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06.04.2023

07:19

CMR Surgical

Britisches Robotik-Start-up eröffnet Europazentrale in Hamburg

Von: Lukas Hoffmann, Maike Telgheder

Das britische Start-up CMR Surgical expandiert in Europa, der Branchenprimus Intuitive Surgical wächst aber schneller.

Mit dem Versius-System haben Ärzte im Klinikum Chemnitz knapp 300 Operationen durchgeführt.

CMR Surgical

Mit dem Versius-System haben Ärzte im Klinikum Chemnitz knapp 300 Operationen durchgeführt.

Köln/ Frankfurt Zur Eröffnung der Europazentrale des britischen Robotik-Start-ups CMR Surgical kam immerhin Hamburgs Zweite Bürgermeisterin. „Ich freue mich, dass ein britisches Unternehmen hier ist“, sagte Katharina Fegebank (Grüne) gestern in den Räumen, die das Start-up im Hamburger Szeneviertel Ottensen bezogen hat. Die Standortwahl von CMR sei ein „klares Statement“ vor dem Hintergrund des schmerzhaften Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union. Von Hamburg aus will das Start-up die Expansion des eigenen OP-Roboters Versius in Europa vorantreiben. Hauptsitz des Unternehmens ist Cambridge/Großbritannien.

Das mit knapp einer Milliarde US-Dollar finanzierte Robotik-Start-up hat bereits Büros in Paris und Rom eröffnet, weitere in Madrid und im polnischen Lublin sollen folgen. „Wir haben einen großen ungedeckten Bedarf in der roboterassistierten Chirurgie“, sagt CMR-Europachef Olivier Wolber dem Handelsblatt. „Wir erwarten, dass die Durchdringungsrate in den kommenden Jahren von derzeit nur einem Prozent rasch steigen wird.“

Neben CMR Surgical haben auch andere Unternehmen Roboter für die Weichteilchirurgie entwickelt, wie Avateramedical aus Jena, Kawasaki aus Japan oder Medtronic aus den USA/Irland. Die Herausforderung: Der Platzhirsch Intuitive Surgical wächst schneller als alle Konkurrenten zusammen.

50 verkaufte Da-Vinci-Roboter in einem Jahr allein in Deutschland

Intuitive Surgical ist seit 28 Jahren in der Roboterchirurgie aktiv und hat mittlerweile die vierte Generation seiner Da-Vinci-Operationssysteme auf dem Markt. In Deutschland sind mehr als 260 Systeme installiert – rund 50 mehr als noch vor einem Jahr. Weltweit waren es Ende 2022 mehr als 7500 Systeme, davon allein 4560 in den USA.

Das Geschäft des OP-Roboterherstellers hatte zu Beginn der Coronapandemie gelitten, weil Operationen verschoben wurden, berichtet Intuitive dem Handelsblatt. 2021 gab es dann Nachholeffekte und das Unternehmen wuchs um 31 Prozent auf einen Umsatz von 5,7 Milliarden Dollar. Im vergangenen Jahr bremsten die starken Ausbrüche von Covid-19 und die Lockdowns in China den US-Konzern wieder aus. Intuitive wuchs mit einem Plus von rund neun Prozent auf 6,2 Milliarden Dollar langsamer als im Jahr davor.

Dennoch: Allein im vergangenen Jahr wurden laut Hersteller weltweit 1264 neue Da-Vinci-Systeme installiert. Zum Vergleich: CMR Surgical hat seit der Unternehmensgründung im Jahr 2014 insgesamt nur rund 100 Roboter verkauft, der japanische Konzern Kawasaki etwa 40.

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Die verschiedenen Operationsroboter sind ähnlich aufgebaut. Sie bestehen aus einer Steuerkonsole, an der der Chirurg sitzt und das 3D-Bild des Operationsfeldes sieht. Außerdem gibt es einen Videoturm, der eine Art „Gehirn“ des Roboters darstellt, in dem alle Daten zusammenlaufen und verarbeitet werden. Die Einheit mit den Roboterarmen steht neben dem Bett und führt im Bauchraum oder Unterleib des Patienten die Bewegungen aus, die der Chirurg über die Joysticks vorgibt. Wird ein Patient mit Hilfe des Roboters operiert, verliert er weniger Blut. Außerdem kann die Hand des Chirurgen nach stundenlanger Arbeit zittern – anders als die chirurgischen Instrumente am Roboterarm.

Um sich von Da Vinci abzugrenzen, werben die verschiedenen Hersteller mit eigenen Innovationen. Avateramedical aus Jena nennt gegenüber dem Handelsblatt die Einweginstrumente des Avatera-Roboters als Unterscheidungsmerkmal. Durch die Verwendung von Einweginstrumenten sinkt das Infektionsrisiko für den Patienten, da diese bei jedem Patienten neu und unbenutzt sind.

Versius-Roboter ist mobil

Der CEO von Kawasaki, Yasuhiko Hashimoto, hob im November gegenüber dem Handelsblatt die hohe Beweglichkeit der Arme des Kawasaki-Roboters hervor. CMR Surgical lobt das kompakte Design seines Versius-Roboters. „Was unser robotisches System einzigartig macht, ist die Tatsache, dass es handlich ist und von einem Krankenzimmer zum nächsten gerollt werden kann“, sagt Wolber.

Zahlen nennt der CMR-Europachef nicht. Im vergangenen Jahr sei der Umsatz des Start-ups aber um 150 Prozent gestiegen, sagt er. In Deutschland operieren Chirurgen des Klinikums Chemnitz und der Gemeinschaftspraxis Wiesbaden mit dem Versius-System, das in der Anschaffung zwischen 1,2 und 1,5 Millionen Euro kostet.

Sven Seifert ist Chefarzt der Klinik für Thorax-, Gefäß- und endovaskuläre Chirurgie am Klinikum Chemnitz. Dort ist der Versius-Roboter seit knapp zwei Jahren im Einsatz. Bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen der CMR-Eröffnung in Hamburg lobte Seifert das Versius-System – es sei zuverlässig und perfekt konzipiert. Unabhängig vom Hersteller glaubt Seifert, dass sich roboterassistierte Systeme immer stärker durchsetzen werden: „In zehn Jahren wird es sie in jedem deutschen Krankenhaus geben, unabhängig von der Versorgungsstufe oder der Spezialisierung“, sagte er.

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