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18.12.2022

10:35

Praxisverwaltungssystem

Praxisärzte bevorzugen kleine IT-Anbieter

Von: Lukas Hoffmann

Während die Marktführer CompuGroup Medical und medatixx Praxiskunden verlieren, gewinnen kleine Firmen neue Nutzer hinzu.

Mit dem Praxisverwaltungssystem organisiert ein niedergelassener Arzt seine Patientenbehandlung. IMAGO / Shotshop

Arztpraxis

Mit dem Praxisverwaltungssystem organisiert ein niedergelassener Arzt seine Patientenbehandlung.

Köln Wenn ein Arzt oder Psychotherapeut in seiner Praxis neue Software installieren möchte, hat er die freie Auswahl. Über 100 verschiedene sogenannte Praxisverwaltungssysteme (PVS) werden angeboten. Das PVS ist für den Praxisalltag elementar, denn es unterstützt die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten bei der Organisation und Dokumentation ihrer Aufgaben.

Während vor allem kleinere IT-Firmen mit einigen Dutzend Angestellten in den letzten Jahren Kunden hinzugewonnen haben, verlieren die beiden Marktführer CompuGroup Medical und medatixx an Boden. Vorteilhaft für die kleinen Firmen ist ihre Fokussierung auf bestimmte Kundengruppen.

In der Statistik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sind alle PVS angegeben, über die Praxisinhaber Abrechnungen erstellen. Wenn ein Arzt lediglich mit privaten Kassen abrechnet oder als angestellter Arzt die Lizenz eines PVS ohne Abrechnungsmodul nutzt, taucht er nicht in der KBV-Statistik auf. Sie stellt aber einen Trend dar, der von den Herstellern bestätigt wird

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So zeigen die Installationsstatistiken der KBV etwa, dass die Firma New Media Company im vergangenen Jahr zwischen dem zweiten und vierten Quartal mehr als drei Prozent zusätzliche Kunden gewinnen konnte. Vor allem niedergelassene Psychotherapeuten nutzen das PVS „Smarty“ des Oldenburger Unternehmens. Damit zielt die Firma auf eine wachsende Kundschaft ab. Hausärzte werden weniger, die Zahl der Psychotherapeuten steigt seit Jahren an.

Mathias Meyer-Peteaux, Geschäftsführer bei New Media Company, erklärt die zunehmende Beliebtheit seines „Smarty“-PVS aber nicht mit der ansteigenden Anzahl von Psychotherapeuten. „Die Kunden kommen vor allem über Mund-zu-Mund-Marketing zu uns“, sagt er. Er verweist auf eine Onlineumfrage des Deutschen Psychotherapeuten-Netzwerks (DPNW) unter 725 Psychotherapeuten, die im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde.

Bei verschiedenen Fragen, wie etwa der Zufriedenheit mit der Wartezeit bei Support-Anfragen, erreicht „Smarty“ Platz 1. Stand Dezember 2022 würden rund 4.700 Kunden das PVS der Firma nutzen. Die Anzahl der Kunden ist seit dem vierten Quartal des letzten Jahres offenbar weiter gestiegen.

INDAMED adressiert auch Großkunden

Das Schweriner Unternehmen INDAMED bedient mit seiner Software „Medical Office“ eine andere wachsende Kundengruppe: Praxisketten oder Medizinische Versorgungszentren (MVZ). Der Trend bei den Ärzten geht dahin, dass sie in einem MVZ oder in einer Praxis angestellt sind. Auch dies zeigen Auswertungen der KBV aus den vergangenen Jahren.

Seit zehn Jahren würde INDAMED kontinuierlich wachsen, teilt Geschäftsführer Uwe Streit Handelsblatt Inside mit. „In diesem Jahr sind 200 neue Kunden hinzugekommen.“ Der Preis der PVS liege im Durchschnitt, er sei nicht ausschlaggebend für das Wachstum. Viel eher seien die Kunden mit dem Produkt zufrieden. „Neue Ärzte kommen oft auf Empfehlung“, sagt Streit.

Ein Plus für „Medical Office“ sei, dass die Anwendung von mehr als 100 Ärzten genutzt werden kann. So sei zum Beispiel die Kassenärztliche Vereinigung Hessen mit ihren rund 70 Notarztpraxen Kunde von INDAMED. „Aber auch Einzelpraxen kommen neu zu uns“, sagt Streit. Der Anteil von Großpraxen oder MVZ liege bei zehn bis 20 Prozent. Den Umsatz der Firma beziffert Streit auf rund zehn Millionen Euro im Jahr 2021.

CompuGroup ist Marktführer

Deutlich mehr, nämlich 476 Millionen Euro, verdiente die börsennotierte CompuGroup Medical (CGM) im vergangenen Jahr mit PVS. Aber: Die Anzahl der Kundenpraxen wird geringer. Während im zweiten Quartal 2021 noch 32.544 Arztpraxen mit CGM-Software Kassenpatienten abgerechnet haben, waren es im vierten Quartal 2021 nur noch 31.825 Praxen. Der negative Trend hat sich auch in diesem Jahr fortgesetzt. Die Zahl der Arztpraxen, die mit CGM-Software ausgestattet sind, liege bei etwa 30.000, meldet das Koblenzer Unternehmen.

Den Kundenschwund erklärt Eckart Pech, Leiter der Sparte Consumer and Health Management Information Systems bei der CGM, mit einer abnehmenden Anzahl von Praxisinhabern. Ärzte im Rentenalter würden ihre Praxis aufgeben, die Anzahl von MVZ steige. „Für uns ändern sich die Ansprechpartner. Medizinische Versorgungszentren sind eine neue Zielgruppe für uns.“

Auch medatixx, der zweitgrößte Anbieter von PVS, verliert Praxiskunden. Das hessische Unternehmen mit Sitz in Eltville/Rhein erklärt dies ebenfalls mit der insgesamt sinkenden Anzahl an Praxen. „Da sich immer mehr Ärztinnen und Ärzte für eine gemeinsame Berufsausübung mit einem weiteren oder mehreren Kolleginnen oder Kollegen entschließen, nutzen sie schlussendlich eine gemeinsame Praxissoftwarelösung“, schreibt das Unternehmen. Die Anzahl der Praxiskunden sinke zwar, aber die Anzahl der vergebenen Zugriffslizenzen steige.

Während die CGM die Großkunden als neue Zielgruppe ausmacht, hat medatixx die niedergelassenen Psychotherapeuten im Blick. Im Januar soll eine neue Software für Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendpsychotherapeuten auf den Markt kommen, teilt das Unternehmen Handelsblatt Inside mit.

Mitarbeit: Britta Rybicki

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