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15.01.2021

16:37

Max Tischler

Ein Arzt als digitalaffiner Innovationstreiber

Junge Ärzte können als Vermittler von Digitalkompetenz eine zentrale Rolle spielen, sagt Max Tischler. Er ist wohl das beste Beispiel dafür.

Christian Lietzmann

Max Tischler

Dortmund Geht nicht gibbet nich. Wenn sich der gebürtige Dortmunder Max Tischler etwas in den Kopf setzt, bleibt er hartnäckig. Schon als Schüler war dem Sohn einer Gynäkologin und eines Hausarztes klar, dass auch er Arzt werden möchte.

Als der Notendurchschnitt in der 9. Klasse von zwei auf drei rutscht, verzichtet Tischler auf Freizeitspaß und paukt seinen Notendurchschnitt wieder nach oben. Vier Jahre später klappte es mit einem überdurchschnittlich guten Abitur (1,8) und dem Medizinstudienplatz in Gießen.

Ähnlich akribisch wie damals den guten Notenspiegel verfolgt der heute 32-Jährige ein anderes Ziel: die Digitalisierung in der Medizin voranzutreiben. Ein Schlüsselerlebnis hatte er als Medizinstudent während eines Ausbildungsabschnitts in der Schweiz im Jahr 2013.

In einem kleinen Krankenhaus im Bezirk Laufen konnte er sich mit einer Chipkarte in jeden Computer im Krankenhaus ein- und ausloggen und immer das gleiche Dokument bearbeiten. Tischler begriff, wie viel Zeit man als Arzt mit geschickt eingesetzter Digitaltechnik sparen kann und erinnert sich noch heute an diesen Satz aus der Schweiz: „Hier wird jede Dankespostkarte an den Chefarzt digitalisiert, und er erhält sie per Mail“.

Derzeit arbeitet er als Assistenzarzt für Dermatologie in einer Dortmunder Hautarztpraxis. Am 4. Januar, nach dem Silvesterwochenende, ist hier Hochbetrieb, trotz Lockdown. Ärzte und medizinische Fachangestellte eilen von Zimmer zu Zimmer, das schmale Treppenhaus hinauf- und hinunter.

Die Praxisräume sind auf zwei Stockwerken untergebracht. „Als ich um Viertel vor sieben aufgeschlossen habe, standen die Patienten schon im Treppenhaus“, sagt Tischler.

Fortbilder und Produkttester

In freien Stunden engagiert er sich in verschiedenen Ärztevertretungen. Er ist Vorsitzender der jungen Dermatologen (juDerm), stellvertretender Vorsitzender im Arbeitskreis junge Ärztinnen und Ärzte in der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Er vertritt die junge Ärzteschaft im Hartmannbund und im Deutschen Fachärzteverband und ist Sprecher beim Bündnis Junge Ärzte (BJÄ).

Zusammen mit dem Hartmannbund und dem Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung hat er im vergangenen Jahr Online-Fortbildungen zum Thema Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGa) durchgeführt. Das Interesse der Kollegen war riesig. An drei Terminen hätten circa 600 Ärztinnen und Ärzte teilgenommen. Weitere Fortbildungen sind geplant.

Für Anne Geier, Geschäftsführerin vom Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung, ist die Zusammenarbeit ein Glücksfall, allerdings setzt sie nicht nur auf junge, digitalaffine Ärzte bei der Vermittlung von Digitalkompetenz: „Wir erleben immer mehr, dass Ärzte ganz unabhängig vom Alter den Mehrwert digitaler Lösungen für sich und ihre Patienten erkennen.“

Man sei auf der Suche nach weiteren Fortbildungskooperationen mit Fachgesellschaften, Kammern und Verbänden.

Tischler ist nicht nur Fortbilder, sondern auch Produkttester. Im vergangenen Jahr hat er ein iPhone-kompatibles Auflichtmikroskop bewertet. „Total praktisch und flexibel, du klippst es an dein Handy, machst ein Bild und ziehst es wieder ab.“ Mit dem Dermatoskop können Hautveränderungen dokumentiert und als Foto abgespeichert werden.

Nicht allen Kollegen gefällt sein Engagement. Bei Twitter liest er ab und zu bissige Kommentare. „Ich glaube, es ist oft das fehlende Wissen“, sagt Tischler, „dass ich von einer App oder neuen Technologien wenig Ahnung habe, kann ich meinen Patienten nicht sagen, da sage ich lieber: Das ist Quatsch.“

Er benötigt Geduld, um sich mit seinen jungen Verbänden bei den etablierten Playern Gehör zu verschaffen. Mit Thomas Kriedel, Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dortiger Ansprechpartner für Digitalthemen, hat er sich noch nicht getroffen, obwohl Kriedel auch in Dortmund wohnt. „Ich habe schon öfter überlegt, ob ich einfach mal einen Brief einwerfe, mich vorstelle und zum Austausch anrege.“

Der Brief würde nicht unbeantwortet bleiben. „Wir begrüßen es sehr, dass sich junge Ärztinnen und Ärzte für die Digitalisierung starkmachen“, sagt Thomas Kriedel. Für ein Treffen und den gemeinsamen Austausch sei er offen.

Mit einem anderen wichtigen Partner, dem Health Innovation Hub (HIH) des Bundesgesundheitsministeriums, arbeitet Tischler inzwischen zusammen, aber „das hat auch eineinhalb Jahre gedauert.“ In einigen Tagen stünde auch endlich ein Termin mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) an. Tischler hat einige Ideen, wie man das DiGa-Verzeichnis aus Ärztesicht attraktiver machen kann.

Mit einem anderen wichtigen Mann in der Verbandspolitik hat er schon viele Gespräche geführt: Klaus Reinhard, Präsident der Bundesärztekammer und Vorsitzender des Hartmannbundes. Reinhard gefiel zum Beispiel die Idee der DiGa-Fortbildungsreihe. Damit war der Hartmannbund, einer der wichtigsten Interessenverbände der Ärzte mit 70.000 Mitgliedern, mit im Boot und die Reichweite der Einladungsmail gesichert.

In ein paar Monaten beendet Tischler seine Facharztweiterbildung. Dann hat er nach sechs Jahren Studium und sechs Jahren Weiterbildung in Deutschland, Italien und der Schweiz sein Ziel erreicht und ist ausgebildeter Hautarzt.

Ob er in der Praxis bleibt oder in die Klinik geht, weiß er noch nicht. Auf jeden Fall will er im Hauptberuf weiterhin als Hautarzt in Dortmund arbeiten. Und er wird sich weiterhin mit digitalen Lösungen beschäftigen. Geht nicht gibbet nich.

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