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29.07.2022

06:15

Investment

Deshalb gewinnen Joint Ventures an Bedeutung

Von: Christoph Scherbaum

Projektentwickler suchen verstärkt alternative Modelle, um ihre Bauprojekte zu finanzieren. Experten erwarten deshalb, dass künftig mehr Joint Ventures entstehen, um Kapitallücken zu schließen.

Die Finanzierung von Projektentwicklungen wird in der aktuellen Marktlage schwieriger. Alternative Modelle wie Joint Ventures könnten deshalb vermehrt genutzt werden.Quelle: dpa

Baustelle

Die Finanzierung von Projektentwicklungen wird in der aktuellen Marktlage schwieriger. Alternative Modelle wie Joint Ventures könnten deshalb vermehrt genutzt werden.

Quelle: dpa

Seit Monaten steigen die Bau- und Finanzierungskosten kontinuierlich. Erste Projektentwickler geraten unter Margen- und Konsolidierungsdruck. Anfang Mai bat beispielsweise Terragon seine Gläubiger wegen eines unvorhergesehenen Liquiditätsengpasses um eine temporäre Stundung der Zinszahlungen. Mittlerweile befindet sich der auf Seniorenwohnen spezialisierte Projektentwickler in einem Insolvenzverfahren. Er ist auf der Suche nach potenziellen Investoren, damit die Gruppe als Ganzes erhalten bleiben kann.

Terragon dürfte aber nicht der einzige Projektentwickler sein, der in den kommenden Quartalen aufgrund der stark gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten mit Liquiditätsengpässen klarkommen muss. Nicht einfacher wird die Lage dadurch, dass beispielsweise das Interesse an Forward Deals, bei denen sich Investoren in einer frühen Phase an einem Projekt beteiligen und so für Liquidität sorgen, sinkt. „2021 war ein Rekordjahr für Forward-Deals“, sagt Michael Peter, Gründer des Investors P&P Group. Diese Zeiten dürften in der aktuellen Marktlage mit einer hohen Inflation, Lieferengpässen sowie stark steigenden Bau- und Finanzierungskosten so schnell nicht wiederkommen. Denn sie sorgen dafür, dass eine verlässliche Kalkulation von Projektentwicklungen immer schwieriger wird. Das führe dazu, dass auch Banken „letztlich immer restriktiver bei der Vergabe von Krediten“ werden, berichtet Peter. Deshalb rücken alternative Modelle ins Rampenlicht, um Projekte zu finanzieren. Eine Option sind Joint Ventures.

Für Nicholas Brinckmann, Sprecher der Geschäftsführung des Investors Hansainvest Real Assets, ist dieser Zusammenschluss von Projektpartnern nicht erst in der aktuellen Situation eine gute Option: „Joint Ventures sind seit Jahren eines unserer bevorzugten Instrumente, um Zugang zu attraktiven Grundstücken und Projektentwicklungen zu erlangen“, sagt Brinckmann. Für Investoren könnten sie noch interessanter werden, da deren Verhandlungsposition gegenüber den Projektentwicklern heute vorteilhafter ist als vor ein paar Monaten. Damals seien viele Investoren mit viel Kapital am Markt gewesen, „während sich gerade die Top-Projekte und -Grundstücke natürlich nicht beliebig reproduzieren ließen. Das führte teilweise zu unausgewogenen Verträgen zulasten von Investoren“, erklärt Brinckmann. Im sich nun verändernden Marktumfeld merkt er als Investor „eine Rückbesinnung auf die ursprüngliche Idee – die faire Teilung von Kosten und Chancen“.

P&P-Group-Gründer Peter sieht in Joint Ventures eine Alternative zu Forward Deals – wenn „beide Partner sich ergänzen, sonst entsteht kein strategischer Mehrwert“. Es wäre beispielsweise kein guter Deal, wenn beide Seiten Kapital mitbringen würden, aber keine technische Kompetenz. „Ergänzen müssen sich auch die Unternehmenskulturen, sonst geht die Zusammenarbeit ebenfalls schief.“ Er selbst habe mit Joint Ventures gute Erfahrungen gemacht, etwa durch die Kooperation mit einem Partner, der in einer anderen Region angesiedelt sei als das eigene Unternehmen. Man profitiere von dessen Netzwerk und Produktwissen: „Wenn wir als Ortsunkundige Produkte kaufen wollen, werden wir immer mit höheren Preisen konfrontiert.“ In einem anderen Joint Venture, so Peter, stelle die P&P Group das Kapital, der Partner wiederum arbeite am Produkt und kümmere sich um technische sowie bau- und mietrechtliche Themen. „So entsteht immer ein Mehrwert.“

Auch die Empira Group sieht die Vorteile von Joint Ventures. Enrico Flath, Managing Director des Unternehmens, verwaltet einen Fonds, der gezielt Joint Ventures mit Projektentwicklern abschließt. „Wir bieten Entwicklern im Rahmen unserer Kreditfonds seit 2016 sowohl Mezzanine-Kapital als auch Eigenkapitalbeteiligungen via Joint Ventures.“ Diese Kombination bietet laut Flath den Investoren einerseits eine planbare laufende Rendite und andererseits eine attraktive Wertschöpfungskomponente bei Projektabschluss. Dabei sind nach seinen Angaben die Zielinvestments häufig gemischt genutzte Quartiersentwicklungen mit einem Projektvolumen ab 150 Millionen Euro. „Der Aufwand der umfassenden Due Diligence und das anschließend laufende Monitoring sind erst ab einer kritischen Projektgröße wirtschaftlich sinnvoll“, ergänzt der Fondsmanager, der derzeit eine weiter steigende Nachfrage nach Joint Ventures wahrnimmt.

Benjamin Spieler, Geschäftsführer des Assetmanagers SIM Gruppe, zeigt in diesem Zusammenhang noch einen weiteren Aspekt auf: „Es wird oftmals übersehen, dass die Finanzierungsherausforderungen in der Projektentwicklung in ähnlicher Form auch im Bestand zutreffen.“ Gerade Abseits der Metropolen oder im ländlichen Raum würden Modernisierungsprojekte oder auch Ankäufe immer restriktiver finanziert. „Joint Ventures oder andere unternehmerische Beteiligungen etwa in Form von Mezzanine-Finanzierungen mit Gewinnbeteiligungen, können diese Finanzierungsklemme lösen.“

Enrico Flath und Michael Peter gehen davon aus, dass das Joint-Venture-Geschäft weiter an Bedeutung gewinnen wird. „Teilweise sicher auch in Fällen, wo klassische Bankfinanzierungen oder Forward Fundings nicht mehr zu Konditionen wie noch 2021 möglich sind“, sagt Peter. Investment Manager mit hauseigener Entwicklungskompetenz sind seiner Meinung nach mehr denn je im Vorteil.

Flath sieht es ähnlich: „Vorsicht ist geboten, wenn unerfahrene Investoren ohne hauseigene Expertise in Joint-Venture-Modelle einsteigen wollen. Es braucht eine stringente Due Diligence auf der Grundlage einschlägiger und jahrelanger Erfahrung im Entwicklungsgeschäft.“ Ein professionelles Risikomanagement – gerade in der derzeit unsicheren Marktlage – sei entscheidend. Entsprechend arbeite man bei Empira gerne „mit Entwicklern zusammen, die einen langen und erfolgreichen Track Record vorweisen können und deren Professionalität wir idealerweise schon aus früheren Projekten gut beurteilen können“.

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