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20.11.2022

19:18

Betriebsarztservice

6,8 Millionen Euro für Arbeitsmediziner hinter Bildschirmen

Von: Britta Rybicki

Das Start-up Betriebsarztservice hat eine Finanzierungsrunde in Höhe von 6,8 Millionen Euro abgeschlossen. Das Geld möchte das junge Unternehmen nutzen, um sein digitales Angebot auszubauen.

Tismer ist Geschäftsführer von Betriebsarztservice. Unternehmen

Christoph Tismer

Tismer ist Geschäftsführer von Betriebsarztservice.

Düsseldorf Die Heilung kranker Patienten spielt für Betriebsärzte so gut wie keine Rolle. Sie haben stattdessen den betrieblichen Gesundheitsschutz im Blick und analysieren, ob die Arbeitnehmer für eine Tätigkeit geeignet sind und ob sie ihrer Gesundheit schadet.

Eine medizinische Arbeitsschutzbetreuung ist für jedes Unternehmen mit mindestens einem Mitarbeiter verpflichtend. Philipp Schäfer hat darin ein Geschäftsmodell gesehen und 2018 das Unternehmen Betriebsarztservice gegründet. Christoph Tismer ist ein Jahr später als Geschäftsführer eingestiegen. Dabei handelt es sich um einen Dienstleister für die Arbeitsmedizin. Ein Großteil der Leistungen findet bereits heute online statt und soll mit neuen Finanzmitteln in Höhe von 6,8 Millionen Euro erweitert werden.

Angeführt wurde die Finanzierungsrunde von dem französischen Wagniskapitalgeber IMPACT Partners, Heartbeat Labs war als Bestandsinvestor ebenfalls beteiligt. Heute zählt das Unternehmen 70 Mitarbeiter, von denen 13 in Vollzeit beschäftigte Ärzte sind. Mit 600 Unternehmenskunden betreut das Start-up rund 60.000 Angestellte, berichtet Geschäftsführer Tismer. Anette Wahl-Wachendorf ist Vizepräsidentin des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte und sagt, dass eine solche arbeitsmedizinische Betreuung realistisch sei, wenn hauptsächlich kleine Betriebe beraten werden würden.

Bei dieser Einschätzung geht sie allein von den festangestellten Ärzten aus, die den Zahlen zufolge 2647 Mitarbeiter jährlich betreuen müssten. Tismer bleibt äußert sich dazu zurückhaltend: Kunden seien Unternehmen unterschiedlicher Größen, überregionale Firmen gehörten aber auch dazu. Da sich allerdings nicht jede arbeitsmedizinische Vorgabe digital abbilden lässt, ist der Betriebsarztservice an insgesamt acht Standorten in Deutschland vertreten. „Dadurch, dass die Arbeitsmedizin ausschließlich im präventiven Bereich angesiedelt ist, ist sie zum Beispiel von vielen restriktiven Regularien im Bereich Telemedizin nicht betroffen”, berichtet Tismer.

Damit gemeint ist etwa, dass Ärzte nur 30 Prozent aller Behandlungen im Quartal als Videosprechstunde abrechnen können. Neben der Preisbildung seien Arbeitsmediziner auch beim Thema Marketing freier. Im Leitfaden für telemedizinische Arbeitsmedizin wird ein zertifizierter Videosprechstundenanbieter gefordert, und dass der Arzt die Behandlung von einem geschlossenen Raum aus umsetzt. „Grundsätzlich kann man aber viele Leistungen in der Arbeitsmedizin leicht digitalisieren”, sagt er. 10.000 Videoberatungen hat das Unternehmen seit seiner Gründung gehalten.

Keine strengen Regularien für Tele-Arbeitsmedizin

Telemedizin setzt Betriebsarztservice zum Beispiel bei Beratungen zu Impfungen, Reisen, Vorsorgeuntersuchungen und zum Mutterschutz ein, die mit einem digitalen Fragebogen vorbereitet werden können. Die Untersuchungsergebnisse werden mit Patienteneinverständnis in einer digitalen Akte des Start-ups gesammelt. Das sind zum Beispiel Belastungs-EKGs, Hör- oder Sehtests. Diese Daten können in einem Folgetermin besprochen werden. Im Leitfaden für telemedizinische Arbeitsmedizin wird darauf hingewiesen, dass bestimmte Vorsorgeuntersuchungen bei bereits bekannten Beschäftigten auch online durchgeführt werden können. Als Beispiel wird die Bildschirmtätigkeit genannt.

Beratungen zum Arbeitsschutz und zur Gefährdungsbeurteilung im Homeoffice können ebenfalls im Videochat stattfinden. Aus digitalen Fragebögen können Unternehmen psychische Gefährdungspotenziale innerhalb verschiedener Abteilungen ableiten. Seit 2016 ist eine solche Beurteilung verpflichtend für Arbeitgeber. Basierend auf diesen Daten werden individuelle Betreuungspläne entwickelt.

Hinweis auf Digitale Gesundheitsanwendungen?

Mit dem neuen Geld möchte das Unternehmen eine Plattform für den Arbeitsschutz aufbauen. Über das Dashboard können Mitarbeiter ihre sämtlichen arbeitsmedizinischen Daten einsehen, Informationen finden und managen - etwa über den Umgang mit Gefahrstoffen wie toxischen Gemischen. „Perspektivisch wäre es für uns auch interessant, auf der Plattform auch digitale Gesundheitsanwendungen miteinzubinden”, sagt Tismer. Das sind Gesundheitsapps, die einen Zertifizierungsprozess beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte durchlaufen, um von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet zu werden.

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