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06.05.2022

06:15

Investment

Der Forward-Deal steht auf dem Prüfstand

Von: Christoph Scherbaum

Die Kosten für Immobilienprojekte sind derzeit schwer zu kalkulieren. Das sorgt dafür, dass manche Investoren und Projektentwickler Forward-Deals mittlerweile für problematisch halten.

Cube Real Estate hat vor Kurzem über einen Forward-Deal das Wohnquartier Cube Curve 468 an Aberdeen Standard Investments Deutschland verkauft. Manche Experten sehen das Investment in Immobilien lange vor der Fertigstellung derzeit allerdings kritisch.Quelle: 3D RenderMachine

Cube Curve 468

Cube Real Estate hat vor Kurzem über einen Forward-Deal das Wohnquartier Cube Curve 468 an Aberdeen Standard Investments Deutschland verkauft. Manche Experten sehen das Investment in Immobilien lange vor der Fertigstellung derzeit allerdings kritisch.

Quelle: 3D RenderMachine

Forward-Deal galten in der Immobilienbranche über Jahre als ein immer beliebteres Instrument für Immobilienankäufe und -finanzierungen. Angesichts der derzeit steigenden Baustoff- und Handwerkskosten wird es allerdings schwieriger, den Preis von Objekten lange vor der Fertigstellung seriös zu kalkulieren. Müssen Investoren deshalb vom lieb gewonnenen Forward-Deal wieder Abstand nehmen und mehr „schlüsselfertig“ und damit teurer kaufen?

Diese Meinung vertritt jedenfalls Michael Peter, Geschäftsführer beim Investor P&P Group. Er hält den Forward-Deal für gescheitert. Zwar habe es im vergangenen Jahr in Deutschland eine außergewöhnlich hohe Anzahl dieser Deals gegeben, weil Investoren sich die immer knapper werdenden Produkte sichern wollten. „Jetzt erschweren die stetig steigenden Baupreise die Kalkulation.“ Zudem würden Banken immer restriktiver bei der Vergabe von Krediten agieren, „was sich in den letzten Wochen vor allem in der rasanten Zinsentwicklung widerspiegelt. Dadurch wird das Geschäft mit Forward-Deals zusätzlich erschwert.“ Für Peter steht der Markt deshalb „vor einer Konsolidierung”.

Skeptisch blickt mittlerweile auch Stefan Spilker, Vorstand von Soravia Deutschland, auf Forward-Deals. „Als Projektentwickler sehen wir uns in Folge der Corona-Krise und des Krieges in der Ukraine mit enorm steigenden Baukosten in Höhe von zehn bis 15 Prozent konfrontiert.“ Deshalb bemerkt Spilker in der Branche eine Zurückhaltung beim Abschluss von Forward-Deals. „Auch geht der Geist um, bestehende Deals kritisch zu hinterfragen und ebenso die Möglichkeiten der Nachverhandlung zu prüfen.“ In der Folge dürften künftig Vertragsmodelle angepasst werden. „Der klassische Forward-Deal, wie wir ihn kennen, ist tot. Institutionelle Investoren, Banken und Projektentwickler sowie Generalunternehmer werden sich gegenseitig mehr Verhandlungsspielräume in Form von Gleitklauseln zugestehen müssen, damit Projekte gelingen. Das bezieht sich dann nicht nur auf finanzielle Aspekte, sondern besonders auch auf die Zeitschiene der Fertigstellung von Projekten.“

Axel Vespermann, Head of Real Estate beim Asset-Manager Universal Investment, beobachtet derzeit eine Diskussion, „inwieweit die Chancen und Risiken der Forward-Deals zwischen Entwickler und Investor neu geordnet werden sollten“. Während es Entwicklern immer schwerer falle, Festpreise oder verbindliche Fertigungstermine zu garantieren, seien „Investoren mitunter nicht bereit, diese Risiken zu übernehmen, ohne dass es zu einer Anpassung des Preises kommt. Auch fällt es ihnen aufgrund des Zins- und Inflationsumfelds schwer, ihre Cashflows zu kalkulieren.“

Mit einem abgewandelten Konzept dürften Forward-Deals allerdings auch in Zukunft weiter ihre Berechtigung haben, ist Sascha Hertach, Vorstand vom Fondsmanager Arbireo Capital, überzeugt: Steigen die Baupreise weiter, „wird das Thema Kostensicherheit umso relevanter. Dies betrifft alle Arten von Investments in Neu- wie Bestandsimmobilien.“ In Zeiten steigender Zinsen müssten deshalb Zinsbelastungsrisiken minimiert und bei Forward-Fundings eine Zinssicherung eingebaut werden, um nicht von einem erhöhten Zinsaufwand überrascht zu werden.

Mit Blick auf die kaum vorhersehbare Entwicklung bei Zinsen und Baukosten hält Axel Drwenski, Head of Research beim Asset-Manager KGAL, derzeit nur kurzfristige Engagements in Forwards für attraktiv, denn: „Mit zunehmendem Zeithorizont steigt auch die Unsicherheit. Gerade bei den langfristigen Forward-Deals haben wir eine Reihe von Angeboten aus Deutschland gesehen, die in ihren Annahmen nur als hanebüchen zu beschreiben sind“, sagt der Research-Profi. „Wir werden sicherlich mittelfristig mehr ‚schlüsselfertige’ Transaktionen sehen als Forwards, aber wir gehen nicht davon aus, dass wir für Forwards die Totenglocken läuten hören.“

Von der derzeit immer restriktiveren Kreditvergabe der klassischen Immobilienfinanzierer profitieren alternative Anbieter. Entsprechend positiv schätzt Linus Digital Finance die Situation ein: „Wir finanzieren gerne Forward-Deals und prüfen derzeit auch entsprechende Anfragen von Bauträgerseite. Das Risikoprofil ist für den Kreditgeber meist attraktiver, da oftmals Risiken wie Planungsrecht, Vermietung und Verkauf – was einen bonitätsstarken Käufer vorausgesetzt – nur noch abgeschwächt vorherrschen“, sagt Lucas Boventer, Managing Director der börsennotierten Gesellschaft, die über einen von ihr verwalteten Kreditfonds Co-Investments in Immobilienprojekte anbietet.

Neben kurzfristigen Brückenfinanzierungen spielen „heute und zukünftig auch längerfristige alternative Finanzierungen sowohl im Mezzanine- als auch im Whole-Loan-Bereich eine größere Rolle bei Forward-Deals“, ist sich Boventer sicher. „Banken und Sparkassen als traditionelle Geldgeber werden unabhängig vom Risikoprofil der Deals konservativer und senken ihre Beleihungsausläufe.“ Dies schafft eine wachsende Marktlücke für Alternativen – „auch bei Finanzierungsnachfragen, bei denen bereits Forward-Deals feststehen“.

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