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14.01.2022

06:15

Höhere Kapitalanforderungen

Louis Hagen: „Ich rechne allenfalls mit geringfügigen Zinsänderungen“

Von: Nicolas Katzung

Der Chef der Münchener Hypothekenbank kritisiert im Interview die jüngsten Beschlüsse der Finanzaufsicht Bafin zur Finanzierung von Wohnimmobilien. Das gewünschte Ergebnis werde damit jedenfalls nicht erzielt.

Hagen hält die jüngsten Maßnahmen der Bafin für unnötig. Quelle: Münchener Hypothekenbank

Louis Hagen

Hagen hält die jüngsten Maßnahmen der Bafin für unnötig.

Quelle: Münchener Hypothekenbank

Banken müssen ab Februar 2023 ihre Kredite mit deutlich mehr Eigenkapital unterlegen. Die Aktivierung des sogenannten antizyklischen Kapitalpuffers schlägt mit 0,75 Prozentpunkten zu Buche und betrifft sämtliche Kreditarten. Der Aufbau des sogenannten sektoralen Systemrisikopuffers verlangt zusätzlich zwei Prozentpunkte mehr Eigenkapital speziell für Wohnungsfinanzierungen.

Für Louis Hagen, Vorstandsvorsitzender der Münchener Hypothekenbank und Präsident des Verbands deutscher Pfandbriefbanken, kommt die Maßnahme nicht wirklich überraschend. Die Sinnhaftigkeit erschließt sich ihm dennoch nicht. Um die Probleme am Wohnungsmarkt in den Griff zu bekommen, bedarf es anderer Maßnahmen. „Aus meiner Sicht ist die starke Nachfrage nach Wohnimmobilien bei geringem Angebot der Grund für die anhaltende Preisdynamik. Die Banken sind es jedenfalls nicht.“

Lesen Sie hier das vollständige Interview:

Herr Hagen, haben Sie mit einer solchen Maßnahme der Bafin auch in diesem Umfang gerechnet?
Ja, das lag in der Luft. Andere Länder und auch die EZB haben schon seit Längerem Druck ausgeübt, dass der antizyklische Kapitalpuffer auch in Deutschland wieder aktiviert wird. Und aus unseren Gesprächen mit der Aufsicht ist deutlich hervorgegangen, dass es Unbehagen in Bezug auf die Entwicklung an den Wohnimmobilienmärkten gibt. Wenn man sich anschaut, was der Bafin-Chef an alter Stelle in der Schweiz gemacht hat, dann war klar, was auf uns zukommen wird.

Als Direktor der Schweizer Bankenaufsicht Finma hatte Mark Branson unter anderem die Eigenkapitalanforderungen für Wohnimmobilienkredite erhöht. Hat das die gewünschte Wirkung erzielt?
Außerhalb der Ballungsräume gab es in der Schweiz Übertreibungen, die zu einer Überkapazität an Wohnraum geführt hatten. Da haben die Maßnahmen der Finma schon zur Beruhigung der Märkte beigetragen. Zumindest in den Ballungszentren aber hat sich der Preisauftrieb fortgesetzt.

Werden die beschlossenen Maßnahmen der Bafin den gewünschten Effekt erzielen und die Preisdynamik bei Wohnimmobilien hierzulande bremsen?
Da habe ich meine Zweifel. Die Maßnahmen wären nachvollziehbar, wenn es die Banken sind, die durch eine laxe Kreditvergabe zu den Preissteigerungen beitragen. Dem ist aber nicht so. Erhebungen auch des vdp zeigen, dass die Eigenkapitalquote der Kreditnehmer nach wie vor stabil bei rund 20 Prozent liegt. Außerdem sind Immobilienfinanzierungen in den letzten Jahren deutlich erschwinglicher geworden: Aktuell liegt die Kreditbelastung bei 25 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens und damit genauso hoch wie vor zehn bis zwölf Jahren. Die zwanzig Jahre davor lag sie jedoch bei bis zu 40 Prozent. Die Kunden nutzen die finanziellen Freiräume und tilgen im Durchschnitt jährlich mit drei Prozent. Aus meiner Sicht ist die starke Nachfrage nach Wohnimmobilien bei geringem Angebot der Grund für die anhaltende Preisdynamik. Die Banken sind es jedenfalls nicht.

