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05.11.2022

16:16

Telematikinfrastruktur

Hebamme Claudia Weinhold als Digitalpionierin

Von: Lukas Hoffmann

Bei ihren Hausbesuchen kann die Hebamme Claudia Weinhold jetzt Mails über die Telematikinfrastruktur verschicken.

Die Solinger Hebamme nutzt seit vergangener Woche einen mobilen Zugang zur Telematikinfrastruktur.

Claudia Weinhold

Die Solinger Hebamme nutzt seit vergangener Woche einen mobilen Zugang zur Telematikinfrastruktur.

Köln Es ist der zweite Hausbesuch der Hebamme Claudia Weinhold an diesem Freitag. Sie parkt in der Einfahrt von einem Einfamilienhaus in einem Solinger Stadtteil. Im Haus wird die 33-Jährige schon ungeduldig erwartet. Die kleine Klientin ist kaum älter als eine Woche und weint. Sie hat Bauchschmerzen. Die Eltern sind besorgt. Weinhold massiert das neugeborene Mädchen, gibt Tipps, was zu tun ist. Ihre Untersuchungsergebnisse trägt sie in ein Tablet ein. Sie betreut die Familie schon seit Februar, da war die Mutter erst kurze Zeit schwanger.

Es seien diese intimen Momente, die den Hebammenberuf ausmachen, sagt Weinhold später. Die Bezahlung sei schlecht, aber: „Ich kann mir nichts anderes vorstellen“, versichert sie. Und Hebammen hinken der Digitalisierung genauso hinterher wie andere Heilberufler. Weinhold geht nun als Digital-Pionierin voran. Seit vergangener Woche besitzt sie einen mobilen Zugang zur Telematikinfrastruktur (TI), dem von der Firma Gematik betriebenen Gesundheitsdatennetz.

Bei ihren Besuchen fallen viele Daten an. Claudia Weinhold dokumentiert den Gesundheitszustand des Babys und der Mutter. Bis vor einigen Jahren musste sie alles handschriftlich festhalten, seit 2020 nutzt sie das Onlineprogramm Hebamio zur Dokumentation. Über Hebamio loggt sie sich in die TI ein.

Mobiler Anschluss an die Telematikinfrastruktur

Für den Login benötigt sie ihren elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) und ihren Praxisausweis (SMC-B). Den Zugang zur TI stellt das hessische Unternehmen slis her. Er habe mit verschiedenen Anbietern am Markt seit Anfang des vergangenen Jahres Gespräche geführt, sagt Gerhard Söllradl, Geschäftsführer des IT-Unternehmens Somedio, das die Software Hebamio entwickelt hat. Das Angebot von slis habe letztlich überzeugt. „Frau Weinhold ist die erste Hebamme, die über Hebamio einen mobilen TI-Zugang erhalten hat“, sagt er. „Wir schließen jeden Werktag weitere Hebammen an.“

Weinhold kann über das TI-Programm „Kommunikation im Medizinwesen“ (KIM) gesicherte Mails an Arztpraxen senden und empfangen. Als Hebamme ist sie nicht nur mit dem Krankenhaus und niedergelassenen Ärzten in Kontakt, sondern auch mit Laboren und anderen Einrichtungen. Sie führt das Versenden eines Arztbriefes vor. Den Kinderarzt der Familie hat sie schon im System hinterlegt – den Brief schreibt sie im Hebamio-Programm. Abschicken, fertig.

„Wenn die Kliniken wissen, dass ich KIM-Nachrichten empfangen kann, schicken sie mir zukünftig vielleicht den Geburtsbericht“, hofft Weinhold. Sie behandelt Mutter und Kind nach dem Krankenhausaufenthalt. Daher ist es für sie wichtig, zu wissen, wie er verlief. Die Entlassungsunterlagen bekommt aber oft nur der Arzt - per Fax. Weinhold muss sie sich besorgen, einscannen und bei Hebamio digital hinterlegen.

Gerhard Söllradl ist mit der Bereitstellung des mobilen TI-Zugangs für Hebammen früh dran. Erst im Jahr 2026 ist diese Berufsgruppe gesetzlich verpflichtet, Dokumente über die TI zu verschicken. Bis dahin ist der Anschluss freiwillig. Die Gematik bestätigt, dass das von slis und Hebamio entwickelte technische Szenario für den mobilen TI-Anschluss grundsätzlich möglich ist. Wie viele Hebammen an die TI angeschlossen sind, kann die Gematik nicht sagen, weil sie für diese Berufsgruppe keine Zahlen erhebt.

„Eine digitale Abrechnung mit der Kasse wäre gut”

Eigentlich sollte Claudia Weinhold seit Anfang des Jahres auf weitere digitale Anwendungen zugreifen können. Gesetzlich vorgeschrieben ist, dass ab 2022 der Mutterpass und das Kinderuntersuchungsheft digital in der elektronischen Patientenakte (ePA) abgespeichert werden. Aber kaum jemand nutzt die ePA in Deutschland. Auch die Hebamme hat mir ihr keine Berührungspunkte.

Als sie gefragt wird, wo es in ihrem Arbeitsablauf ein Digitalisierungspotenzial gibt, öffnet sie eine Dokumentenmappe und zeigt auf einen Stapel Papier. „Eine digitale Abrechnung mit der Kasse wäre gut“, sagt sie. Die Abrechnungsbögen müsse sie mangels digitaler Alternativen noch zum Briefkasten tragen.

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