupe genommen. Die Qualität der Policen ging mit 70 Prozent in die Bewertung ein. Der Preis der Policen macht 30 Prozent der Gesamtnote aus.

Jahrespolicen lohnen sich bei mehreren Reisen pro Jahr

Dabei gingen die Experten von typischen Szenarien aus. Zum einen von einer allein reisenden Person im Alter von 35 Jahren und einer Familie, zu der neben Vater und Mutter auch ein Kind gehört. Auch der Musterfall eines Paars ohne Kinder und eines allein reisenden Seniors haben die Versicherungsexperten untersucht. In diesem Artikel sind die Ergebnisse für eine allein reisende Frau oder Mann im Alter von 35 Jahren und für eine Familie mit Kind aufgeführt.

Die Tester gingen davon aus, dass die Versicherung für einen Zeitraum von einem Jahr abgeschlossen wird: „Diese Policen machen mehr Sinn. Denn sie lohnen sich meistens schon ab der zweiten gebuchten Reise in einem Jahr. Daher sollten Kunden immer von der teuersten Reise ausgehen und deren Wert versichern“, erklärt Ewy.

Beim Thema Corona verfolgen die Versicherungen eine unterschiedliche Politik. So bietet zum Beispiel LTA Versicherungsschutz ein zusätzliches Covid-Modul an. „Die Zusatzversicherung gilt als Ergänzung im Rahmen der Reiserücktrittskostenversicherung und des Reiseausfallschutzes“, erklärt Michael Dorka, Geschäftsführer von LTA Reiseschutz.

Sie bietet dann grundsätzlich Versicherungsschutz bei einer diagnostizierten Infektion mit Sars-CoV-2. Auch bei der Ergo Reiseversicherung gibt es einen erweiterten „Covid-19-Ergänzungsschutz“. Das Angebot kommt an: „Die meisten unserer Kunden, rund 90 Prozent, buchen aktuell den Ergänzungsschutz“, sagt Florian Fehr, Leiter Produktmanagement bei der Ergo Reiseversicherung.

Bei der Barmenia Versicherung sind Coronainfektionen zwar grundsätzlich mitversichert, aber nur, „sofern konkrete Krankheitssymptome auftreten, die dem Reiseantritt entgegenstehen. Wenn also die Beschwerden die versicherte Person so stark beeinträchtigen, dass eine Reise unzumutbar wäre“, sagt Michael Groß, Leiter Hauptabteilung Tarif bei der Barmenia. Ein positiver Test ohne Symptome ist also kein Grund für einen Reiserücktritt.

Das Thema Corona steht exemplarisch für die Vielfalt der angebotenen Tarife. „Eine gründliche Auswahl und ein Blick in die Konditionen sind wichtig. Nur so lässt sich das individuell passende Angebot finden“, empfiehlt Ewy. So liegt die maximal versicherte Reisedauer bei der Ergo Reiseversicherung bei 28 Tagen, bei LTA Reiseschutz bei 56 Tagen, während es bei der ADAC Versicherung keine Einschränkung gibt. Geht es um den Rücktritt einer Reise, so sind bei allen Versicherungen eine unerwartete Erkrankung oder ein Unfall abgedeckt. In diesem Fall können Versicherte von ihrer Reise zurücktreten und bekommen die Kosten erstattet.

Im Musterfall einer Familie, die eine Versicherung inklusive Reiserücktritt und Reisegepäck abschließt, schneidet LTA Reiseschutz mit dem Tarif „All in one-Jahresversicherung“ ohne Selbstbeteiligung am besten ab. Er wird mit der Höchstnote „exzellent“ ausgezeichnet. Die Jahresprämie kostet 175 Euro. Bei diesem Tarif werden Stornierungskosten bis 10.000 Euro erstattet. Sollte der Versicherte seine Reise abbrechen müssen, ist die Erstattung des anteiligen Reisepreises nicht begrenzt. Das ist ein Vorteil gegenüber anderen Anbietern, die hier zum Teil eine Grenze setzen. Das Reisegepäck ist beim Tarif „All in one-Jahresversicherung“ bis zu einem Wert von 5000 Euro versichert.

Wer sich bei LTA Reiseschutz von den Folgen einer Coronainfektion absichern möchte, muss ein „Zusatzmodul“ buchen. Im Test schneiden beim Musterfall einer Familie mit Kind die Tarife der ADAC Versicherung, der Barmenia Allgemeine Versicherung und der Arag mit der Note „sehr gut“ ab.

