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24.08.2022

20:42

Umfrage

Start-up-Verband hat optimistische Finanzaussichten

Von: Britta Rybicki

Die Teilnehmer der Umfrage schätzen die Investitionsbereitschaft im digitalen Gesundheitsmarkt eher positiv ein. Experten sind hingegen skeptisch.

Übernahmen sollen im Digital-Health-Markt wieder zunehmen. IMAGO / Shotshop

Digital Health Start-ups

Übernahmen sollen im Digital-Health-Markt wieder zunehmen.

Düsseldorf 900 Millionen Euro wurden im vergangenen Jahr in Digital-Health-Start-ups investiert. Das ist so viel wie in zehn Jahren zuvor zusammen. Doch ist die Zeit des einfachen Geldes vorbei? Diese Frage hat der Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung (SVDGV) seine Mitglieder per E-Mail gefragt. 50 der insgesamt 171 Mitgliedsunternehmen und 16 Investoren aus der DACH-Region haben teilgenommen. Die Auswertung liegt Handelsblatt Inside vor, das Stimmungsbild fällt optimistisch aus. Experten blicken jedoch pessimistischer auf die Investitionsbereitschaft im Digital-Health-Markt.

Trotz der schwierigen gesamtwirtschaftlichen Lage und dem allgemeinen Rückgang von Investitionen in Technologien beurteilen 89,8 Prozent der befragten SVDGV-Mitglieder die Investitionsbereitschaft am digitalen Gesundheitsmarkt eher optimistisch. 12,5 Prozent sind pessimistisch. 68,8 Prozent der vom SVDGV befragten Investoren glauben, dass sich der Trend aus dem vergangenen Jahr fortsetzen wird. Die Unternehmer sind hier positiver: 77,6 Prozent stimmen zu.

Dominik Böhler ist Gesundheitsökonom am Deggendorf Institute of Technology und teilt die Einschätzung der Befragten: „Für viele Fonds wurde in den vergangenen Jahren viel Geld eingesammelt, deswegen bleibt die Investitionsbereitschaft hoch.“ Laut einer Recherche von Handelsblatt Inside planen die Wagniskapitalgeber Wellington, Heal Capital und Earlybird Venture Capital im Jahr 2022 genauso viel Geld in Digital-Health-Start-ups zu investieren wie im vergangenen Jahr.

Digitale Gesundheitsunternehmen brauchen viel Kapital

Gesundheitsökonom Böhler ergänzte, dass Kapitalgeber künftig genauer prüfen würden, wofür sie ihr Geld einsetzen. Hintergründe seien steigende IT-Sicherheitsanforderungen an digitale Gesundheitsprodukte. „Investoren werden hier in Zukunft mehr Sicherheit fordern und darauf achten, dass es ein professionelles Entwicklerteam gibt“, sagte er. In Deutschland fehle zudem noch die Akzeptanz der Ärzte und Patienten, weshalb digitale Lösungen nur langsam skalieren könnten. „Es gibt zu wenig digitale Infrastrukturen im Gesundheitswesen, was die Branche ausbremst“, ergänzte er.

Aufwendige Zulassungsprozesse und die fehlende Logistik seien große Hürden für Wagniskapitalgeber, sagte auch Rainer Strohmenger von Wellington Partners. Der Investment-Manager ist skeptisch: „Der Hype hat sich merklich abgekühlt – das kann man an den Kursen von Firmen sehen.“ Als Beispiel nennt er Teladoc: Das Telemedizin-Unternehmen habe heute einen einstelligen Milliardenwert, Livongo hätte das Telemedizinunternehmen zuvor für 18,5 Milliarden US-Dollar übernommen. „Die Firma macht weiterhin ein substanzielles Geschäft, aber die Erwartungen sind stark gesunken“, sagte er.

