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14.05.2023

18:09

Smart4Diagnostics

Start-up entwickelt Tracking-Software für Blutproben

Von: Lukas Hoffmann

Das Münchener Start-up Smart4Diagnostics entwickelt ein Softwareprogramm, mit dem Blutproben von der Entnahme beim Arzt bis zur Anlieferung im Labor überwacht werden.

Die Gründer von Smart4Diagnostics (von links): Hans Maria Heyn, Julia Flötotto, Yannick Timo Böge.

Smart4Diagnostics

Die Gründer von Smart4Diagnostics (von links): Hans Maria Heyn, Julia Flötotto, Yannick Timo Böge.

Köln Hans Maria Heyn und Yannick Timo Böge haben sich bei der Arbeit kennen gelernt. Beide arbeiteten bei TRIGA-S, einem Münchener Unternehmen, das auf die Auswertung klinischer Studien spezialisiert ist. Der promovierte Biologe Böge war als Laborleiter angestellt, der promovierte Politologe Heyn kümmerte sich um regulatorische Fragen rund um klinische Studien. „Jeden Tag habe ich Timo gefragt: Wie viele Proben hast du heute wieder, die du nicht mehr verwenden kannst“, berichtet Heyn. Eingehende Laborproben werden zum Beispiel unbrauchbar, weil sie beim Transport zu sehr erhitzen oder der Patientenname vertauscht wird.

Um dieses Problem zu lösen, gründeten Heyn und Böge im Jahr 2018 mit der ebenfalls promovierten Softwareentwicklerin Julia Flötotto ihr Start-up Smart4Diagnostics. Jetzt haben die drei Gründer 3,6 Millionen Euro Risikokapital eingesammelt.

Entnahmeröhrchen mit Barcode

Smart4Diagnostics entwickelt ein Softwareprogramm, das den Weg einer Blutprobe von der Entnahme bis ins Labor überwacht. Ein Arzt oder eine Pflegekraft scannt bei der Blutentnahme mit dem Handy einen Barcode auf dem Blutentnahmeröhrchen und ordnet die Patienteninformationen zu. Erschütterungen, Temperaturunterschiede und andere Werte beim Transport werden von einem Sensor im Röhrchen erfasst.

Im Labor sieht der Labortechniker dann am Computer, ob die Probe beschädigt ist. Smart4Diagnostics arbeitet unter anderem mit Roche zusammen. Das Schweizer Pharmaunternehmen hat die Softwareplattform navify zur Überwachung von Laborproben entwickelt. In diese Software kann das Smart4Diagnostics-Tracking über eine Schnittstelle eingebunden werden.

Neben Smart4Diagnostics bieten das ebenfalls in München ansässige Unternehmen Tracie oder die Schweizer Firma Inpeco Anwendungen für die digitale Überwachung von Laborproben an. Die Programme dieser beiden Unternehmen sind ebenfalls über Schnittstellen mit der Roche-Plattform verbunden.

„Nach der Gründung im Jahr 2018 haben wir uns bei einem Mannheimer Start-up-Pitch beworben und sind in der ersten Runde rausgeflogen“, erinnert sich Heyn an seine Anfänge als Entrepreneur. Nach diesem Misserfolg suchten die Gründer nach spezialisierten Förderprogrammen und wurden auf die Gesundheitsförderung des European Institute of Innovation and Technology (EIT) aufmerksam.

„Wir haben uns beim EIT Health Wild Card Wettbewerb beworben und sind Runde für Runde weitergekommen“, erzählt der 41-Jährige. Am Ende gewannen die drei Gründer den EIT-Wettbewerb und erhielten noch im Gründungsjahr ihre erste Förderung: zwei Millionen Euro.

In den Folgejahren konnte das Start-up weiteres Geld einsammeln. Den Betrag der aktuellen Runde eingerechnet, hat Smart4Diagnostics nun 11,6 Millionen Euro erhalten. Der Lead Investor der jetzigen Finanzierungsrunde ist der Schweizer Risikokapitalgeber VP Venture Partners. Außerdem investierte die Medizintechnikfirma Sarstedt, die unter anderem Blutentnahmeröhrchen herstellt und mit Smart4Diagnostics zusammenarbeitet.

Berufsverband ist skeptisch

Der praktizierende Laborarzt Andreas Bobrowski ist Vorsitzender des Berufsverbands der Laborärzte und hat sich bei Kollegen umgehört: Die Software von Smart4Diagnostics sei nicht verbreitet, sagt er zu Handelsblatt Inside. „In der Klinik ist die digitale Überwachung der Proben sicher hilfreich, weil es hier kurze Wege gibt und dem Patienten bereits ein Barcode zugeordnet ist“, sagt er. In der ambulanten Versorgung sieht er den Einsatz jedoch kritisch.

„Die Margen, die ein Laborarzt pro Laborprobe verlangen kann, sind nicht kostendeckend“, sagt Bobrowski. Es bleibe kein Geld übrig, um eine Nachverfolgungssoftware anzuschaffen. Zudem sei der Aufwand der Dateneingabe für das Praxispersonal zu hoch.

„Deutschland ist ein schwieriger Markt für uns,“, räumt Heyn ein. Nur eine niedrige, zweistellige Zahl der rund 200 akkreditierten medizinischen deutschen Labore würden zu den Kunden des Start-ups zählen. Besser sieht es im europäischen Ausland aus. Das meiste Geld werde in Portugal umgesetzt, an zweiter Stelle liege Großbritannien, sagt Heyn. Die Vereinigten Staaten, Brasilien und die Türkei hat das Unternehmen als Absatzmärkte ebenfalls im Blick. Dennoch gibt Heyn den deutschen Markt nicht auf: „Wir wollen hierzulande wachsen“, sagt er.

Zur internationalen Ausrichtung des Start-ups passt es, dass die 25 Mitarbeiter aus 15 verschiedenen Ländern kommen. Acht Entwickler aus dem außereuropäischen Ausland hätten sie nach München gelockt, berichtet Heyn. Für den Zusammenhalt im Team sei es wichtig, sich regelmäßig zu treffen. „Jeden Dienstag sind wir alle im Büro“, sagt er, „da läuft dann auch schon mal die Kaffeemaschine heiß.“

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