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12.08.2022

06:15

Institutionelle Investoren

Deshalb fließt mehr Kapital in US-Mietwohnungen

Von: Katja Bühren

Institutionelle Investoren interessieren sich zunehmend für US-Wohnanlagen. Eine Studie bescheinigt dem Süden eine besondere Attraktivität.

Mietwohnungen in den USA wecken das Interesse deutscher Investoren. Ende 2021 hat Union Investment Real Estate das Multifamily-Objekt EON Squared in Florida erworben.Quelle: Union Investment Real Estate

US-Wohnungsmarkt

Mietwohnungen in den USA wecken das Interesse deutscher Investoren. Ende 2021 hat Union Investment Real Estate das Multifamily-Objekt EON Squared in Florida erworben.

Quelle: Union Investment Real Estate

Traditionell sind die USA eine Hochburg der Eigenheimbesitzer. Etwa zwei Drittel der Amerikanerinnen und Amerikaner besitzen eine eigene Immobilie. Doch das scheint sich zu ändern. Vor allem die jüngeren Generationen sind flexibler, mobiler – und können sich wegen der hohen Inflation und gestiegenen Hypothekenzinsen den Kauf einer Immobilie oft nicht mehr leisten. Die Folge: Immer mehr mieten statt zu kaufen. Diese Entwicklung scheint das Interesse deutscher institutioneller Investoren an großen US-Wohnanlagen zu steigern.

In der Vergangenheit haben sie sich vor allem für gewerbliche Immobilien in den USA interessiert, nun fließt das Kapital immer häufiger auch in den Wohnungsmarkt, bestätigen Branchenexperten. So beobachtet Union Investment Real Estate „seitens der institutionellen Investoren ein starkes Interesse an US-Investments“. Das Fondshaus selbst hat Ende 2021 zum ersten Mal einen Wohnkomplex in Fort Lauderdale, Florida, erworben. Der Investment-Manager Empira Group startete vor Kurzem einen zweiten Fonds für Institutionelle. Er ist auf Projektentwicklungen von Multifamily-Objekten ausgerichtet, also großen US-Wohnanlagen mit Infrastruktur- und Dienstleistungsangeboten.

Der Fonds-Manager German American Realty kündigte jüngst an, nicht mehr ausschließlich in Mietwohnanlagen zu investieren, sondern mehr und mehr auch in vermietete Einfamilienhäuser jenseits des Atlantiks. Und eine in diesem Frühjahr durchgeführte Umfrage der Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young unter Versicherungen bestätigt, dass Nordamerika bei deren Immobilieninvestitionen Europa erstmals als attraktives Investitionsziel abgelöst hat. Geht es um Investments in Wohnimmobilien, suchen Kapitalanleger vor allem in den südlichen Bundesstaaten, dem sogenannten Sun-Belt, nach Gelegenheiten. Und das hat gute Gründe.

Die Region überzeuge „mit attraktiven Fundamentaldaten und robusten Wachstumsaussichten“, sagt Steffen Metzner, Research-Chef bei Empira. Er ist Autor der Studie „Wachstumsregion Sun-Belt“, die Handelsblatt Inside Real Estate exklusiv vorliegt. Sie untersucht die volks- und immobilienwirtschaftlichen Entwicklungen in den 13 südlichen Bundesstaaten. Dort leben bereits 110 Millionen Menschen, Tendenz steigend: Wuchs die Bevölkerung in den USA im vergangenen Jahrzehnt durchschnittlich um 7,7 Prozent, verzeichneten die größten Sun-Belt-Bundesstaaten teils mehr als doppelt so hohe Wachstumsraten. So legte die Einwohnerzahl von Texas im selben Zeitraum um 18 Prozent zu, in Florida um 16 Prozent und in Arizona um 14 Prozent.

Als Gründe nennt die Studie einen Geburtenüberschuss und eine anhaltende Binnenmigration vor allem aus dem Nordosten der USA und Kalifornien. Attraktive klimatische Bedingungen, vergleichsweise niedrige Steuern und Lebenshaltungskosten seien Gründe dafür. Union Investment Real Estate sieht es ähnlich. Auch wenn die Zuzüge in die Sun-Belt-Staaten mit dem Auslaufen der Pandemie etwas nachgelassen hätten, sei die nach wie vor steigende Nettozuwanderung immer noch der größte Nachfragetreiber nach Wohnungen in vielen Städten des Sun-Belt.

