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24.04.2023

06:16

Expertenkonsens

Urologen fordern „Ruck“ für Digitalisierung

Von: Lukas Hoffmann

In seltener Klarheit fordern führende deutsche Urologen, dass die Digitalisierung vorangetrieben werden muss.

Digitale Gesundheitsanwendungen, aber auch die elektronische Patientenakte oder das elektronische Rezept könnten den Fachärztemangel auffangen. dpa

Deutsche Urologen fordern mehr Digitalisierung in Deutschland

Digitale Gesundheitsanwendungen, aber auch die elektronische Patientenakte oder das elektronische Rezept könnten den Fachärztemangel auffangen.

Köln Wenn sich Facharztverbände zur Digitalisierung äußern, ist oft eine „Ja, aber-Satzkonstruktion“ zu hören. Grundsätzlich sei die Videosprechstunde ein interessantes Angebot für Patienten, sagte Michael Ruh, stellvertretender Bundesvorsitzender der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung, im vergangenen Jahr der Wochenzeitung „Die Zeit”. „Aber die Präsenzsitzung ist in der Psychotherapie der Goldstandard.“ Ja, digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) könnten „eine niedrigschwellige Therapieoption sein“, erklärte Ulf Müller-Ladner, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), bei der Vorstellung eines DGIM-Arbeitspapiers im Dezember. Aber sie müssten ihren Nutzen nach hohen wissenschaftlichen Standards erst noch beweisen.

In seltener Klarheit fordern nun fünf Urologen und eine Urologin in einem wissenschaftlichen Aufsatz einen „Ruck“ in Richtung Digitalisierung. Das Papier liegt Handelsblatt Inside vor und wird in Kürze in der Fachzeitschrift „Aktuelle Urologie” des Thieme Verlags veröffentlicht.

Die Autoren sind Johannes Huber, Chefarzt der Urologie am Universitätsklinikum Marburg, Hendrik Borgmann, Klinikdirektor Urologie am Universitätsklinikum Brandenburg an der Havel, Kurt Miller, Direktor der urologischen Klinik an der Charité, Axel Merseburger, Direktor der urologischen Klinik am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Susanne Krege, Direktorin der Klinik für Urologie an den Evangelischen Kliniken Essen-Mitte und Christian Gratzke Ärztlicher Direktor der urologischen Klinik am Universitätsklinikum Freiburg.

„Dem prognostizierten Arztbedarf von 395.000 Stellen werden im Jahre 2030 lediglich 229.000 beschäftigte Ärzte gegenüberstehen“, heißt es in dem Artikel. Um diese Herausforderung zu meistern, müssten die Arbeitsabläufe in der medizinischen Versorgung effizienter gestaltet werden, digitale Anwendungen könnten dabei helfen. „Durch eine zeitnahe Umsetzung der bereits bekannten und der in Entwicklung befindlichen Tools könnte die Patientenversorgung auch trotz der geschilderten Herausforderungen gesichert werden“, zeigen sich die Autoren und die Autorin optimistisch.

Die sechs Unterzeichner sind Meinungsbildner in der Gesellschaft für Urologie, die die Interessen von rund 6500 in Deutschland tätigen Urologen vertritt. Johannes Huber, der den Beitrag federführend betreut, begründet den Vorstoß mit der Onlineaffinität von Patienten mit urologischen Erkrankungen. „Patienten mit Prostatakarzinom sind durchschnittlich 66 Jahre alt“, sagt er. „80 Prozent dieser Patienten haben Erfahrungen mit digitalen Medien.“

Von der digitalen Gesundheitsanwendung über die Videosprechstunde, das elektronische Rezept, die elektronische Patientenakte (ePA) bis hin zu Telegesundheitsplattformen diskutieren die Autoren verschiedene Anwendungen. Der Tenor: Sie sind unbedingt hilfreich, um den Ärztemangel abzufedern.

Appell an die Kollegen: Unterstützt die DiGA-Entwicklung!

So heißt es beispielsweise zur DiGA „Kranus Edera“, die Ärzte zur Behandlung der erektilen Dysfunktion (ED) verordnen können: „Neben der Effektivität dieser Anwendung ist von Vorteil, dass die klinische Überwachung durch die DiGA engmaschig außerhalb der normalen Sprechstundenintervalle erfolgt und somit eine Entlastung des Behandlers gewährleistet ist.“ Urologinnen und Urologen sollten sich mit diesem Versorgungsansatz auseinandersetzen und die Entwicklung weiterer DiGA unterstützen.

Den größten Effekt erwartet Huber von der Einführung der elektronischen Patientenakte. „Wenn die ePA eingeführt ist und funktioniert, wird sie unsere Arbeit deutlich verändern“, sagt er. Trotz dieser positiven Grundhaltung gegenüber einer digitalisierten Gesundheitsversorgung werden DiGA in wichtigen urologischen Leitlinien wie der zum Prostatakarzinom nicht thematisiert. Die Besprechung in einer Leitlinie ist wichtig, weil sie den Goldstandard für eine Therapie festlegt, an dem sich Ärzte orientieren. In anderen Leitlinien, wie etwa der zur Behandlung von Depressionen, werden DiGA zumindest erwähnt.

„Die DiGA ist noch sehr jung, deshalb gibt es noch keine dezidierte Handreichung“, sagt Huber. 2024 werde eine überarbeitete Version der Leitlinie zum Prostatakarzinom erscheinen. „Ich gehe davon aus, dass die DiGA von Kranus Edera und andere urologische DiGA, wenn es sie dann gibt, darin diskutiert werden“, sagt er.

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