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22.09.2021

19:08

Ambiotex

Letzte Hoffnung auf Start als DiGa

Von: Britta Rybicki

Das Start-up möchte sich strategisch neu auszurichten und aus einem Sensor-Shirt einen Brustgurt entwickeln. Geplant ist auch, dass die Krankenkassen bald die Kosten übernehmen.

Ursprünglich erfunden wurde die Technologie am Fraunhofer Institut vor über zehn Jahren, wirklich am Markt angekommen ist sie aber bis heute nicht. Unternehmen

Die Sensortechnologie im Test

Ursprünglich erfunden wurde die Technologie am Fraunhofer Institut vor über zehn Jahren, wirklich am Markt angekommen ist sie aber bis heute nicht.

Düsseldorf Mit einem T-Shirt, in das ein Sensor eingebaut ist, wollten die Gründer vor allem Sportler als Käufer gewinnen. Das Start-up Ambiotex startete bereits 2013. Rückblickend hat die Idee nicht gezündet, weshalb sich das Unternehmen strategisch neu ausrichten möchte und eine Zulassung als digitale Gesundheitsanwendung (DiGa) anstrebt, damit die Kosten durch die Krankenkassen erstattet werden.

Die neue Verkaufsidee: Nutzer können ihr Stresslevel mit einem Brustgürtel messen, in den Sensoren eingebaut sind. Diese leitfähigen Elektroden messen die Herzaktivität des Trägers und die Häufigkeit sowie Tiefe der Atemzüge. Per Bluetooth werden die Werte an das Smartphone oder Tablet geschickt und von einer Künstlichen Intelligenz (KI) analysiert. In der App werden Nutzern dann Empfehlungen zurückgespielt.

Als konkreten Anwendungsfall stellt sich der CEO Christian Seidl eine Managerin vor, der die App nach ein paar Tagen Beobachtung mitteilt, wie stressig ihr Arbeitsalltag ist. Sie wüsste dann, dass sie den Spinning-Kurs am Abend gegen Yoga eintauschen müsste, um ihren Puls herunterzufahren und gesünder zu leben. Neue Studienergebnisse lassen ihn darauf hoffen, dass ihr Vorhaben gelingt.

Studie zeigt Messgenauigkeit der Technologie

In einer Studie des Start-ups mit der Technischen Hochschule Brandenburg wurde nun mithilfe eines Generators ein Herzschlag simuliert, dessen Frequenz und Intensität die Prüfer variabel festlegen konnten. Die Messdaten wurden sowohl über die in einem Shirt integrierten Sensoren als auch mit einem herkömmlichen medizinischen EKG erfasst und anschließend miteinander verglichen. Das Ergebnis war, dass die Ambiotex-Technologie und das EKG nahezu identische Ergebnisse liefere, sagt Christian Seidl, CEO von Ambiotex.

Beim Lauftest zuvor konnte der Herzschlag mit einer Genauigkeit von 98 Prozent und bei komplizierten Bewegungen wie beim Rudern mit 96 Prozent gemessen werden.

Zeitgleich wurde die KI mit 1500 Probanden, vornehmlich Sportlerinnen, trainiert. „Wir wollen unsere Algorithmen nun mit größeren Datensets weiterentwickeln“, sagt Seidl. Ziel ist, aus dem T-Shirt einen Sensorgurt zu bauen, der für 15 Euro im Monat plus einem einmaligen Betrag für die Hardware gemietet werden kann.

Diese Technologie wurde bereits in dem Sensor-T-Shirt von Ambiotex eingesetzt und vor über zehn Jahren vom Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen (ISS) entwickelt. Das kleine Unternehmen hat Lizenzen gekauft, um das Shirt für rund 250 Euro zu verkaufen und beschäftigt heute zehn Mitarbeiter.

Ebenfalls auf eine KI setzt das Start-up Cardisio, das 2017 gegründet wurde und heute 36 Mitarbeiter beschäftigt. Die Technologie misst das Herz allerdings dreidimensional, wodurch die KI Herzerkrankungen schon in einem sehr frühen symptomfreien Stadium erkennen kann, was beispielsweise mit einem EKG nicht möglich ist. „Unsere Technologie kann gesunde von kranken Herzen unterscheiden“, sagt Mitgründer Meik Baumeister.

Bernhard Schieffer, Direktor der Kardiologie und Notfallmedizin am Universitätsklinikum Marburg, fordert damit einen Technologiesprung, der seinen Patienten mehr Freiheiten bietet: „Wenn Herzpatienten nicht mehr in die Klinik kommen müssen um behandelt zu werden; wenn ihre Messwerte in der Klinik beobachtet werden können und ein AI-basierter Algorithmus bei Auffälligkeiten Arzt und Patient rund um die Uhr warnen kann, dann wäre ein technologisch-therapeutischer Quantensprung erreicht“, sagt Schieffer

Die Medizin bräuchte kein weiteres Unternehmen, das eine der vielen Technologien für die Herzmessung auf den Markt bringe. Dass Patienten dauerhaft mit einem Brustgurt herumlaufen wollen, glaube er auch nicht. Die Versorgung von Herzpatienten verbessern werden wohl nur Produkte, die ihnen den Krankenhausbesuch ersparen.

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