Ähnlich wie in Deutschland komme auch dort der Wohnungsneubau der steigenden Nachfrage nicht hinterher, so Lahcen Knapp, Verwaltungsrat der Empira Group. Das gelte insbesondere für das Mietwohnungssegment. „Entsprechend attraktiv ist das Risiko-Rendite-Verhältnis für Investoren, die langfristige Multifamily-Portfolios aufbauen können.“ Die Studie identifiziert die stärkste Diskrepanz zwischen Bevölkerungswachstum und Wohnungsneubau in den Metropolregionen Fort Worth (Texas), Atlanta (Georgia), Phoenix (Arizona) und Tallahassee (Florida).

Die hohe Nachfrage in Kombination mit geringem Wohnungsangebot lässt die Mieten steigen. So legte die Medianmiete in Texas zwischen 2015 und 2020 um fast 23 Prozent zu, die in Florida um knapp 22 Prozent und die in Arizona um 20 Prozent. Zum Vergleich: In New York fiel das Plus mit gut 16 Prozent deutlich niedriger aus. Das Mietniveau ist in den Sun-Belt-Staaten niedriger als anderswo: In New York beträgt die Medianmiete zum Beispiel 1315 Dollar, in Texas sind es 1082 Dollar. In lediglich vier der 13 untersuchten Bundesstaaten liegt die Medianmiete über 1000 Dollar.

Die Studie sieht in den vergleichsweise niedrigen Miet- und auch Lebenshaltungskosten ein Wachstumspotenzial für Miet-Cashflows. Zudem ermöglichten ein liberales Mietrecht und kurze Mietverträge, die häufig für maximal zwölf Monate abgeschlossen würden, regelmäßige Anpassungen, erklärt Patrick Adenauer, geschäftsführender Gesellschafter bei German American Realty. Das biete Schutz vor Inflation und verbessere die Renditeaussichten.

Empira-Verwaltungsrat Knapp ist überzeugt, dass sich mit Wohnanlagen in den USA deutlich höhere Renditen erzielen lassen als mit Mehrfamilienhäusern in Deutschland und Europa. Für den in diesem Juni gestarteten Fonds „Empira Residential Invest US“ mit einem Investmentvolumen von 600 Millionen Euro plant der Investment-Manager mit einer jährlichen Rendite (IRR) von 13,5 Prozent. Er verfolgt eine Develop-and-Hold-Strategie. Das bedeutet, es werden baureife Grundstücke für Wohnimmobilien erworben und die fertiggestellten Objekte langfristig im Portfolio gehalten.

Der Fonds sei erfolgreich gestartet, die Resonanz groß, sagt Rafael Aregger, Head of Investments USA bei Empira. Der Ankauf einer Multifamily-Projektentwicklung in Florida stehe kurz vor dem Abschluss. Für ein weiteres Grundstück sei man in exklusiven Verhandlungen. Zudem ist das Unternehmen mit dem Empira Opportunity Fund bereits seit 2020 in den USA investiert. Er besitzt derzeit rund 2100 Wohneinheiten. Das Unternehmen richtet sich langfristig im Sun-Belt ein. Es hat ein Expertenteam vor Ort und einen neuen Standort in Miami eröffnet. Nachfolgefonds sind laut Aregger fest eingeplant.

German American Realty sieht nicht nur eine steigende Nachfrage nach Mietwohnungen besonders für Menschen mit mittleren Einkommen, sondern auch nach Einfamilienhäusern zur Miete. Die lässt sich laut dem geschäftsführenden Gesellschafter Gisbert Beckers unter anderem mit einem gestiegenen Platzbedarf durchs Homeoffice und dem Wunsch nach kinderfreundlichem Wohnraum erklären. „Aber auch viele Baby-Boomer möchten sich verkleinern und ihre Eigentumsverpflichtungen verringern.“ Gemeinsam mit Partnern vor Ort hat der Fonds-Manager jüngst ein Portfolio von insgesamt 856 Einfamilienhäusern jüngerer Baujahre für Fonds akquiriert. Sie stehen an elf verschiedenen Standorten in Arizona, Alabama, Florida, Georgia, North Carolina und Oklahoma. Die Gesamtinvestitionskosten beziffert das Unternehmen auf rund 230 Millionen Dollar.

Auch Union Investment Real Estate will „weiterhin Gelegenheiten in diesem attraktiven Sektor prüfen“ und das US-Portfolio im Multifamily-Segment weiter diversifizieren. Sie seien „eine ideale Ergänzung zu unserem umfangreichen US-Portfolio, das in der Vergangenheit stark auf Büroimmobilien ausgerichtet war“.

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