Ein Angestellter verlangt von seinem Unternehmen ein Zwischenzeugnis. Doch die Personalabteilung weigert sich. Arbeitsrechtler Jan Schiller weiß Rat.
Zwischenzeugnis
Arbeitnehmer haben nach der Rechtsprechung nur einen Anspruch darauf, wenn sie einen triftigen Grund vorweisen können.
Bild: Scott Graham/Unsplash
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Lutz H. ist schon seit 30 Jahren beim selben Unternehmen und hat für verschiedene Abteilungen und Kostenstellen gearbeitet. Er verlangt von seinem Chef ein Zwischenzeugnis, hat allerdings nur eine Bescheinigung bekommen, die den Inhalt seiner Stelle beschreibt. Weil H. in die anderen Abteilungen nur ausgeliehen wurde, könnten diese Leistungen nicht in die Bewertung miteinbezogen werden, heißt es von der Personalabteilung, berichtet H.
Er mutmaßt, dass sein Chef ihm die Chancen bei künftigen Bewerbungen durch das Nichtausstellen des Zwischenzeugnisses verderben will. H. will wissen: „Ist mein Chef dazu verpflichtet, auch die Leistungen von anderen Abteilungen zu bewerten, selbst wenn ich dort nur ausgeliehen war? Und wie kann ich das gegenüber meinem Arbeitgeber durchsetzen oder ihn davon überzeugen?“
Grundsätzlich gilt: Jeder Arbeitnehmer hat mit dem Ende seines Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf Erteilung eines Endzeugnisses. Das ist in § 109 der Gewerbeordnung (GewO) geregelt.
Beim Zwischenzeugnis ist das anders, ein Anspruch ist in diesem Fall nicht gesetzlich geregelt. Arbeitnehmer haben nach der Rechtsprechung nur dann einen Anspruch darauf, wenn sie einen triftigen Grund vorweisen können oder der Anspruch beispielsweise in einem anwendbaren Tarifvertrag geregelt ist.
Wenn Letzteres in Ihrem Fall nicht zutrifft, müssen Sie also einen triftigen Grund haben, um von Ihrem Arbeitgeber ein Zwischenzeugnis verlangen zu können. Ein triftiger Grund liegt zum Beispiel vor, wenn sich der Arbeitnehmer auf eine neue Stelle bewerben will, es für einen Kreditantrag benötigt oder sich das betriebliche Umfeld verändert, etwa durch eine Versetzung oder die Übernahme des Unternehmens durch ein anderes.
Einen solchen Grund haben Sie in Ihrer Frage zwar nicht explizit genannt; ich meine aber, dass Ihr Arbeitgeber bei der langen Betriebszugehörigkeit die Erteilung eines Zwischenzeugnisses wohl nicht ablehnen kann.
Karrierecoach Jan Schiller
Jan Schiller ist Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Michels PMKS in Düsseldorf.
Bild: michels.pmks Rechtsanwälte Partnerschaft mbB
Sie haben einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber alle von Ihnen im Laufe des Arbeitsverhältnisses ausgeführten Tätigkeiten in dem Zeugnis chronologisch aufführt. Ob darüber hinaus Angaben zu Ihrer Leistung und Ihrem Verhalten in das Zeugnis aufgenommen werden sollen, können Sie frei entscheiden.
In § 109 GewO ist geregelt, welchen Inhalt ein Endzeugnis haben muss, diese Grundsätze gelten auch für Zwischenzeugnisse. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen einem „einfachen“ und einem „qualifizierten“ Zeugnis.
Der Arbeitnehmer kann wählen, ob er ein einfaches oder ein qualifiziertes Zeugnis erhalten möchte.
Das Zeugnis – egal, ob einfach oder qualifiziert – muss natürlich der Wahrheit entsprechen und das gesamte Arbeitsverhältnis erfassen. Zwar muss der Arbeitgeber nicht sämtliche Einzelheiten auflisten. Aber: Diese mit dem Verweis auf eine möglicherweise formell nicht ordentlich umgesetzte Versetzung auszulassen ist nicht rechtens. Erst recht irrelevant ist für die Frage, was in das Zeugnis aufzunehmen ist, wie eine Tätigkeit intern über Kostenstellen verrechnet wurde.
Verlangt der Arbeitnehmer ein qualifiziertes Zeugnis, müssen die Angaben zu Leistung und Verhalten wohlwollend formuliert werden, was aber nicht bedeutet, dass der Arbeitgeber die Unwahrheit schreiben darf.
Sie haben grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass das Endzeugnis inhaltlich dem Zwischenzeugnis entspricht. Allerdings muss Ihr Chef, wenn er von einem Zwischenzeugnis zu Ihren Ungunsten abweichen will, beweisen, warum er Ihnen ein schlechteres Endzeugnis ausstellen will.
Umgekehrt müssen aber auch Sie beweisen, warum Sie ein besseres Endzeugnis als ein erteiltes Zwischenzeugnis erhalten möchten. Das ist natürlich umso schwieriger, je kürzer die Zeit zwischen dem Zwischen- und dem Endzeugnis ist.
Ich würde Ihnen zunächst empfehlen, das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber zu suchen, und ihn auf seine Pflicht hinweisen, Ihnen ein ordentliches und qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen, das alle Stationen im Verlauf Ihrer Beschäftigung aufführt, soweit das zumindest über die lange Zeit Ihrer Betriebszugehörigkeit noch möglich ist.
Sollte Ihr Arbeitgeber dem nicht nachkommen oder das Zeugnis erheblich anders ausfallen, als Sie es erwarten, können Sie Ihr Unternehmen auf Zeugnisberichtigung verklagen. Ob Sie allerdings hierüber einen Rechtsstreit führen sollten, hängt von vielen Faktoren ab und sollte gut überlegt werden.
Denn am Ende ist ja auch ein Arbeitsverhältnis eine Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die man durch einen Rechtsstreit natürlich belasten kann. Dazu würde ich nur raten, wenn es wirklich nicht mehr anders geht.
Jan Peter Schiller ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und als Partner der Sozietät Michels PMKS vom Standort Düsseldorf aus tätig. Er berät seine Mandanten auch bei der Transformation in die digitale Arbeitswelt.
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