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25.11.2022

21:15

Warmmieten

So sinnvoll ist das Konzept aus Schweden für deutsche Wohnungen

Von: Lilian Fiala

Bei Warmmieten sind feste Pauschalen für Strom und Heizung bereits in der Miete enthalten. In Skandinavien ist das Modell schon weitgehend Realität und hat positive Auswirkungen auf die Klimabilanz.

Mieter in Deutschland müssen mit hohen Nachzahlungen für Strom und Wärme rechnen. Beim Warmmietenmodell in Schweden ist das anders geregelt.Quelle: dpa

Heizkörper

Mieter in Deutschland müssen mit hohen Nachzahlungen für Strom und Wärme rechnen. Beim Warmmietenmodell in Schweden ist das anders geregelt.

Quelle: dpa

Der Winter kommt, und mit den kalten Temperaturen drehen Mieter ihre Heizungen hoch. Wer die Pauschalen für Strom und Gas nicht deutlich angehoben hat, muss wegen der extrem gestiegenen Energiepreise und trotz der Ausgleichsmaßnahmen der Bundesregierung mit einer satten Nachzahlung im Frühjahr rechnen. Da hört sich ein Konzept wie das der Schweden wie ein schöner Traum an: Die Miete beinhaltet bereits die Kosten für Strom und Heizung. Doch wie vorteilhaft ist das Warmmietenmodell wirklich? Und wie sinnvoll wäre ein ähnliches System für Mieter und Eigentümer in Deutschland?

In Schweden gibt es das Konzept in zwei Ausführungen: das einfache und das kontrollierte Warmmietensystem. „Bei gesetzlich vorgegebenen einfachen Systemen garantieren Vermieter eine feste Raumtemperatur und stellen die Haustechnik so ein, dass diese Temperatur erreicht werden sollte“, erklärt Leo Reutter, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Kassel. Wenn es in der Wohnung trotz sorgsamen Heizverhaltens kälter bleibt, muss sich der Vermieter kümmern.

„Im zweiten Fall, dem kontrollierten Warmmietensystem, gibt es von der Vermieterin freiwillig installierte Messgeräte, die während der Heizperiode die Temperatur so messen und umrechnen sollen, dass die Zimmertemperatur in der Raummitte auf Hüfthöhe annähernd festgestellt werden kann“, erklärt der Experte. Liegt die tatsächliche Raumtemperatur über dem vereinbarten Wert, müssen die Mieter je Grad Celsius nachzahlen. Liegt die Temperatur darunter, bekommen sie Geld zurück.

„Wichtig ist, dass diese Abrechnung einzig über die Temperatur, nicht über den Energieverbrauch geschieht. Der Energieverbrauch wird in Schweden in den allermeisten Fällen nicht wohnungsspezifisch gemessen“, sagt Reutter.

Hierzulande wäre so ein Modell rein rechtlich derzeit nicht möglich. Denn die EU schreibt vor, dass verbrauchsabhängig abgerechnet werden muss. „Die Schweden berufen sich auf eine noch geltende Ausnahme. Da dort bisher keine Zähler vorhanden sind, wäre ein Umstieg unwirtschaftlich“, erklärt Alexander Wiech, Mitglied der Bundesgeschäftsführung bei Haus und Grund Deutschland. In Deutschland hingegen sind flächendeckend Zähler in den Wohnungen vorhanden.

„Die Ampelkoalition hat daher im Koalitionsvertrag ein Teil-Warmmietenmodell vereinbart. Wie dieses aussehen soll, ist noch nicht klar“, sagt Wiech. Es stehe aber fest, dass es aufgrund der europäischen Vorgaben zumindest eine verbrauchsabhängige Komponente geben muss. Und an der aktuellen Energiepreisentwicklung ist laut Wiech auch zu erkennen, wie problematisch feste Energiepreise sein können. Er nennt ein Beispiel: Energieunternehmen, die bisher entsprechende Angebote mit Festpreisen hatten, können an diesen nicht mehr festhalten, da sie sonst bankrottgehen. „Wenn selbst diese mit solchen Festpreisen nicht wirtschaften können, wie sollen dann private Kleinvermieter eine wirtschaftlich tragfähige Miete bestimmen können?“

Doch das Modell hat auch Vorteile. Die sieht Universitäts-Mitarbeiter Reutter vor allem in der Energieeffizienz: „Im einfachen Warmmietenmodell hat die Mieterin keine direkten finanziellen Anreize, sich sparsam zu verhalten. Allerdings hat die Vermieterin umso mehr Anreize, in Energieeffizienz zu investieren.“

Und in Sachen Klimabilanz stehen die Schweden gut da: 95 Prozent der CO2-Emissionen konnten die Skandinavier zwischen 2000 und 2015 reduzieren. „Das deutet darauf hin, dass ein Warmmietensystem flankiert von hohen CO2-Preisen und gut verfügbarer CO2-neutraler Fernwärme tatsächlich zu deutlich geringeren CO2-Emissionen und Energiekosten pro Wohnung führt“, sagt Reutter.

Doch auch er sieht die Schattenseiten des Konzepts: „Problematisch an dem kontrollierten Temperaturmodell ist, dass die Temperatur nicht nur vom Heizverbrauch abhängt, sondern auch durch Tätigkeiten wie Kochen oder starke Sonneneinstrahlung erhöht wird, was wiederum eher unverschuldet die Kosten für die Mieter steigen lassen kann.“

Das höhere Risiko trägt aber in jedem Fall der Vermieter, gerade wenn die Preise steigen. Andererseits profitieren Eigentümer im Falle von sinkenden Preisen unter das mit dem Mieter vereinbarte Niveau.

Der Vermieterverein hält eine Umsetzung des Warmmietenmodells in Deutschland insbesondere aufgrund der Gesetzgebung allerdings für unrealistisch. Und: Zwar könnte eine Bruttowarmmiete dem Vermieter vorbereitende Arbeiten für die Abrechnung und die Mühe bei der Erstellung selbst ersparen. „Wenn bei dem skandinavischen Modell dennoch der Verbrauch erfasst werden muss, wird letztlich kein großer Unterschied zu unserem Modell mehr gesehen“, heißt es vom Vermieterverein.

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