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29.07.2022

06:15

Gerichte entscheiden über Architektenhonorare

Kommen jetzt hohe Nachforderungen auf Bauträger und Projektentwickler zu?

Von: Lilian Fiala

EuGH und BGH sind sich einig: Architekten und Ingenieure dürfen unter bestimmten Voraussetzungen Honorare nachfordern. Betroffen sind Vereinbarungen, die vor 2021 abgeschlossen wurden.

Architekten können für vor 2021 abgeschlossene Verträge Honorare nachfordern. Zumindest dann, wenn sie niedriger waren als das in der damals geltenden HOAI-Fassung festgelegte Mindesthonorar.Quelle: Imago

BGH und EuGH haben entschieden

Architekten können für vor 2021 abgeschlossene Verträge Honorare nachfordern. Zumindest dann, wenn sie niedriger waren als das in der damals geltenden HOAI-Fassung festgelegte Mindesthonorar.

Quelle: Imago

Im Januar hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden: Architekten und Ingenieure dürfen für vor 2021 abgeschlossene Verträge Nachforderungen verlangen. Zumindest dann, wenn das ursprünglich vereinbarte Honorar niedriger war als das Mindesthonorar, das sich nach den Preisregelungen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ergeben hat. Nun hat auch der Bundesgerichtshof (BGH) nachgezogen. Der Inhaber eines Ingenieurbüros aus Nordrhein-Westfalen hatte eine offene Forderung von mehr als 100.000 Euro geltend gemacht und diese mit der HOAI begründet. Ursprünglich vereinbart war ein Pauschalhonorar von rund 55.000 Euro. Aus Sicht des Oberlandesgerichts Hamm war die Nachforderung gerechtfertigt, weil der Pauschalpreis im Ingenieurvertrag gegen den Mindestpreischarakter der HOAI als zwingendes Preisrecht verstieß. Die dagegen gerichtete Revision wies der BGH nun zurück.

Mit dieser Entscheidung beendet der Bundesgerichtshof eine hoch umstrittene Diskussion. Denn bislang wurde über die Frage nach den Nachforderungen an den Oberlandesgerichten unterschiedlich entschieden. Zahlreiche Honorarklagen waren deshalb bei den Gerichten anhängig und wurden zuletzt zum großen Teil ausgesetzt, um auf eine finale Entscheidung von EuGH und BGH zu warten. Jetzt herrscht Klarheit – und einige Bauträger und Projektentwickler geraten ins Schwitzen. Droht der Branche jetzt eine Welle von Nachforderungen?

Betroffen sind zunächst einmal nur diejenigen, die Verträge mit Architekten und Ingenieuren abgeschlossen haben, in denen das Honorar unter den Mindestpreisen der HOAI liegt. „Über deren Anzahl kann man allenfalls spekulieren“, sagt Robert Elixmann, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht bei Kapellmann in Düsseldorf. Es kursierten Zahlen, dass derzeit bereits Hunderte von Honorarklagen von Architekten und Ingenieuren bei deutschen Gerichten anhängig seien – und nun entschieden würden, nachdem EuGH und BGH für Klarheit gesorgt hätten. „Wahrscheinlich bewegt sich die Zahl derjenigen, die zunächst keine Honorarnachforderung gestellt und gerichtlich geltend gemacht haben, allerdings diesen Schritt nun in Betracht ziehen, ebenfalls im dreistelligen Bereich“, sagt der Anwalt.

Die Honorarnachforderungen können gleichermaßen private und öffentliche Auftraggeber treffen. Volker Schnepel, stellvertretender Bundesgeschäftsführer der Bundesarchitektenkammer, geht allerdings davon aus, dass die Anzahl der Architekten und Ingenieure, die jetzt Nachforderungen einklagt, überschaubar bleibt. Viele Bauprojekte, die aktuell in der Ausführung sind und bereits mit steigenden Rohstoffpreisen und Lieferkettenengpässen kämpfen, werden zudem auf Grundlage von Planungsverträgen umgesetzt, die erst nach dem 31. Dezember 2020 abgeschlossen wurden. „Für diese Planungsverträge ist die EuGH-Entscheidung nicht relevant. Diese fallen unter die HOAI in der zum 1. Januar 2021 geltenden Fassung, die keinen verbindlichen Preisrahmen für Honorare mehr vorschreibt“, sagt Rechtsexperte Elixmann.

Zwar kommen auf Bauträger und Projektentwickler, die in der Vergangenheit zu wenig gezahlt haben, im Falle eines Urteils zusätzliche Ausgaben zu. „Verglichen mit den übrigen Kosten rund um den Bau ist der Planeranteil aber relativ gering. Zudem wurde der Betrag ja zuvor eingespart“, argumentiert Schnepel. Ähnlich sieht es Elixmann: Wem jetzt Nachzahlungen drohten, der habe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegen das damals geltende Preisrecht der HOAI für Planungsleistungen verstoßen. Das jetzige Risiko der Nachforderung hätten Auftraggeber vermeiden können, wenn sie höhere Honorare nach den Vorgaben der HOAI vereinbart hätten. „Es rächt sich damit ‚nur‘, dass die Planungsleistungen damals – aus Sicht der HOAI – zu billig eingekauft wurden“, sagt Elixmann.

Um sich auf mögliche Nachzahlungen vorzubereiten, empfiehlt Elixmann, vor dem 1. Januar 2021 abgeschlossene und noch nicht vollständig abgewickelte Planungsverträge zu überprüfen. Dabei gilt es genau darauf zu achten, ob sich die dort vereinbarten Honorare innerhalb des Preisrechts nach HOAI bewegen. Sei das Risiko einer Honorar-Nachforderung identifiziert worden, gebe es die Möglichkeit, für erbrachte Vertragsleistungen eine Zwischen- oder Schlussvereinbarung abzuschließen. So könne der Verstoß gegen das Preisrecht geheilt werden, sagt der Rechtsexperte. „Denn solche Vereinbarungen schließen spätere Nachforderungen endgültig aus.“ Bauträger und Projektentwickler, die die Urteile von EuGH und BGH schon länger aufmerksam verfolgen, mussten angesichts der hitzigen Diskussion an den Oberlandesgerichten schon länger mit der Möglichkeit einer Nachzahlungspflicht rechnen. Entsprechend hatten sie Gelegenheit, die nötigen Vorkehrungen treffen.

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