MenüZurück
Wird geladen.

22.07.2022

06:15

Wohnimmobilien

Das sind die Vor- und Nachteile von Indexmieten

Von: Thorsten Firlus

Experten rechnen damit, dass die Zahl der Verträge mit Indexmieten steigt. Vermieter erhoffen sich dadurch eine bessere Transparenz, vor allem in Städten mit umstrittenen Mietspiegeln.

Indexmietverträge werden häufig in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt abgeschlossen.Quelle: dpa

Hamburg

Indexmietverträge werden häufig in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt abgeschlossen.

Quelle: dpa

Dass die SPD einen vermehrten Einsatz von Indexmieten zum Schutz von Mietern fordert, erstaunt. Aber noch 2018 setzte sich die Partei für das Koppeln der Mieten an die Inflationsrate ein. So sollten über dieses Instrument, das bis zu seiner Einführung im Zuge der Mietrechtsreform im privaten Wohnungsmarkt 2001 ausschließlich Gewerbeimmobilien vorbehalten war, vor allem in Metropolen wie Frankfurt und München die Mieten nicht zu stark steigen.

Die SPD stellte diese Forderung in Zeiten einer niedrigen Inflation und mit einem Mietrecht, das bei bestehenden Verträgen eine Mieterhöhung bis zur Kappungsgrenze von maximal 20 Prozent und in angespannten Wohnungsmärkten von 15 Prozent innerhalb von drei Jahren vorsieht. Bei einer Inflation von mehr als sieben Prozent braucht es bei einem Indexmietvertrag dafür gerade dort nur noch zwei Jahre. Viele Mieter könnten dadurch an ihre finanziellen Grenzen stoßen. Auf der anderen Seite stehen Vermieter, die aufgrund der hohen Inflation mit gestiegenen Kosten kalkulieren müssen.

„Das Instrument schafft Transparenz und verhindert Streitigkeiten, die anfallen, wenn der Mietspiegel als Grundlage herangezogen wird“, nennt Rudolf Stürzer vom Vermieterverband Haus- und Grund in München einen Vorteil von Indexmietverträgen. Die bayerische Hauptstadt gehört zu denen, in denen ein signifikanter Anteil an Mietverträgen sich des Inflationsindex bedient.

Bei Haus- und Grund München sind rund 420.000 Wohneinheiten, etwa 70 Prozent des Bestands, vertreten. Der Anteil von Indexmietverträgen bei Neuabschlüssen lag lange bei 40 Prozent. Stürzer geht davon aus, dass die Zahl nun auf 60 Prozent gestiegen ist. „Es gab in München immer Streitigkeiten über den Mietspiegel und Prozesse, deswegen raten wir schon seit langem unseren Mitgliedern, sich des Indexmietvertrags zu bedienen.“

Exakte landesweite Zahlen über Indexmietverträge in Deutschland liegen allerdings nicht vor. Das hängt vor allem damit zusammen, dass keine Verpflichtung besteht, dies anzugeben. Auch Online-Portale erfassen nicht die Art des abgeschlossenen Mietvertrags. Klar ist lediglich, dass sie in einzelnen Märkten häufiger vertreten sind. Nach Angaben der Verbände sind es meist Städte mit angespanntem Wohnungsmarkt, wie zum Beispiel Hamburg.

Deshalb kennt auch der schwedische Immobilienkonzern Heimstaden die Thematik. Er hat nach dem Kauf von 17.600 Wohneinheiten von Akelius – rund 14.000 davon in Berlin und 3600 in Hamburg – einen hohen Anteil an bestehenden Indexmietverträgen übernommen. Heimstaden „tauscht sich intensiv mit den Mieterinnen und Mietern aus“ und will „rechtzeitig Preissprünge kommunizieren, um böse Überraschungen zu vermeiden“.

In der Hansestadt hat laut dem Mieterverein Hamburg die Zahl der Indexmietverträge in den vergangenen drei Jahren angezogen. „Mittlerweile sind 50 Prozent der Neuverträge mit Ausnahme der kommunalen SAGA und den Genossenschaften indexiert“, sagt Rolf Bosse vom Mieterverein Hamburg. Bosse schätzt die Gesamtzahl auf 70.000 bis 90.000 Indexverträge und durch Mieterwechsel kämen jährlich 12.000 hinzu.

Heimstaden möchte nicht über seine Strategie bezüglich künftiger Mietverträge sprechen. Wohl auch, weil die börsennotierte Vonovia Mitte Juni für Aufsehen sorgte, als Finanzchef Philip Grosse in einem Interview mit der Börsenzeitung ankündigte, die Zahl der Indexmietverträge zu erhöhen.

Die Kritik daran wurde angesichts der aktuellen Inflationsrate laut. Für Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund birgt das Instrument für Mieter Risiken. Offensichtlich sei, dass sie sich bei gleichbleibend steigender Inflation unter Umständen mit massiven Mieterhöhungen auseinandersetzen müssen. Zudem gibt es auch eine indirekte Wirkung der Indexmieten. „Steigen die an, hat das auch Auswirkungen auf den Mietspiegel, was wiederum Mieter betrifft, die einen normalen Mietvertrag haben“, sagt Hartmann. Zudem müssten Mieter damit rechnen, dass zum Beispiel auch eine energetische Sanierung als Anlass für eine Mieterhöhung herangezogen werden kann.

Inka-Marie Storm vom Bundesverband von Haus und Grund hält das Thema hingegen für nicht so heiß, wie es gekocht wird. „Das ist ein gefühltes Thema“, sagt Storm und verweist auf die trotz Ausnahmen immer noch geringe Verbreitung von Indexmietverträgen.

Rudolf Stürzer, der in München viel Erfahrung gesammelt hat, sieht beides – Transparenz, aber auch das Risiko, dass Mieter bei maximal ausgeschöpften Erhöhungen an die Grenze des finanziell Leistbaren kommen. Eventuell regelmäßige Mieterwechsel als Folge seien aber nicht immer im Interesse von Vermietern, die „die möglichen Erhöhungen ja nicht einfordern müssen“. Seit des massiven Anstiegs der Inflation hat Stürzer auch die Empfehlungen für Vermieter in seinem Verein ergänzt. „Wir raten unseren Mitgliedern zu Kappungsgrenzen, die den Index als Instrument beinhalten, dem Mieter aber die Sicherheit über die maximale Höhe geben.“

Mit dieser Forderung befindet sich Stürzer in bester Gesellschaft nicht nur des Mieterbundes. Auch Bundesbauministerin Klara Geywitz von der SPD brachte sie ins Spiel.

Direkt vom Startbildschirm zu Handelsblatt.com

Auf tippen, dann auf „Zum Home-Bildschirm“ hinzufügen.

Auf tippen, dann „Zum Startbildschirm“ hinzufügen.

×