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14.05.2023

18:09

Start-up-Finanzierung

Investoren erwarten Trendwende erst im kommenden Jahr

Von: Nadine Schimroszik, Maike Telgheder

Inflation, Krieg, steigende Zinsen: Investitionen in DiGA-Unternehmen sind in diesem Jahr stark zurückgegangen. 2024 stimmt die Investoren aber wieder optimistisch.

Im Vergleich zum Vorjahr haben Digital-Health-Startups deutlich weniger Deals abgeschlossen. imago images/Addictive Stock

Investments

Im Vergleich zum Vorjahr haben Digital-Health-Startups deutlich weniger Deals abgeschlossen.

Düsseldorf Digital-Health-Unternehmen werden bei der Suche nach frischem Kapital Geduld mitbringen müssen: Namhafte Wagniskapitalgeber und Marktexperten rechnen mit einer Belebung der Finanzierungsaktivitäten erst im kommenden Jahr. „Es ist noch keine Trendwende in Sicht“, sagt Florian Theyermann, Managing Direktor beim Finanzierungsspezialisten FCF Fox Corporate Finance. „Die Lage dürfte mindestens noch bis zum Jahresende schwierig sein.“

Für 2024 könne man hoffen, dass sich die Einstellung der Investoren ändert und die Branche wieder durchstarten kann, so Theyermann. Ähnlich schätzt Boris Bernstein, Partner und Digital Health Experte bei MIG Capital, die Lage ein. Die Hoffnung der Investoren sei, dass es innerhalb von zwölf Monaten besser wird, sagt er. Als Optimist sehe er das ähnlich. „Es gibt Geld, das investiert werden muss, und viele digitale Lösungen schaffen echten Mehrwert“, sagt er.

Digital-Health-Investments hatten – auch angetrieben durch die Erfahrungen in der Coronapandemie – 2021 ein Hochjahr. Der Angriff auf die Ukraine, die wirtschaftliche Eintrübung, Inflation und steigende Zinsen änderten die Lage im vergangenen Jahr.

Während Digital-Health-Startups im ersten Quartal 2022 in Deutschland noch 28 Finanzierungsrunden mit einem Volumen von insgesamt 150 Millionen Euro realisieren konnten, waren es in den ersten drei Monaten dieses Jahres gerade noch sieben Deals mit einem Volumen von sieben Millionen Euro, zeigt eine Auswertung von FCF auf Basis der Daten von Pitchbook.

Wobei der starke Einbruch gegenüber dem Vorjahresquartal auch darauf zurückzuführen ist, dass Anfang 2022 eine mehr als 100 Millionen Euro schwere Runde für Ada Health (Symptomtracker) das Dealvolumen besonders stark nach oben getrieben hat.

Investoren selektieren

Die Auswertungen zu den Investments variieren je nach Definition der Digital-Health-Branche, der Trend geht im Jahresvergleich aber auch in Europa und den USA nach unten, zeigen die Daten von Pitchbook und FCF. Dabei ist das grundsätzliche Interesse der Investoren an Digital-Health-Investments weiter vorhanden. Aber: Sie sind selektiver geworden und stellen klare Anforderungen.

„Uns interessieren ausschließlich Start-ups, bei denen eine Kommerzialisierung des Angebots möglich ist und die einen messbaren Mehrwert für Patienten bieten“, sagt Angelika Vlachov, Partnerin beim Hightech Gründerfonds (HTGF) und verantwortlich für das Thema Digital Health. Portfoliounternehmen des HTGF sind Selfapy (Depressions-App), Kranus Health (Potenz-App) und Aignostics (KI-gestützte Diagnostik-Modelle).

Auf DiGA-Unternehmen blicken verschiedene Investoren mit besonderem Interesse – allerdings reicht die Erstattungsfähigkeit allein nicht aus. „Durch die DiGA erhalten Hersteller mit einem Schlag Zugang zu 74 Millionen Versicherten. Jedoch ist damit im Grunde nur eine Abrechnungsmethode geschaffen, das ist kein Geschäftsmodell“, sagt HTFG-Partnerin Vlachov. Die Herausforderungen lägen darin, Ärztinnen und Ärzte von der Verschreibung von DiGA zu überzeugen, aber auch der Gewährung von Interoperabiliät.

Geschäftsmodell um DiGA erweitern

Peter Koop ist als Senior Vice President bei Bertelsmann Investments für den Wachstumsbereich Digital Health zuständig: „Wir sind große Unterstützer von DiGA und sehen einen großen Nutzen und wachsende Bedeutung“, sagt er. Seiner Ansicht nach muss unterschieden werden zwischen Unternehmen, die primär DiGA entwickeln und Unternehmen, die ihr bisheriges Geschäftsmodell um eine DiGA erweitern wollen. „In diesem Fall muss es immer eine sinnvolle Überlegung sein, ob eine DiGA ins Geschäftsmodell passt und ob der Nutzen die Kosten und den Aufwand überwiegt“, sagt er.

Auch MIG Capital schaut sich laut Partner Boris Bernstein DiGA-Unternehmen an. Seiner Einschätzung nach ist der „path to market“ von vielen noch nicht gelöst. Weitere interessante Themenbereiche für MIG sind derzeit Datenanalyseplattformen, die Umsatz mit Life-Sciences-Unternehmen machen, neue Tools, die via Remote Monitoring und Algorithmen in der Radiologie, Pathologie und Neurologie als Biomarker angewendet werden können, sowie spezialisierte Telehealth-Plattformen etwa in der Kardiologie. MIG Capital ist im Bereich Digital Health in Temedica, Liva Healthcare und Mimi Hearing Technologies investiert.

Laut Peter Koop von Bertelsmann verfolgen viele Investoren aktuell mit großem Interesse die Entwicklungen im Markt für digitale Therapeutika (DTx). Zugleich beobachte man zahlreiche vielversprechende Anbieter von Softwarelösungen und klinischer Entscheidungsunterstützung, die helfen könnten, kritische Engpässe in der klinischen Versorgung zu beseitigen. Bertelsmann Investment ist unter anderem bei Ada Health, Qunomecial, Rock Health und dem Radiologie-AI-Unternehmen Deepc beteiligt.

In den USA ist übrigens im ersten Quartal dieses Jahres immerhin schon mal wieder mehr Geld eingesammelt worden als im Jahresendquartal. Vielleicht ein Hoffnungsschimmer, dass der Aufwärtstrend auch bald in Deutschland ankommt? FCF-Manager Theyermann sieht das pragmatisch: „Für die Digital-Health-Start-ups heißt die Devise: Aushalten mit den Mitteln, die man hat. Und vielleicht noch einmal mit den Bestandsinvestoren sprechen.“

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