Stephan Seifert ist Vorstandsvorsitzender der Körber AG. Er reiste aus Hamburg ins Rheinland zum Mataré-Gymnasium – Europaschule Meerbusch und tauschte sich mit angehenden Abiturienten aus dem Leistungskurs Sozialwissenschaften aus.
„Chef zu gewinnen“
Stephan Seifert (M.) reiste zum Mataré-Gymnasium – Europaschule Meerbusch. Dort tauschte er sich mit angehenden Abiturienten aus dem Leistungskurs Sozialwissenschaften aus.
Bild: Uta Wagner
Die Handelsblatt-Aktion „Chef zu gewinnen“ bringt jedes Jahr Topmanager in deutsche Schulen, wo sie sich den Fragen der angehenden Abiturienten rund um Berufs- und Karrierechancen stellen, aber auch ihre ganz persönlichen Erfolgstipps verraten.
Der Chef-Besuch in der Schule ist aber längst nicht alles: Bei einem Gegenbesuch auf der Chefetage erfahren die Oberstufenschüler, wie der Alltag „ihres“ Managers aussieht, wie in seinem Unternehmen gearbeitet wird – und ob es vielleicht sogar ein künftiger Arbeitsplatz für sie selbst sein könnte.
Die „Chef zu gewinnen“-Aktion ist ein fester Bestandteil der Initiative „Handelsblatt macht Schule“, mit der die Tageszeitung Wirtschafts- und Managementthemen stärker im Unterricht deutscher Schulen verankern möchte. Mehrere Dutzend Topmanager haben auf diese Weise schon ihre Erfahrungen mit Tausenden von Schülern geteilt.
Lust mitzumachen und einen Chef zu gewinnen? Hier geht es zu den Teilnahmebedingungen.
Herr Seifert, wer hat Sie auf Ihrem Karriereweg unterstützt?
Der Einfluss meiner Familie bestand vor allem darin, mich einfach machen zu lassen. Mit dem vollen Vertrauen: „Du machst das schon!“ Im beruflichen Umfeld muss man das Glück haben, auf Leute zu treffen, die bestimmte Fähigkeiten in einem sehen. Und man sollte sich selbst Menschen suchen, die irgendwo besonders gut sind: Man kann sich immer etwas von Anderen abgucken! Ihr kennt das zum Beispiel aus dem Sport.
Hatten oder haben Sie Mentoren?
In den ersten Berufsjahren habe ich an verschiedenen Entwicklungsprogrammen teilgenommen. Je weiter man beruflich kommt, desto mehr geht es um die eigene Persönlichkeit. Deshalb finde ich es wichtig, immer wieder einen Coach zu haben. Körber wächst zurzeit stark in Asien. Seit Anfang des Jahres habe ich daher einen Coach in Singapur, mit dem ich zwei Stunden im Monat spreche. Von Anderen zu lernen ist kein Zeichen von Schwäche, nach dem Motto „Ich kann etwas nicht richtig“. Im Gegenteil!
Worauf achten Sie bei Bewerbungen?
Das wichtigste Kriterium bleibt der Weg, den jemand bis dahin gegangen ist, wie der Schulabschluss und weitere Ausbildungen. Grundsätzlich: Was ihr macht, muss euch liegen. Also vertieft es. Das Abitur ist kein Abschluss, sondern ein Einstieg. Wer sich zum Beispiel dafür interessiert, ins Ausland zu gehen, kann nach dem Abitur beispielsweise auch mal ein halbes Jahr ins Ausland gehen und „work and travel“ machen. So festigt sich eure Identität, und das verleiht euch auch bei einer Bewerbung Authentizität.
Ihr persönlicher Karriere-Tipp?
Macht nichts, wofür ihr nicht brennt! Wenn ihr Spaß an einer Sache habt, dann werdet ihr gut. Bei mir zum Beispiel zieht sich das Interesse für Maschinen, Anlagen und Prozesse wie ein roter Faden durch den Lebenslauf.
