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20.01.2021

19:56

Gemeinschaftswohnungen

Co-Living-Betreiber Quarters begräbt Wachstumspläne

Von: Nicolas Katzung

Das deutsche Unternehmen hat für zwei US-Tochtergesellschaften Insolvenz angemeldet. Auch in Europa stocken die Expansionsbemühungen.

So sehen die Co-Living-Einheiten von Quarters aus. Foto: Florian Oellers

Wohntrend Co-Living

So sehen die Co-Living-Einheiten von Quarters aus.
Foto: Florian Oellers

• Quarters zieht sich aus den USA zurück
• Das deutsche und das europäische Geschäft sind von der Insolvenz nicht betroffen
• Die milliardenschwere Expansion in Europa tritt offenkundig auf der Stelle

Mit ehrgeizigen Expansionsplänen war das deutsche Unternehmen Quarters ins Jahr 2019 gestartet, damals noch als Medici Living Group. Für insgesamt rund 1,4 Milliarden US-Dollar wollte der Co-Living-Betreiber seinen Gebäudebestand in europäischen Ländern und den USA ausdehnen, hatte sich dafür frisches Kapital besorgt und Investitionspartner an Bord geholt.

Quarters vermietet Zimmer in möblierten Wohngemeinschaften, die sich in der Regel in Neubauten oder frisch renovierten Immobilien in zentralen Lagen befinden. Neben schicken Gemeinschaftsräumen gibt es zusätzlich Dachterrassen, Fitnessstudios oder Bars. Zur Zielgruppe gehören in erster Linie junge Singles, aber auch für Paare hatte Quarters Angebote geplant.

Gunther Schmidt, Gründer und bis Anfang 2020 Unternehmenschef von Quarters, sah sich jedenfalls auf gutem Wege, „im Jahr 2019 das WeWork der Co-Living-Branche zu werden“. Von damals 1800 sollte der gemanagte Bestand in den kommenden drei bis fünf Jahren auf über 9000 Zimmer anwachsen. Zur Unterstreichung der Wachstumsambitionen holte Schmidt Ende 2019 Rui Barros, zuvor Senior Vice President und Head of Global Operations bei WeWork, an seine Seite. Im Frühjahr wurde bereits Philip Grace, der ebenfalls Coworking-Erfahrung mitbrachte, zum Head of Global Expansion ernannt.

Nun, knapp zwei Jahre später, sind die Expansionsbemühungen zum Erliegen gekommen. Aus den USA wird sich Quarters komplett zurückziehen, in Europa ist aus den groß angekündigten Investitionsplänen bis heute offenkundig nichts Zählbares herausgesprungen.

Zwei Tochtergesellschaften von Quarters haben in den USA Insolvenz angemeldet. Zusammen betreiben sie an fünf Standorten acht Gebäude mit insgesamt 750 Zimmern. Alle bestehenden Geschäftsaktivitäten wurden in den USA zum 15. Januar 2021 eingestellt, bestätigte das Berliner Unternehmen auf Anfrage von Handelsblatt Inside Real Estate. Quarters werde sich nun auf den europäischen Heimatmarkt und seine Standorte in Deutschland und den Niederlanden konzentrieren.

Für die Expansion in den USA hatte Quarters Anfang 2019 ein Investitionsprogramm mit der W5 Group, der Beteiligungsfirma von Ex-Corestate-Großaktionär Ralph Winter, aufgelegt. 300 Millionen US-Dollar sollten in den Aufbau eines Gebäudeportfolios mit etwa 1300 Zimmern an Standorten wie Boston, Denver, Miami oder Washington D.C. fließen. Außerdem beteiligte sich Winters Firma neben anderen Investoren in mehreren Finanzierungsrunden an Quarters. In welcher Größenordnung, wollte Winter nicht kommentieren. In Marktkreisen wird sein Investment auf einen mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Betrag geschätzt.

Auch mit dem Investmentmanager Corestate Capital wurde eine Kooperation vereinbart, allerdings in einer deutlich größeren Dimension. Ende 2018 gaben beide Unternehmen ein europäisches Investitionsprogramm von über einer Milliarde Euro bekannt. Im Fokus standen Städte im deutschsprachigen Raum, in Spanien und Osteuropa mit über 500.000 Einwohnern und Immobilien mit einem Investmentvolumen zwischen 20 und 60 Millionen Euro. Allerdings ist unklar, in welchem Umfang bis heute gemeinsame Investments mit Corestate getätigt wurden. Auf Anfrage wollte sich Corestate nicht dazu äußern.

Die Probleme in den USA hätten sich im Laufe des vergangenen Jahres abgezeichnet, erklärt Sebastian Gschwender, Leiter des Beteiligungsgeschäfts der W5 Group. „Wenn internationale Touristen und Geschäftsreisende fehlen und Studenten fernbleiben, ist es klar, dass die Auslastungszahlen runtergehen, vor allem an Standorten wie New York.“ Dennoch sei auch er von der Entwicklung und der Insolvenz der US-Töchter von Quarters überrascht worden.

Zum Verhängnis wurden dem Co-Living-Betreiber die vereinbarten Mietgarantien, die das Unternehmen mit den jeweiligen Gebäudeeigentümern abgeschlossen hat. In guten Zeiten mit hohen Auslastungszahlen übersteigen die Mieteinnahmen die vereinbarten Garantiezahlungen. Bei schwächerer Auslastung muss Quarters Zuschüsse leisten.

Winters W5 Group zählt nicht zu den Eigentümern in den USA, die sich nach der Quarters-Pleite nun wieder selbst um die Vermietung ihrer Flächen kümmern müssen. „Wir haben in den USA momentan keine Gebäude an Quarters vermietet. Es gibt nur ein kleineres Objekt in Berlin, bei dem wir einen Mietvertrag mit Quarters vereinbart haben. In Deutschland wurden die vereinbarten Mietzahlungen bezahlt“, kommentiert Gschwender. „Da gibt es keinen Zahlungsverzug.“

Quarters sieht sich trotz der Einschnitte „als größtes Co-Living- Unternehmen weltweit“. Abzüglich der fünf US-Standorte ist die Quarters-Gruppe mit Häusern und rund 2250 Zimmern in zehn Städten in Europa vertreten.

Die operativen Gesellschaften in Europa seien von der Schließung des US-Geschäfts nicht betroffen. „Alle geschäftlichen Beziehungen mit Eignern der von Quarters betriebenen Immobilien werden unverändert fortgeführt.“ Allerdings werde es eine Restrukturierung auf Holdingebene von Quarters geben.

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