In unsicheren Zeiten sinkt die Loyalität der Verbraucher zu ihren Versicherern. Die Anbieter investieren in die Kundenbindung. Dieses Ranking zeigt die Sieger.
Versicherungen für Radfahrer
Digitale Abschlüsse von Policen sind für junge Zielgruppen ein wichtiges Kriterium
Bild: dpa
Köln Der Digitalversicherer Wefox setzt im Wettbewerb um Aufmerksamkeit auf Emotion pur. Das deutschschweizerische Insurtech hat zu Beginn des Jahres mit dem italienischen Fußball-Meister AC Mailand und dem Bundesligisten Union Berlin Trikot-Sponsoring-Verträge abgeschlossen. Wefox will bestehende und potenzielle Kunden im Stadion oder am Fernseher erreichen, wo sie packende Duelle erleben. Das Unternehmen verknüpft so die rationale Welt der Versicherungen mit den großen Gefühlen des Fußballs.
Der Auftritt in der realen Welt ist für das Start-up quasi das Fundament für die Onlinekampagnen in Sachen Kundenpflege. Einschlägige Digitalkampagnen auf Social Media generierten zwar kurzfristig Traffic, sagt Wefox-Marketingchef Alexander Huber. Sie brächten langfristig aber wenig, „wenn man nicht analog Markenbekanntheit aufbaut“.
Mehr Einsatz in die Stärkung der eigenen Marke – in der Versicherungsbranche ist das ein Gebot der Stunde. Denn in wirtschaftlich unsicheren Zeiten droht die Loyalität der Kunden zu schwinden. „Konsumenten befinden sich angesichts hoher Inflation im Sparmodus. Die Wechselbereitschaft von Versicherungskunden dürfte damit ansteigen“, sagt Claus Dethloff, Geschäftsführer des Kölner Analyseinstituts Servicevalue. „Wollen Versicherer dem entgegenwirken, sind sie gut beraten, bei der Kundenpflege neben digitalen Kanälen auch die analoge Ansprache zu wählen.“
Der Digitalspezialist Wefox trifft mit Kundenansprache und Service den richtigen Ton. In der Kategorie der Digitalen Versicherungsexperten ist das Unternehmen die Nummer eins – zu diesem Ergebnis kommt Servicevalue in einer Online-Kundenbefragung für das Handelsblatt. Dabei setzte sich Wefox gegen 25 Wettbewerber in seinem Segment durch.
Mehr als 120.000 Kundenurteile hat Servicevalue im vergangenen Mai zu 614 Dienstleistern aus dem Versicherungswesen eingeholt. Dabei betrachteten die Kölner Experten insgesamt 21 Kategorien. Erfolgreichstes Unternehmen im Ranking ist die Allianz, die in zwölf Kategorien den ersten Platz belegt – unter anderem in der Lebensversicherung, Privathaftpflicht und der Betrieblichen Krankenversicherung.
Der Münchener Konzern – in Deutschland die Nummer eins und in Europa nach Axa die Nummer zwei unter den Versicherungsunternehmen – profitiert laut Servicevalue-Studienleiter Dethloff von seiner Marktposition. „Die Allianz ist eine große und starke Marke“, sagt er. In der Wahrnehmung von Verbrauchern erscheine sie schon deshalb attraktiv. Laut Dethloff erhalten die führenden Anbieter einen Vertrauensvorschuss gegenüber jüngeren oder kleineren Konkurrenten. „Eine starke Marke trägt dazu bei, dass Kunden bei digitalen Prozessen wie zum Beispiel dem Abschluss von Policen geduldiger sind“, sagt Dethloff.
Freilich arbeiten die Versicherer daran, dass Geduld gar nicht erforderlich ist. Reibungslos soll der Kundenkontakt im digitalen Raum ablaufen. Wie Menschen auf Onlineangebote reagieren, das erforscht die Allianz unter anderem mithilfe von Eyetrackern. Die Geräte verfolgen bei Probanden, wie deren Augen den Monitor eines Computers oder ein Smartphone-Display nach Buttons absuchen. Das Ziel ist, die Klick‧strecke bis hin zum digitalen Abschluss einer Versicherung möglichst intuitiv zu gestalten.