Wenn die Kredite aber aufgrund der erhöhten Eigenkapitalanforderungen an die Banken teurer werden, dürfte das die Wohnungsnachfrage drosseln.
Das muss nicht zwangsläufig der Fall sein. Die meisten Banken sind ausreichend kapitalisiert, da wird sich das nicht maßgeblich auf die Konditionen auswirken. Es kann aber natürlich sein, dass es das eine oder andere Institut geben wird, das zusätzliches Eigenkapital benötigt und die höheren Kostenanteile in die Kreditkonditionen einfließen lässt. Dass das wiederum wesentlich die Marktzinsen beeinflussen wird, glaube ich aber eher nicht.

Wieso?
Weil der Wettbewerb so eng ist, dass es keinen Player mit Konditionenhoheit gibt. Ich rechne deswegen allenfalls mit geringfügigen Veränderungen bei den Kreditzinsen.

Der Wohnungsboom wird sich somit also fortsetzen?
Ein abruptes Ende wird es jedenfalls dadurch nicht geben. Falls einige Banken aufgrund erhöhter Kapitalanforderungen die Konditionen verteuern oder sich bei der Kreditvergabe künftig zurückhalten sollten, gibt es noch genügend Kreditgeber, die von den Maßnahmen der Bankenaufsicht nicht betroffen sind. Dazu zählen beispielsweise Versicherungen, die stark in der Wohnungsfinanzierung unterwegs sind. Die treibenden Kräfte des Wohnungsbooms sind aus meiner Sicht aktuell aber sowieso nicht die verfügbaren finanziellen Mittel. Auch wenn sich die Konditionen etwas verteuern, wird es weiterhin eine hohe Nachfrage nach Immobilien geben. Es sind weiterhin viele kaufwillige Interessenten am Markt, für die sich der Wohnungskauf rechnet.

Dann wären wohl weitergehende Maßnahmen der Bafin, wie etwa eine Deckelung des Beleihungsauslaufs, der nächste logische Schritt.
Die Bafin wird sich erst einmal anschauen, wie die höheren Kapitalanforderungen wirken. Ich gehe ohnehin davon aus, dass eine gewisse Marktberuhigung eintreten wird. Bei den Preisen rechne ich mit einer Seitwärtsbewegung. Wenn das eintritt, werden weitergehende Maßnahmen der Bankenaufsicht nicht erforderlich sein.

Dafür könnte sich die Bafin die Finanzierung von Gewerbeimmobilien vorknöpfen. Auch darauf hat die Aufsicht seit einiger Zeit ein Auge geworfen. Befürchten Sie hier schärfere Regeln?
In der gewerblichen Immobilienfinanzierung sind die Kapitalanforderungen jetzt schon höher als bei der Wohnimmobilienfinanzierung. Und bei den Gewerbeimmobilien ist in den letzten ein bis zwei Jahren schon eine gewisse Beruhigung eingetreten. Schärfere Maßnahmen sind hier meines Erachtens also ebenfalls nicht nötig.

Was mich aber schon besorgt, ist die Tatsache, dass die jüngsten Beschlüsse der Bafin sozusagen on-top zu Basel III kommen. Das kann dazu führen, dass es insgesamt eben doch zu einem erheblichen Kapitalbedarf bei den Banken kommt. In der Folge werden sich Kunden darauf einstellen müssen, dass es künftig weniger und teurere Kredite geben wird.

Die Kapitalpuffer müssen bis Februar 2023 aufgebaut sein, Basel III wird erstmals 2025 greifen. Ab wann werden die Auswirkungen für die Bankkunden spürbar sein?
Das wird schon deutlich vor 2025 der Fall sein. Die Aufsichtsbehörden werden bei den Banken präventiv einwirken, dass sie möglichst frühzeitig auf die höheren Kapitalanforderungen reagieren.
Vielen Dank für das Gespräch.

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