In der Studie „Reisen und Tourismus in Deutschland 2022“ von Statista erklärten 13 Prozent der 2149 Befragten, dass sie allein reisen. Bei der Gruppe der Alleinreisenden im Alter von 35 Jahren schneidet die Ergo mit dem Tarif „Nexible“ mit der Höchstnote „exzellent“ ab. Hier liegt die Jahresprämie für eine Person bei 145 Euro. „Unser Versicherungsschutz umfasst auch Länder, für die es eine Corona-Reisewarnung gibt. Dazu ist kein Extrabaustein nötig“, sagt Fehr von der Ergo Reiseversicherung.

Ein umfassender Covid-19-Ergänzungsschutz kostet 13 Euro pro Jahr. „Unsere Kunden können mittels Bausteinsystem eine Versicherung zusammenstellen“, erklärt Fehr. In der Gruppe der Alleinreisenden im Alter von 35 Jahren schneiden die Angebote von LTA Reiseschutz, ADAC Versicherung sowie der Barmenia Versicherung mit der Note „sehr gut“ ab.

Methodik

Musterfall

Zahlreiche Kriterien gingen in der Bewertung der Policen ein. Ausgangspunkt sind unterschiedliche Musterfälle: Zum einen eine allein reisende Frau oder Mann im Alter von 35 Jahren und ein Ehepaar mit Kindern. Ergebnisse aller Musterfälle finden Sie im Detail unter www.handelsblatt.com. Neun grundsätzliche Merkmale wie die maximale Reisedauer wurden abgefragt. Anhand von 31 Kriterien haben die Experten des Deutschen Finanz Service Instituts (DFSI) die Leistungen für Reiserücktritt, Reiseabbruch und Reisegepäck bewertet. Die Tester fragten ab, welche Voraussetzungen für den Rücktritt oder den Abbruch einer Reise anerkannt werden. Zum Beispiel eine Erkrankung oder der Verlust des Arbeitsplatzes. Sie prüften, ob und in welcher Höhe eine Selbstbeteiligung fällig ist, wie hoch die Erstattungen für Stornierung oder für die Umbuchung einer Reise sind. In die Beurteilung ging ein, ob und in welche Höhe Kosten für eine vorzeitige Rückreise übernommen werden oder welche Art von Reiseutensilien im Falle des Abhandenkommens versichert sind.

Bewertung

Die qualitativen Faktoren machen 70 Prozent der Bewertung aus, die Höhe der Jahresprämie geht zu 30 Prozent in die Gesamtnote ein. Bei einer allein reisenden Person gingen die Tester von einem Reisepreis in Höhe von 1500 und 3500 Euro aus, bei der Familie lag der Reisepreis im Musterfall mit 3500 und 5000 Euro höher.

Die Coronapandemie hat den Reisemarkt durcheinandergewirbelt. Als am 11. März 2020 Corona von der Weltgesundheitsorganisation zur Pandemie erklärt wurde, bestand kein Versicherungsschutz mehr bei Reiserücktrittsversicherungen. Denn Pandemien oder andere Naturkatastrophen waren bislang keine versicherbaren Ereignisse, sagt Dorka von LTA Versicherungsschutz.

Doch darauf haben die Versicherungen reagiert und spezielle Covid-19-Reiseschutzmodule entwickelt. Die Nachfrage sei stark gestiegen. „Das Thema Pandemien wird die Menschen auch künftig beschäftigen und somit auch bei den Versicherungsprodukten ein Thema sein“, sagt Biersack vom ADAC.

Großer Wunsch nach Versicherungsschutz

2020 unternahmen Bundesbürger rund 50 Millionen Urlaubsreisen. Ein Jahr zuvor waren es noch 20 Millionen Reisen mehr. Das bedeute dennoch einen Markt mit einem Gesamtvolumen von 12,5 Milliarden Euro. In der jetzigen Zeit mit vielen schwer vorhersehbaren Entwicklungen steigt das Interesse der Reisewilligen an Versicherungen, die auch aktuelle Krisen mit einbeziehen.

Es ist gut möglich, dass die Assekuranzen darauf in Zukunft reagieren werden, meint Michael Dorka: „Möglicherweise werden Services und Assistenceleistungen rund um Reisen und Mobilität die aktuelle Struktur von Reiserücktrittsprodukten anreichern, um zum Beispiel auch auf Ereignisse wie den Ukrainekrieg reagieren zu können.“

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