Ein interdisziplinäres Team der Allianz erforscht seit fünf Jahren Kundenbedürfnisse. Neben Versicherungsexperten sind in dem Team auch Soziologen und Psychologen tätig. Sie erheben pro Jahr rund eine halbe Million Meinungen von Kunden und werten diese aus. Online und in persönlichen Gesprächen ermitteln die Allianz-Experten zudem die Bedürfnisse von Bürgern. „Wir wollen wissen, was die Menschen bewegt – auch über Versicherungsthemen hinaus. Nur so können wir bedarfsgerecht für unsere Kunden da sein. Das geht nicht allein mit digitalen Methoden“, sagt Olaf Tidelski, Chief Customer Officer (CCO) der Allianz Deutschland.
Auf der Allianz-Homepage wirbt CCO Tidelski in einem Video um „Zukunftsgestalter“. Wer sich registriert, soll Ideen des Versicherers bewerten und sogar Produkte mitgestalten. „Gemeinsam entwickeln, verwerfen und verändern wir neue Services“, verspricht ein zweites Video, das das Engagement als Zukunftsgestalter schmackhaft machen soll.
Die Verbraucher-Befragungen helfen der Allianz, schnell auf Probleme der Kundschaft zu reagieren. So unterstützt die Versicherung seit April dieses Jahres Halter von E-Autos dabei, ihre gesetzlich garantierte Treibhausgasminderungs-Quote (THG-Quote) zu beantragen. Diese weist aus, wie viel CO2 durch die Nutzung eines E-Autos eingespart wurde. Der Versicherer hilft, die Prämie zu erhalten, die den Haltern dafür zusteht. „E-Fahrzeug-Halter können die Erstattung der Prämie auf der Homepage der Allianz anmelden, unser Partner ADAC übernimmt dann Abwicklung und Auszahlung“, sagt Tidelski.
Auch bei jungen Kunden genießen die etablierten Versicherer den besten Ruf – das zeigt eine Studie der Digitalberatung Senacor. Sie hat Menschen im Alter von 18 bis 29 Jahren gefragt, bei welchen Anbietern sie bereit wären, eine Versicherung abzuschließen. 61 Prozent der jungen Leute wollen am ehesten bei einer der bekannten Marken wie Axa und Allianz unterschreiben. Direktversicherer wie Cosmos und Huk24 liegen mit 54 Prozent nur knapp dahinter. Digitale Insurtechs kommen auf elf Prozent.
Im Ranking von Servicevalue liegt bei den E-Bike-Versicherern mit Hepster ein Insurtech ganz vorn. „Die reine Digitalversicherung funktioniert aktuell vorwiegend für Sach- und Unfallversicherungen“, erläutert CEO Christian Range. „Dabei kommt es auf den schnellen und intuitiven Abschluss der Police an.“ Weniger als fünf Prozent der Kunden nehmen neben dem digitalen Kontakt auch analoge Services per Hotline in Anspruch. „Auch für uns sind Image und Vertrauen im Markt essenziell. Allerdings haben wir im Vergleich zu klassischen Versicherern weniger direkten und persönlichen Kontakt zum Endkunden“, sagt Range.
Regelmäßig gelingt Hepster der Vertriebserfolg auch ganz ohne Kundenkontakt über die eigene Homepage oder App. Neue Zielgruppen erschließt das junge Unternehmen aus Rostock vor allem mithilfe von Kooperationen über die sogenannte Embedded Insurance. Dabei wird die Versicherung mit anderen Produkten oder Dienstleistungen im Paket angeboten. So vermarktet der Hepster-Partner Bikefinder beispielsweise ein ins Fahrrad integriertes Ortungsgerät. Dieses Gerät wird von Bikefinder über ein monatliches Abomodell vertrieben – mit optionalem Versicherungsschutz gegen Diebstahl durch Hepster.
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