Nach dem Abitur habe ich erst mal eine Ausbildung gemacht, weil ich nicht richtig wusste, was ich studieren wollte. Im Rückblick war diese Ausbildung eine der wichtigsten Stationen: Ich zehre bis heute von der Erfahrung, wie die verschiedenen Abteilungen in einem Industrieunternehmen zusammenarbeiten.
Ganz wichtig ist es auch, Offenheit zu entwickeln und zu zeigen. Körber zum Beispiel hat rund 10.000 Mitarbeiter in 70 Ländern.
Was bedeutet für Sie gute Mitarbeiterführung?
Das Wichtigste ist zu wissen, dass man alles allein gar nicht hinkriegt. Meine Überzeugung lautet: „Make it her or his idea“. Soll heißen, das Ziel, wo Körber hin will – ich nenne das unseren Nordstern – muss ich immer vor Augen haben. Den Weg dorthin gestalten unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Auf unserer Homepage steht „Home for entrepreneurs“, also „Heimat für Unternehmer“. Charakteristisch für uns sind die Zukäufe anderer inhabergeführter Unternehmen, die zu unseren strategischen Plänen und Wachstumsambitionen passen. Und wir pflegen eine Gründer-Kultur innerhalb des Unternehmens. Das heißt, die Leute eigenverantwortlich machen zu lassen.
Am Ende des Tages gilt auch für Führungskräfte: Behandelt Andere so, wie ihr selbst behandelt werden wollt, respektvoll, offen und fair. Für Konfliktgespräche habe ich mir zur Regel gemacht: Gehe in jedes Konfliktgespräch mit drei Lösungen, die für dich akzeptabel sind.
Was ist die größte Herausforderung in Ihrem Job?
50 Prozent meines Wochenplans ändern sich am Montagmorgen. Da wäre es leicht, die Orientierung zu verlieren. Deshalb halte ich bewusst drei, vier Stunden in der Woche inne, um zu reflektieren: Wo wollen wir hin, wo stehen wir? Denn wenn Körber zum Beispiel in einem Bereich wachsen will, in dem wir erweiterte oder neue Produktionskapazitäten benötigen, planen wir schon heute eine Produktion, die in drei Jahren und darüber hinaus neuesten Standards und Anforderungen entspricht.
Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus, und wie entspannen Sie?
Mein Arbeitstag beginnt um 7.30 Uhr mit den ersten Telefonaten im Auto und endet zwischen 19.30 und 20 Uhr. An einem Abend in der Woche versuche ich, ab 18 Uhr frei zu machen und etwas mit der Familie zu unternehmen. Dabei sind drei Stunden Segeln auf Alster oder Elbe für mich beispielsweise wie ein kleiner Urlaub. Auch unser Hund ist für mich ein Stressabbauer.
Vor Corona war ich rund die Hälfte des Monats bei Kunden, auf Messen oder Industrieveranstaltungen weltweit, um zu sehen, wie sich der Markt entwickelt, welche Themen unsere Kunden umtreiben und wie sich unsere Wettbewerber aufstellen.
Ein Fixpunkt ist der permanente Austausch mit meinen vier Vorstandskollegen. Wir haben zwei bis drei feste Termine im Monat, an denen wir zusammen kommen. Sei es physisch oder über Teams.
Wie ernst ist Körber das Thema Nachhaltigkeit?
Einer unserer Nachhaltigkeits-Manager hat gerade sein 15-jähriges Jubiläum gefeiert. Unsere Anlagen möglichst ressourcenschonend zu betreiben und umweltfreundlich zu produzieren gehört zu unserem Selbstverständnis, unabhängig davon, was das Gesetz sagt. Das geht auf unseren Gründer zurück, der Unternehmer und Stiftungsgründer war und seine Rolle in der Gesellschaft sehr umfassend und verantwortungsvoll betrachtete. Das gilt für uns weiterhin. Nicht zuletzt versteht auch die Körber-Stiftung, unsere Eigentümerin, ihre Kernaufgabe darin, die Gesellschaft besser zu machen.
Mehr: Aktion „Chef zu gewinnen“ – hier finden Sie die Topmanager und Topmanagerinnen im Porträt.
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