Ein einstiger Leistungsträger wird zum Kundenschreck. Wie kann der Chef das Problem ansprechen und lösen? Antworten einer Konfliktexpertin.
Handelsblatt Karrierecoach
In dieser Rubrik können Leserinnen und Leser Ihre Fragen zu Job und Karriere stellen – die Antwort hat diesmal Coach Kirstin Nickelsen geliefert.
Vor der Pandemie zählte der Kundendienst-Manager eines Lebensmittelherstellers zu den Leistungsträgern seiner Abteilung. Im Homeoffice wandelte sich dieses Bild jedoch.
Obwohl der Mitarbeiter immer wieder behauptete, seine Aufgaben – mit zwei Grundschulkindern und einer Frau, die Vollzeit im Pflegedienst arbeitet – unter Kontrolle zu haben, blieben Dinge liegen. Bestellungen kamen falsch oder zu spät an, mehrere Kunden beschwerten sich beim Vertrieb.
Die Führungskraft versuchte das Problem empathisch mit dem Kundendienst-Mitarbeiter anzusprechen und bot Hilfe an. Doch der Mitarbeiter blockierte und behauptete weiter, dass alles in Ordnung sei.
Wie schafft es der Vorgesetzte, das Problem so anzusprechen, damit sich etwas ändert? Kirstin Nickelsen, Wirtschaftsmediatorin und Konfliktcoach in Hamburg, weiß Rat.
„Konflikte haben im Jahr 2020 zwei zusätzliche Komponenten bekommen. Erstens das Homeoffice und zweitens die damit einhergehende räumliche Distanz. Wer sich davon nicht ablenken oder blenden lässt, hat schon viel gewonnen.
Die beschriebene Situation ist alles andere als leicht. Aus einem Leistungsträger wird ein Mitarbeiter, der nicht vollumfänglich die gewohnte Leistung bringt. Verwundern tut das nicht, wenn man die Umstände bedenkt. Die Führungskraft scheint das bereits verstanden zu haben, was gut ist. Mein Tipp: Nehmen Sie dieses Verständnis als Basis für den weiteren Lösungsweg.“ Und der könnte so aussehen:
„Vergegenwärtigen Sie sich, dass es als Führungskraft Ihre Aufgabe ist, bei einem ungelösten Konflikt am Ball zu bleiben. Das geht auch mit Empathie. Der oder die Vorgesetze tut also gut daran, sich klarzumachen: ,Ja, ich habe Verständnis, und trotzdem gibt es hier ein Problem.‘
Zu dieser Klarheit gehört ebenso, dass die Führungskraft für sich umreißt, gegen welche ihrer Werte der Mitarbeiter verstößt – und das genau so beim Mitarbeiter formuliert. Zum Beispiel so: ,Ich ärgere mich, weil mir Zuverlässigkeit wichtig ist und die aktuelle Situation dem Unternehmen schadet.‘ Das gibt beiden Seiten Klarheit.“
„Oft ist der aktuell auftretende Konflikt aber auch nur stellvertretend für ein anderes, tiefer liegendes Problem. Stand die Beziehung schon vorher auf wackeligen Beinen? Beantworten Sie diese Frage für sich – und wenn Sie wirklich sichergehen wollen, dann stellen Sie sie auch dem Mitarbeiter. Nur so haben Sie die Möglichkeit, Probleme zu besprechen.“
„Lassen Sie sich bei alldem nicht von der Tatsache irritieren, dass alles virtuell stattfindet. Sie haben vermutlich mittlerweile Übung darin, per Zoom, Teams und Co. Nähe herzustellen, Gespräche zu führen und Ihren Mitarbeitenden zu signalisieren, dass Sie neben ihnen stehen. Tun Sie doch, oder? Nicht hinter oder vor, sondern wirklich neben ihnen.
Das bedeutet, dass Sie nicht betüddeln, bevormunden oder vorgefertigte Lösungen präsentieren. Viele Führungskräfte versuchen solche vermeintlichen Abkürzungen zu nehmen, wenn sie ein Problem sehen und stülpen so dem Mitarbeiter die eigenen Vorschläge über. Und was macht der? In diesem Fall sich weigern, das Problem zu erkennen, geschweige denn, den vorgeschlagenen Lösungsweg zu gehen.“
„Wenn Sie innere Klarheit erlangt haben, können Sie die nächsten Schritte gehen und Ihre Haltung klar und selbstverständlich kommunizieren, völlig unabhängig davon, wo die Schreibtische stehen. Deshalb noch einmal zusammengefasst:
Und bedenken Sie dabei: Ihr Mitarbeiter weiß meistens am besten, wie eine gute Lösung für ihn aussieht. Wenn nicht, erarbeiten sie diese gemeinsam. Viel Erfolg für das Gespräch!“
Dann schicken Sie uns Ihre Frage zu Job, Gehalt und Karriere an [email protected] – einer unserer renommierten Experten wird sich Ihres Falles annehmen.
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