Versicherungen waren in der öffentlichen Wahrnehmung eher nicht der Inbegriff von technischem Fortschritt. „Das könnte sich jetzt rasant ändern“, erklärt Generali-Vorstand Sommer.
Dr. Rainer Sommer
Das Vorstandsmitglied der Generali ist für IT und das operative Geschäft zuständig und besuchte die Nymphenburger Schulen in München. Er stellte sich den Fragen der Wirtschaft- und Recht-Schüler aus der 11. Klasse.
Die Versicherungswelt steht gewissermaßen am Scheideweg: Der Fokus in der Vergangenheit lag nicht unbedingt auf der Optimierung von Organisation und Prozessen. Ehrlich gesagt, lagen wir hier hinter Banken und fertigender Industrie zurück. Alles wirkte irgendwie „angestaubt“. Aber durch die digitalen Techniken eröffnen sich uns nun große Möglichkeiten.
Wenn wir es geschickt anstellen, können wir Jahrzehnte aufholen und die Industrie sogar deutlich überholen. Weil wir kein physisches Produkt haben. Eine Hose oder ein Auto rein digital darzustellen, ergibt nicht viel Sinn. Aber mit Versicherungen geht das gut. Wir können jetzt einen großen Sprung in die digitale Welt machen. Ein superspannendes Thema, wie ich finde. Zumal sich durch die Digitalisierung auch das Verständnis von Versicherung komplett verändern kann.
Traditionell sah das Konzept einer Versicherung doch so aus: Etwas passiert – jemand stirbt, wird krank oder etwas geht kaputt – und der Kunde bekam Geld von der Versicherung. Im neuen Verständnis von Versicherungen geht es schon jetzt nicht mehr vorrangig ums Geld, sondern eher um Sachleistungen. Wenn ein Kunde zum Beispiel mit dem Auto liegen bleibt, bringt ihn Geld erstmal keinen Meter weiter.
Stattdessen braucht er akut eine Reparatur oder einen Ersatzwagen. Um all das können wir uns – aus der Ferne alarmiert – für ihn kümmern. Das nächste Thema ist dann das der Prävention. Wir können Hilfestellung leisten, dass Leistungsfälle gar nicht erst entstehen oder kleiner ausfallen. Das Internet der Dinge macht es möglich.
Ein Wasserzähler kann zum Beispiel per App Alarm schlagen, wenn urplötzlich 5.000 Liter durchrauschen und ein Wasserrohrbruch naheliegt. Ein simpler Wärmemelder im Haus kann ungewöhnliche Bewegungen zu unüblichen Zeiten registrieren und per App abklären, ob es ein geplanter Besuch oder ein Einbrecher ist. Diese technischen Möglichkeiten nutzen wir bei der Generali: Unsere Smart-Insurance-Tarife arbeiten schon heute dank des Internets der Dinge mit Vorbeugen und Vorsorgen.
Das ist ein tatsächlich komplexes Thema. Zurzeit werden wir von einer Regulierungswelle mitgerissen, die eigentlich auf Facebook & Co. abzielt und nicht immer kundenfreundlich ist. Ein Beispiel: Wenn ihr einen Handyvertrag abschließen wollt, könnt ihr euch per App ausweisen. Es gibt dafür mittlerweile ausgeklügelte Verfahren.
Finanzkunden müssen sich aber nach wie vor an einem Postschalter anstellen, um sich per Postident-Verfahren auszuweisen. Das ist doch – vereinfacht gesagt – vorsintflutlich. Unsere Kunden würden auch gerne vieles mit uns per Email regeln. Das ist uns aber nur in einem Drittel der Geschäftsvorfälle erlaubt.
Das Gros dürfen wir nur per Post abwickeln. Erzählen Sie das mal einem Digital Native. Kurz gesagt: Unsere Gesetze halten momentan nicht mit der technologischen Entwicklung mit.
Tatsächlich sind zuletzt viele Fintechs wie etwa Friendsurance, Check24 oder Anbieter rund um elektronische Geldbörsen entstanden. So manche sind aber auch schon wieder eingegangen. Sie alle zielen eher auf die Schnittstellen zum Kunden ab und sind keine Versicherer an sich. Insofern müssen wir uns zwar mit ihnen beschäftigen, sie fischen aber nicht unmittelbar in unseren Gewässern.
Zurzeit ganz mies. Leider. Mein Führungsteam zählt 20 Mitarbeiter. Darunter sind momentan nur zwei Frauen. Das hat sich durch Personalwechsel so ergeben. Ich hätte gerne wieder viel, viel mehr Frauen im Team. Denn: Zum einen sind sie meist die behutsameren Arbeiterinnen. Männer machen vieles einfach mal im Hauruck-Verfahren.
Zum anderen geht in gemischten Gruppen das Testosteron nicht so schnell durch die Decke. Das würde ich gerne stärker nutzen.
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