Neue technische Möglichkeiten machen aus dem alten Handwerk eine hochmoderne Industrie. Davon profitieren nicht nur Bauherren, es werden auch spannende Jobs entstehen, erklärt Xella-Chef Fabritius.
Jochen Fabritius
Der Vorsitzende der Geschäftsführung beim Baustoffhersteller Xella besuchte das Norbert-Gymnasium im rheinischen Knechtsteden und stellte sich den Fragen der Schüler aus dem Sozialwissenschaftskurs der 11. Klasse.
Bild: Frank Beer für Handelsblatt
Unsere Branche war lange sehr traditionell geprägt und wenig digital. Man baute wie vor hunderten von Jahren. An vielen Materialien und Arbeitsweisen hat sich wenig geändert. Aber zurzeit ist eine wahre Revolution im Gange. Und in zehn, 20 Jahren wird man die Baubranche kaum wiedererkennen. Weil man durch die Digitalisierung zum Beispiel Bauprozesse ganz anders gestalten kann.
Altes Handwerk und traditionelle Materialien bekommen durch moderne Technik ganz neue Möglichkeiten. Und auch für Arbeitnehmer macht das die Branche deutlich interessanter.
Wenn früher auf einer Baustelle etwas schief lief, hieß es: Vorschlaghammer raus und die Wand wieder einreißen. Heute bauen wir mit dem Computer das Gebäude digital vor. Erst wenn dort alles passgenau sitzt und der Bau fehlerfrei simuliert wird, füttern wir die Daten in unsere Produktion, fertigen die Teile individuell an und liefern just in time auf die Baustelle. Durch die Digitalisierung des gesamten Bauprozesses werden Zeit und Kosten gespart und die Fehlerquote deutlich reduziert.
Daher ist Digitalisierung für uns kein Feigenblatt. Wir beschäftigen mittlerweile junge Mitarbeiter aus der Start-up-Szene, die uns helfen, digitale Anwendungen zu entwickeln und an den Kundenanforderungen auszurichten. Erst vor kurzem haben wir zum Beispiel in Polen eine App für private Bauherren online gestellt. Ein Einfamilienhaus baut man schließlich nur einmal im Leben. Über die App begleiten wir die Menschen durch diesen Prozess und bieten Unterstützung an.
Wir produzieren tatsächlich relativ simple Produkte. Und schaffen es, sie mit einer Gewinnmarge von über 20 Prozent zu verkaufen. Wenn das nicht spannend ist. Aber im Ernst: Es geht nicht allein darum, möglichst effektiv Steine herzustellen und zu verkaufen. Ein Beispiel: Eine schwedische Bank suchte einen Baustoffzulieferer für ihre neue Zentrale mitten in der Stockholmer Innenstadt. Eine undankbare Lage für ein großes Bauprojekt. Wir haben den Zuschlag erhalten, weil unsere Innenwände dünner sind als die anderer Hersteller. So brauchen wir statt 70.000 Lkw nur 50.000. In unserem Job geht es also vielmehr darum, die Probleme von Kunden zu erkennen und möglichst gut zu lösen.
Ich würde mir wünschen, dass das Thema Nachhaltigkeit beim Bauen noch deutlich mehr an Bedeutung gewinnt. Nicht zuletzt, weil ich mir davon Vorteile für unsere Produkte verspreche. Den Verschnitt unserer Ytong- oder Silka-Steine, der auf der Baustelle entsteht, sammeln wir zum Beispiel wieder ein, mahlen ihn und lassen ihn als Rohstoff wieder voll in die Herstellung neuer Baustoffe einfließen. Das geht auch mit rückgebauten Häusern aus unseren Baustoffen. Damit sind unsere Produkte vollständig recycelbar, und wir können in der Zukunft eine komplette Kreislaufwirtschaft etablieren. Insofern finde ich das Thema Nachhaltigkeit auch aus Unternehmenssicht wichtig und hochspannend.
Steigende Zinsen würden dem Bauboom tatsächlich nicht gut bekommen. Dann hätten wir es als Baustoffhersteller sicher schwerer. Aber ich glaube nicht, dass ein Anstieg bevorsteht. Auch aufgrund der hohen Verschuldung des Staates hat dieser kein Interesse an Zinssätzen, wie sie in den 1980er und 1990er Jahren vorherrschten. Das kann aber natürlich alles passieren. Wenn so etwas passiert, wüssten wir, wie wir reagieren müssten.
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