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30.05.2022

07:57

Digitale Zahntherapie

Straumann investiert in Zahnschienen-Segment

Von: Lukas Hoffmann

Zahnarztzulieferer Straumann kauft das Berliner Zahnschienen-Start-up Plus Dental. Insbesondere auf den europäischen Markt hat es Straumann abgesehen.

Das Unternehmen bietet transparente Zahnschienen an. dpa

Plus Dental

Das Unternehmen bietet transparente Zahnschienen an.

Köln Der Schweizer Zahnarztzulieferer Straumann kauft das deutsche Zahnschienen-Start-up Plus Dental für 131 Millionen Euro (rund 135 Millionen Schweizer Franken). Damit geht bereits der zweite deutsche Anbieter für transparente Zahnschienen (sogenannte Aligner) in den Besitz von Straumann über. Im Jahr 2020 übernahm der Medizintechnikhersteller Mehrheitsanteile an dem Berliner Unternehmen Dr. Smile.

Straumann, das seinen größten Umsatz mit dem Verkauf von Zahnimplantaten macht, verfolgt damit ein klares Ziel: Mehr Marktanteile im Wachstumsmarkt der transparenten Zahnschienen erringen. Das Potenzial im Bereich der Aligner-Therapie sei riesig, schreibt Straumann auf Anfrage von Handelsblatt Inside. Lediglich 21 von weltweit rund 500 Millionen kieferorthopädischen Fällen im Jahr würden behandelt werden.

Straumann-Geschäftsführer Guillaume Daniellot hat es mit den Übernahmen von Plus Dental und Dr. Smile vor allem auf den europäischen Markt abgesehen. Plus Dental mit seinen 200 Partnerpraxen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, den Niederlanden, Schweden und Großbritannien soll die Expansion von Straumann beschleunigen: „Die Lösung des Unternehmens ergänzt unser bestehendes Angebot an Konsumentinnen und Konsumenten von kieferorthopädischen Behandlungen unter ärztlicher Betreuung perfekt“, sagt Daniellot in einer Pressemitteilung. „Sie wird uns helfen, schneller zu expandieren.“ Dr. Smile ist laut Straumann bereits in zehn europäischen Ländern aktiv.

Rund fünf Milliarden Euro Marktvolumen für transparente Zahnschienen

In einer Konferenz im Dezember präsentierte Straumann die Marktanteile der verschiedenen Geschäftsbereiche. Ein Segment stach hervor: Die transparenten Zahnschienen. Hier werden, laut der Berechnungen von Straumann, im Jahr weltweit rund fünf Milliarden Euro (5,3 Milliarden Schweizer Franken) umgesetzt. Vor allem die Konkurrenz profitiert jedoch. Der Marktanteil von Straumann beim Zahnschienen-Segment liegt, der Präsentation zufolge, bei weniger als fünf Prozent.

Erfinderunternehmen und weltweiter Marktführer für transparente Zahnschienen ist das US-Unternehmen Align Technology. Im Jahr 2017 liefen mehrere Zahnschienen-Patente von Align Technology aus, seitdem kommen immer mehr transparente Zahnschienen-Anbieter auf den Markt. Allein in Deutschland gibt es mittlerweile mindestens 15 verschiedene Zahnschienen-Unternehmen.

Für den Berufsverband der Deutschen Kieferorthopäden (BDK) ist das ein Wildwuchs, der dringend beschnitten werden sollte. Nach Auffassung der Kieferorthopäden wird bei vielen Anbietern auf notwendige zahnärztliche Leistungen verzichtet. Für den BDK-Geschäftsführer Stephan Giertmühlen kann die Übernahme von Plus Dental durch Straumann deshalb auch eine Chance sein: „Wenn Straumann das bleibt, was sie bisher waren, nämlich ein Hersteller von Medizinprodukten, dann liefern sie die Schienen und lassen die Partnerzahnärzte behandeln.“

Derzeit kooperieren Plus Dental und Dr. Smile zwar mit Zahnärzten – so kommt ein Patient in die Praxis, um ein Scan des Mundraums zu machen, auf Basis dessen die transparente Zahnschiene hergestellt wird. Die Betreuung während der Behandlung erfolgt aber aus der Ferne. Der Patient schickt dem Start-up über eine App Fotos seines Mundraums, anstatt die Praxis eines Kieferorthopäden oder Zahnarztes zu besuchen. Zahnärztlicher Aufwand wird also eingespart, dafür ist der Preis für den Kunden niedriger. Dr. Smile und Plus Dental versprechen eine Behandlung für einen Preis zwischen 1700 und 3200 Euro. Kieferorthopäden berechnen für die Zahnschienen-Behandlung häufig zwischen 5000 und 7000 Euro.

Plus Dental bleibt bei Geschäftskonzept

Es sieht aber nicht danach aus, dass Straumann die Geschäftstätigkeit von Dr. Smile und Plus Dental umkrempeln wird. Dr. Smile hält mit Straumann als Mehrheitseigentümer an der digitalen Patientenbetreuung fest. Auch bei Plus Dental wird sich hier nichts ändern, schreibt Co-Chefin Eva-Maria Meijnen auf Anfrage von Handelsblatt Inside: „Unser Fokus ist und bleibt, Patientinnen eine qualitativ hochwertige Versorgung unter enger ärztlicher Betreuung zu bieten.“ Neben Meijnen wird Plus Dental von Lukas Brosseder und Peter Baumgart geleitet. Das Managementteam wird in dieser Form im Unternehmen bleiben, gibt Meijnen an.

Straumann setzt beim Aligner-Geschäft erst seit Kurzem auf das Angebot für Konsumenten, also die digitale Patientenbetreuung durch Unternehmen wie Dr. Smile und Plusdental. Zuvor agierte es im Geschäftsfeld mit Ärzten: Im Jahr 2017 kaufte Straumann die US-Firma Clear Correct, die transparente Zahnschienen herstellt. Clear Correct beliefert auch heute noch deutsche Kieferorthopäden mit transparenten Zahnschienen und überlässt die Betreuung der Patienten den Ärzten.

Mit den drei Unternehmen Dr. Smile, Plus Dental und Clear Correct wird Straumann in Zukunft also weiterhin sowohl Patienten als auch Kieferorthopäden mit Zahnschienen beliefern. „Wir investieren beträchtliche Ressourcen, um den Bekanntheitsgrad unserer Lösungen sowohl bei Patientinnen und Patienten als auch bei Ärztinnen und Ärzten zu erhöhen“, schreibt das Unternehmen. Ziel sei es, den eigenen Zahnschienen-Marktanteil – von derzeit weniger als fünf Prozent – Jahr für Jahr zu erhöhen.

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