Mey Cezairli ist Investment-Managerin bei Project A und berichtete von einer weiteren Hürde für Start-ups. Heute würden Kapitalgeber fordern, dass Unternehmen 18 Monate mit dem eingesammelten Kapital überleben, bevor sie eine neue Finanzierungsrunde abschließen. Im vergangenen Jahr hätten sie hingegen gewusst, dass die nächste Finanzierungsrunde aufgrund des Lockdowns und der hohen Naschfrage an digitalen Alternativen nach sechs Monaten folgen kann. Am kapitalintensiven Gesundheitsmarkt sei das aus Cezailis Sicht eine Herausforderung.

Marktgröße entscheidend für Investitionen

44 der 50 Unternehmen gaben in der SVDGV-Umfrage an, in welcher Finanzierungsphase sie sich befinden. Der Großteil dieser Start-ups ist noch jung: 43,1 Prozent haben die Seed-Finanzierungsrunde abgeschlossen, 27,3 Prozent liegen hinter der Serie-A-Runde. Woher das Kapital kommt, beantworten 48 Unternehmen: Die Mehrheit wird von Business Angels (54,2 Prozent) und Wagniskapitalgebern (43,8 Prozent) finanziert.

Befragte Kapitalgeber haben im Schnitt in 3,9 Digital Health-Unternehmen investiert und planen in den kommenden zwei Jahren etwa 4,1 weitere Finanzierungen. Kontakte zwischen den Unternehmern und Kapitalgebern kommen laut der Umfrage am häufigsten durch Empfehlungen (84,4 Prozent) zustande.

Bei den Investitions-Gründen sind sich befragte Investoren und Unternehmer einig. Das wichtigste Argument für beide Gruppen ist die „interessante Marktgröße“. Während Start-ups noch die steigende Akzeptanz und Nachfrage seitens der Patienten für E-Health-Angebote priorisieren, konzentrieren sich Investoren stärker auf interessante Gründerteams.

Künstliche Intelligenz als Hoffnungsträger

Digitale Gesundheitsanwendungen und digitale Therapien wurden mit 62,5 Prozent als spannendste Segmente des Marktes von Investoren ausgewählt. Hier war eine Mehrfachnennung möglich. Hinter der Diagnostik (37,5 Prozent) landen „Telemedizin und Remote Care“ sowie „Praxis- und Krankenhausmanagement“ (mit je 31,3 Prozent).

Unternehmer nennen ebenfalls die DiGA und Digitale Therapien als spannendste Segmente (74 Prozent). Danach folgen „Telemedizin und Remote Care“ (66 Prozent) und „Mental Health“ sowie „Disease Management“ (mit je 26 Prozent).

Investment-Managerin Cezairli teilt diese Einschätzung nicht „DiGA war in den vergangenen zwei Jahren ein großes Thema, hier sehen wir aktuell weniger Fokus in unserem Dealflow aus Deutschland.“ Stefan Biesdorf ist Partner bei der Unternehmensberater McKinsey und führt den ausbleibenden Erfolg auf das Vergütungssystem der DiGA zurück. „Hersteller sind zu stark auf die Unterstützung von Krankenkassen und Ärzten angewiesen, als dass sie schnell skalieren könnten“, sagt er.

Damit sie wirklich in der Gesundheitsversorgung ankommen könnten, müssten Krankenkassen DiGA ihren Versicherten vorstellen und Ärzte sie verordnen. „Krankenkassen sind sich aber unsicher über den Mehrwert einer DiGA und Ärzte finden die Apps zu teuer“, sagte er.

Künstliche Intelligenz (KI) ist mit 85,7 Prozent für Unternehmer und mit 87,5 Prozent für Investoren die interessanteste Technologie im Markt. Big Data landet für Unternehmer mit 59,2 Prozent und für Investoren mit 43,8 Prozent auf Platz zwei. Virtual Reality belegt den dritten Platz (Unternehmer: 18,4 Prozent, Investoren: 25 Prozent).

Gesundheitsökonom Böhler schließt sich den Umfrageergebnissen grundsätzlich an: „Neues Wissen durch eine KI zu generieren, ist eine große Chance im Gesundheitswesen.“ Sie existiere bislang aber nur theoretisch. „Das selbstfahrende Auto wird schneller kommen als die diagnostizierende KI“, sagte er.

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