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21.01.2022

06:15

Amtliche Gutachterdaten

In den deutschen Immobilienhochburgen geht die Post ab

Von: Nicolas Katzung

Die Gutachterausschüsse ziehen eine erste, inoffizielle Bilanz für 2021. Demnach steigen in den Metropolen die Immobilienpreise weiter.

Der Umsatz mit Münchner Gewerbeimmobilien dürfte nach ersten Hochrechnungen des Gutachterausschusses 2021 auf vier bis fünf Milliarden Euro steigen. 2020 lag das Volumen bei rund 2,9 Milliarden Euro.Quelle: Imago

München

Der Umsatz mit Münchner Gewerbeimmobilien dürfte nach ersten Hochrechnungen des Gutachterausschusses 2021 auf vier bis fünf Milliarden Euro steigen. 2020 lag das Volumen bei rund 2,9 Milliarden Euro.

Quelle: Imago

Die Immobilienmärkte in den deutschen Metropolen haben die Pandemie 2021 gut weggesteckt. Von einem „Corona-Knick nach unten“ findet sich laut Sonja Andresen, stellvertretende Vorsitzende des Hamburger Gutachterausschusses, in der Hansestadt keine Spur. Die Nachfrage nach Wohnimmobilien sei ungebrochen, das Angebot knapp. Folglich stiegen die Preise weiter. „Ein Markteinbruch sehen wir nicht, im Gegenteil. Der Geldumsatz dürfte höher ausfallen als in den Vorjahren“, berichtete Andresen bei einer Diskussionsrunde des Geodäten-Verbands DVW.

In Frankfurt sind die Preise für Eigentumswohnungen mittlerweile so hoch, dass Michael Debus, Leiter der Geschäftsstelle beim Gutachterausschuss Frankfurt, davon abrät zu kaufen. „Ich würde mir in Frankfurt nicht mehr eine Eigentumswohnung anschaffen, im Umland dagegen schon.“ Der Markt sei zu heiß, um jetzt noch einzusteigen.

Debus rechnet damit, dass auch bei dem ein oder anderen institutionellen Investor die Rechnung nicht aufgehen wird. Ein Immobilienfonds habe 180 Wohnungen zum Preis von 12.000 Euro pro Quadratmeter erworben und plane, die Einheiten für 38 Euro je Quadratmeter zu vermieten, berichtete Debus. „Ich behaupte, dass der Investor nicht alle Wohnungen zu diesem Preis vermietet bekommt.“

Ob es in Köln sinnvoll ist, eine Eigentumswohnung zu kaufen, ist für Dieter Hagemann angesichts der enormen Preissteigerungen ebenfalls fraglich. Die Nachfrage sei nach wie vor extrem hoch, das Angebot knapp. „Die Zielvorgabe, 6000 Einheiten pro Jahr zu bauen, wird bei Weitem nicht erreicht“, sagte der Vorsitzende des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in der Domstadt.

2021 sei die Party auf dem Wohnungsmarkt deshalb weiter gegangen. Eine Feststellung, die auch Hagemanns Kollegen in den meisten anderen Metropolen bestätigen. Vor allem in Berlin fiel nach Beobachtung von Reiner Rössler, Vorsitzender des örtlichen Gutachterausschusses und stellvertretender Vorsitzender des Oberen Gutachterausschusses in Brandenburg, der Preisauftrieb am Wohnungsmarkt 2021 besonders stark aus. Das sei allerdings vornehmlich auf die Aufhebung des Mietendeckels zurückzuführen. „Im Vorjahr hatten wir noch aus dem sozialistischen Ausland gegrüßt. Der Deckel hatte die Marktteilnehmer extrem verunsichert.“

Aufgrund der hohen Preise und des mangelnden Angebots würden Immobilienkäufer zunehmend auf den Berliner Stadtrand und nach Brandenburg ausweichen. In Gebieten mit bis zu einer Stunde Bahnfahrt zur Berliner Innenstadt stiegen die Preise überproportional. „Früher haben wir gesagt, dass die Schwaben uns die Preise in Berlin kaputtmachen. Inzwischen machen die Berliner die Preise in Brandenburg kaputt. Der Effekt ist gnadenlos“, meint Rössler.

Nur in Stuttgart schien im vergangenen Jahr den Wohnungskäufern etwas die Puste ausgegangen zu sein. Der Umsatzrückgang bei den Eigentumswohnungen aus dem Jahr 2020 hat sich laut Steffen Bolenz, Leiter Immobilienbewertung beim Stadtmessungsamt, 2021 fortgesetzt. „Es wurden deutlich weniger Kaufverträge abgeschlossen als im bereits schwachen Vorjahr.“ Dennoch seien die Preise weiter gestiegen.

Von einer Überhitzung der Wohnungsmärkte oder gar einer Blasenbildung wollen die amtlichen Immobiliengutachter dennoch nicht sprechen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung sprach in einer Studie Ende 2021 von einem „explosiven Muster“ beim Preis-Miet-Verhältnis in den großen Metropolen, insbesondere bei Baugrundstücken, Eigentumswohnungen sowie Einfamilien- und Reihenhäusern.

„Hohe Preise ja, aber keine Blase“, fasst es die Hamburger Gutachterin Andresen zusammen. Auch für den Frankfurter Wohnungsmarkt will Debus keine generelle Preisblase ausmachen. „In gewissen Teilmärkten sind die Preise aber aus meiner Sicht zu hoch. Da wird sich der Markt in den nächsten Jahren selbst regulieren.“

Als überteuert werden häufig die Wohnungspreise in München angesehen, weiß Albert Fittkau, Leiter des städtischen Bewertungsamts und Vorsitzender des Gutachterausschusses München. „Ja, es ist teuer bei uns und es mag andere Städte geben, wo die Renditechancen höher sind. Aber München ist ein extrem stabiler Wohnungsmarkt. Es gibt keine großen Leerstände und nach wie vor zahlungsstarke Käufer und Mieter. Deswegen habe ich nicht das Gefühl, dass es mittelfristig zu einem deutlichen Preisrückgang etwa in der Größenordnung von 20 Prozent oder mehr kommen könnte.“

Bei Wohnungen im Luxussegment könne er sich vorstellen, dass die Preissteigerung nachlässt. „Aber die Gefahr, Geld zu verlieren, wie sie zum Beispiel bei Aktien besteht, ist unwahrscheinlich.“

Überrascht hat ihn im vergangenen Jahr weniger die gute Performance bei Wohn-, sondern vielmehr die Entwicklung bei Gewerbeimmobilien. Der Markt sei „durch die Decke geschossen“. Konkrete Zahlen zum Transaktionsvolumen lägen noch nicht vor. Nach ersten Hochrechnungen geht Fittkau von einem Umsatz von vier bis fünf Milliarden Euro aus. 2020 lag das gewerbliche Investitionsvolumen bei rund 2,9 Milliarden Euro.

2021 wurde von Investoren erneut viel Geld in die Hand genommen, um Grundstücke zu kaufen. „Was auf den Grundstücken steht, scheint gerade in der Innenstadt mehr oder weniger egal zu sein. Der eigentliche Wert steckt im Boden.“ Auch in anderen Metropolen berichten die Vertreter der Gutachterausschüsse von Kaufpreisen, die deutlich über den Bodenrichtwerten liegen.

Sorgenvoll beobachtet Fittkau hingegen den Münchner Hotelmarkt. Bereits jetzt gebe es sehr viele Hotels in München zum Beispiel an der Achse am Ostbahnhof und in der Innenstadt, und es entstünden viele weitere: „Ich weiß nicht, wer dort überall übernachten soll.“

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