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02.06.2022

07:43

Interview

Noventi Chef Hermann Sommer: „In Digitalisierung investieren wir viel Geld“

Von: Lukas Hoffmann

Der Vorstandsvorsitzende bei dem Apotheken-IT-Anbieter Noventi spricht im Interview mit Handelsblatt Inside über die Gewinnsteigerungen im Jahr 2021. Um im Wettbewerb gegen Versandapotheken zu bestehen, investiert er massiv in das Online-Geschäft.

Der Noventi-Chef Unternehmen

Hermann Sommer

Der Noventi-Chef

Köln Der Apotheken-IT-Dienstleister Noventi konnte seinen Gewinn im vergangenen Jahr steigern. Der Umsatz wuchs von 203 auf 235 Millionen Euro, wie das Unternehmen Handelsblatt Inside exklusiv mitteilte. Das bereinigte Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) stieg noch stärker an, von 19,4 Millionen Euro (2020) auf 35 Millionen Euro. Laut Noventi sind dies die höchsten Umsätze, die jemals in der 122-jährigen Firmengeschichte erwirtschaftet wurden.

Noventi mit Sitz in München verkauft Apotheken und anderen Leistungserbringen, IT-Software. Gleichzeitig bietet das Unternehmen Finanzdienstleistungen an. Wenn in einer Apotheke ein Rezept eingelöst wird, wartet der Apotheker mehrere Wochen bis die Krankenkasse bezahlt und muss in Vorleistung gehen. Noventi zahlt den Betrag sofort gegen geringe Abschläge aus. Das nennt sich Factoring.

Jede zweite Apotheke würde die Factoring-Dienste nutzen, gibt Noventi-Chef Hermann Sommer gegenüber Handelsblatt Inside an: „Mit der Bereitstellung von Geldmitteln haben wir im vergangenen Jahr den höchsten Gewinn erzielt“, sagt er. „In der Pandemie haben wir unsere Kunden bei der Abrechnung von Sondermaßnahmen, wie der Ausgabe von Masken oder der Vergütung von Impfungen, unterstützt.“

Amazon oder Doc Morris sind Konkurrenz

Die Herausforderung: Das Umsatzplus von Noventi beruhen auf dem Papierrezept und der Kooperation mit Vor-Ort-Apotheken. Alleiniger Gesellschafter von Noventi ist der FSA, eine Apothekenabrechnungsgemeinschaft, mit mehreren tausend Apothekern als Mitglieder.

Anders als Online-Versandhändler wie Amazon oder Doc-Morris müssen Vor-Ort-Apotheker ihre analogen Prozesse digitalisieren.

Sommer findet, Noventi hätte sich auf den Online-Handel vorbereitet: „Unser Ziel ist es, die Apotheke so zu stärken, dass Kunden den gleichen Dienst bekommen wie bei Versandhändlern. Zusätzlich erhalten sie vom Apotheker aber noch eine Beratung.“ Bereits im vergangenen Jahr hätte Noventi zweistellig in die Digitalisierung investiert. „Wir werden in diesem Jahr erneut einen hohen, zweistelligen Millionenbetrag in die Digitalisierung investieren“, sagt Sommer. Im Jahr 2023 soll das Investment in Digitalisierung dann geringer ausfallen.

Eine Strategie von Noventi gegen die Tech-Übermacht aus den Vereinigten Staaten: Zusammen mit Marktteilnehmern digitale Produkte zu entwickeln, wie etwa die Plattform Gesund.de. Dabei handelt es sich um eine Plattform, die Bürger als App nutzen können, um bei Apotheken Medikamente zu bestellen oder einen Arzt zu finden. Gestartet hat Noventi die Plattform zusammen mit dem Pharmagroßhändler Phoenix.

Allerdings sind Apotheker skeptisch. Beim Launch der Plattform im Juni 2021 wurde gegenüber Handelsblatt Inside das Ziel genannt, bis Jahresende 10.000 Apotheken an die Plattform anzuschließen. Es konnten bis Mai aber nur rund 7000 Apotheken gewonnen werden. „In der Pandemie haben Apotheker gut verdient, da mussten sie nichts an ihrer Geschäftstätigkeit ändern“, sagt Sommer. „Wenn das elektronische Rezept, wie ursprünglich geplant, am 1. Januar gekommen wäre, wären Apotheker nicht so zurückhaltend.“

„Apotheker werden im September E-Rezept-fähig sein“

Die Gesellschafter der Gematik haben am Montag beschlossen, dass Apotheker ab dem 1. September 2022 in ganz Deutschland E-Rezepte annehmen können müssen. Sommer, der mit Noventi ein Apothekenverwaltungssystem (AVS) anbietet und etwa ein Drittel des Marktes versorgt, ist sich sicher, dass sie zu diesem Zeitpunkt technisch in der Lage sein werden. „Die Systeme sind scharf gestellt. Die Apotheken werden im September E-Rezept-fähig sein“, sagt er. Auch die AVS von Marktteilnehmern, wie Phoenix oder der Compugroup, seien dann so weit.

In diesem Jahr rechnet Sommer mit einer Umsatzsteigerung von rund zehn Prozent im Vergleich zum Jahr 2021. Auf ein ebenfalls steigendes Ebitda will er sich wegen der hohen Investments in die Digitalisierung aber nicht festlegen: „Wenn wir den Ebitda so halten wie in diesem Jahr oder leicht nach oben korrigieren, dann sind wir sehr zufrieden. Dann haben wir deutlich mehr erwirtschaftet als im vergangenen Jahr.“

Man wolle bei Noventi nicht so agieren, wie der Filmrollen-Hersteller Kodak, der mit der Digitalfotografie abgehängt wurde. „In Digitalisierung investieren wir gerade sehr viel Geld“, sagt Sommer.

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