Angela De Giacomo verwaltet die Beteiligungen der indischen Unternehmerfamilie Bissell. Doch auch die Gründerszene in Berlin liegt ihr am Herzen.
Angela De Giacomo
Für die Gründerin stand früh fest, dass ihr beruflicher Weg irgendwann in Indien münden würde.
Bild: Markus Rack
Berlin Eine Frau mit einem breiten Lächeln und aufgeweckten Augen, die hinter ihrer Brille kaum zu übersehen sind: Angela De Giacomo. Die 38-Jährige stellt sich zwar eigenen Angaben zufolge nicht gerne in den Mittelpunkt eines Geschehens. Aber sie hat offenbar großes Talent fürs Netzwerken. Das hat sie im Mai auf dem ersten Wundernova Sommer- und Thinkfest in Berlin unter Beweis gestellt.
Unter den geladenen Gästen waren unter anderem Deutschlands First Lady Elke Büdenbender, die ehemalige Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries und die französische Botschafterin Anne-Marie Descôtes.
„Wenn die richtigen Menschen zur richtigen Zeit zusammenkommen, dann passieren oft großartige Dinge“, ist De Giacomo überzeugt.
Diese Erfahrung habe sie oft genug gemacht: in der Start-up-Szene, bei großen Deals oder persönlich – meistens in Indien, aber auch in all den anderen Ländern, in denen sie schon privat oder beruflich war. Denn die gebürtige Stuttgarterin ist seit 2012 bei der indischen Multimillionärsfamilie Bissell als Vermögensverwalterin angestellt.
Für De Giacomo stand früh fest, dass ihr beruflicher Weg irgendwann in Indien münden würde. Auch wenn sie vor ihrem aktuellen Job lange Zeit bei der Unternehmensberatung KPMG angestellt war. „Sie unterscheidet sich von Konkurrenten durch den Blick über den deutschen Tellerrand hinaus“, sagt De Giacomos damaliger Chef bei der KPMG, Christian Jänisch, und bezieht sich auf ihre italienischen Wurzeln.
Ihre Weltoffenheit habe sie von ihren Eltern, die das Risiko eingingen, ohne Sprachkenntnisse nach Deutschland auszuwandern, sagt De Giacomo. Das habe sie sehr geprägt.
So durfte sie bereits als Teenagerin über die Sommerferien den asiatischen Subkontinent erkunden. Um sich das Land noch genauer anzusehen, folgte ein Gap-Jahr in Indien, bevor sie ihr BWL-Studium an der dualen Hochschule in Stuttgart mit Schwerpunkt Steuerrecht und -prüfung begann. „Ich habe schon damals gemerkt, wie viel Potenzial Indien hat“, erinnert sie sich.
Tatsächlich hat Indien auf der Liste der größten Volkswirtschaften 2018 – gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) – Rang sieben belegt. Damit ist Indien, neben China und Japan, das dritte asiatische Land in der Top 10. Laut einer Prognose des Internationalen Währungsfonds wird sich Indiens BIP zwischen 2019 und 2024 sogar so weit verbessern, dass das Land auf Platz fünf vorrücken soll. In der Textilbranche rangiert Indien auf Platz zwei hinter China.
Auch Familie Bissell hat ein Textilunternehmen: Fabindia, spezialisiert auf die indische Traditionskleidung Sari und auf Schals. Gegründet wurde das Familienunternehmen im Jahr 1960 vom US-Amerikaner John Bissell, der eine Inderin heiratete. William Bissell führt das Unternehmen seines Vaters in zweiter Generation im Headoffice in Neu-Delhi.
De Giacomo hat ihr Büro direkt neben dem von Bissell. Neben ihr arbeiten noch viele andere Frauen im Unternehmen. „Fabindia ist in Sachen Frauenförderung sehr fortschrittlich“, sagt sie. Da Indien sehr hierarchisch strukturiert sei, spiele ihr Geschlecht oder ihre Herkunft bei ihren geschäftlichen Treffen keine große Rolle – „zumindest solange klar ist, wer den Chefposten bekleidet“, ergänzt sie.
Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht. Denn in den ersten zwei Jahren empfand De Giacomo ihre Arbeitsstelle als „absolute Kampfzone“. „Aber wer die Erwartungen des Chefs erfüllt, der hat große Freiräume auf der Arbeit“, sagt sie. Was passiert, wenn ein Mitarbeiter nicht abliefert, bleibt offen. Zu De Giacomos Aufgaben gehört auch, dass sie Unternehmen und Start-ups untersucht, in die William Bissell investieren kann.
Es komme schon einmal vor, dass ihr Chef sich in letzter Sekunde gegen ein Investment entscheide. So auch beim indischen Start-up „PlanetSuperHeroes“, das Merchandise-Produkte von Comic-Helden vertreibt. „Herr Bissell entschied sich 2015 sehr kurzfristig gegen unser Unternehmen“, erinnert sich Jaineel Aga, Gründer von PlanetSuperHeroes. „Aber Frau De Giacomo tat ihr Bestes, um uns mit anderen Investoren zusammenzubringen.“ Noch immer tauschten sich Aga und De Giacomo über Finanzierungsmöglichkeiten von Start-ups aus.
Im Bundesverband „Deutsche Startups“ engagiert sich De Giacomo ehrenamtlich für das „German-Indian-Startup-Exchange Program” (GINSEP). So ist sie auch in der deutschen Gründerszene kein unbekannter Name. Darüber hinaus hat die 38-Jährige eine Onlineplattform namens Wundernova gegründet, die wie eine Art Mini-LinkedIn funktioniert.
Die etwa 170 Mitglieder, bestehend aus deutschen und indischen Gründern, Politikern und Verbänden, nutzen die Plattform zum Austausch. Immer, wenn sie Zeit habe, organisiere sie auch offline Veranstaltungen, bei denen die Mitglieder aufeinandertreffen könnten. „Es ist nicht unerheblich, mich zu kennen, um der Plattform beizutreten“, scherzt De Giacomo.
Die globale Vernetzerin verpasst keine Chance, ihr Umfeld um weitere Kontakte zu erweitern. Diese Eigenschaft hat sie bisher weit gebracht. Ihre Wahlheimat ist zwar Berlin, aber De Giacomo verbringt mindestens die Hälfte des Jahres getrennt von ihrem Ehemann in Indien, Singapur und den USA.
„Natürlich würde ich lügen, wenn ich sage: Ich habe mir noch nie Gedanken über ein eigenes Unternehmen gemacht“, gibt sie offen zu, „ich schließe nichts aus, sonst hätte ich nie meinen Traumjob bekommen.“ Ob De Giacomo selbst zur Gründerin wird, bleibt abzuwarten. Genügend Kontakte sind ihr aber in jedem Fall sicher.
Mehr: Der Bund will Innovationen stärker fördern und künftig auch nicht-technische Geschäftsmodelle finanzieren. Die Förderung könnte vor allem Gründerinnen zugutekommen.
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