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17.02.2023

14:50

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater dpa Picture-Alliance / zerocreatives

Wirtschaftsprüfer

Die Aufgaben eines Wirtschaftsprüfers sind vielfältig.

Wirtschaftsprüfer

Das sind die wichtigsten Aufgaben in der Wirtschaftsprüfung

Von: Janine Liedke

Was genau machen die Wirtschaftsprüfer bei PwC, KPMG und Co., und wie sind die Gehaltsaussichten? Alle Fakten im Überblick.

Düsseldorf Seit dem Wirecard-Skandal nehmen Regierungen und Behörden die Branche der Wirtschaftsprüfer weltweit verstärkt unter die Lupe. So sollen die Investoren das Vertrauen in Bilanztestate zurückgewinnen. In Deutschland gibt es rund 14.600 Wirtschaftsprüfer (Stand: Januar 2023). Aber was ist eigentlich die Aufgabe der Wirtschaftsprüfung, wann ist ein Unternehmen prüfungspflichtig, und wie wird man Wirtschaftsprüfer? Die Antworten auf diese Fragen finden Sie hier.

Was macht ein Wirtschaftsprüfer?

Das Tätigkeitsfeld von Wirtschaftsprüfern definiert die Wirtschaftsprüferordnung (WPO). Es umfasst neben der Prüfungstätigkeit auch die Steuerberatung, Unternehmensberatung und die treuhänderische Verwaltung.

Betriebswirtschaftliche Prüfungen von Unternehmen zählen dabei zur Hauptaufgabe der Wirtschaftsprüfung. Die finanzielle Darstellung des jeweiligen Unternehmens soll bestätigt oder korrigiert werden. Das betrifft hauptsächlich Großunternehmen und Aktiengesellschaften. Neben der Abschlussprüfung führen Wirtschaftsprüfer auch verschiedene Sonderprüfungen durch – beispielsweise Gründungs-, Due-Diligence- oder Kreditwürdigkeitsprüfungen.

Nach Paragraf 2 Absatz 2 WPO kann ein Wirtschaftsprüfer auch die Aufgaben eines Steuerberaters übernehmen. Das beinhaltet neben der laufenden Steuerberatung und der Erstellung der Steuererklärungen auch die steuergestalterische Beratung bei Unternehmenstransaktionen und Investitionsentscheidungen. Darüber hinaus können Wirtschaftsprüfer ihre Mandanten auch vor Finanzbehörden und Finanzgerichten vertreten.

Neben der Prüfungstätigkeit und der Steuerberatung gehört zu den Aufgabenfeldern der Wirtschaftsprüfung auch die wirtschaftliche und unternehmerische Beratung, beispielsweise bei Fusionen oder Übernahmen. Einige Wirtschaftsprüfer bieten darüber hinaus auch Strategie-, Organisations- und Implementierungsberatung an. 

Die treuhänderische Verwaltung umfasst die Vermögens- und Insolvenzverwaltung, die Notgeschäftsführung und die Nachlassverwaltung inklusive der Testamentsvollstreckung. Wirtschaftsprüfer müssen die Vermögens- und Rechtsinteressen, die ihre Mandanten ihnen treuhänderisch anvertrauen, uneigennützig wahrnehmen.

Wann ist ein Unternehmen prüfungspflichtig?

Als prüfungspflichtig gelten mittelgroße und große Kapitalgesellschaften, offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, sofern keine natürliche Person als Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen haftet. Wenn zwei der folgenden drei Kriterien an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen überschritten werden, gilt ein Unternehmen laut Handelsgesetzbuch (HGB) als „mittelgroß“:

  • 6 Millionen Euro Bilanzsumme
  • 12 Millionen Euro Umsatzerlöse
  • 50 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt

Als „groß“ gilt ein Unternehmen dem HGB zufolge, wenn an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen zwei der folgenden Kriterien überschritten werden: 

  • 20 Millionen Euro Bilanzsumme
  • 40 Millionen Euro Umsatzerlöse
  • 250 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt

Bei Aktiengesellschaften wird der Abschlussprüfer durch die Hauptversammlung gewählt, in anderen Gesellschaften durch die Gesellschafterversammlung.
 

Wie wird man Wirtschaftsprüfer?

Die charakterlichen Grundvoraussetzungen, um den Weg in die Wirtschaftsprüfung einzuschlagen, sind Ehrlichkeit und Verschwiegenheit, Genauigkeit, Zahlenaffinität und ein hohes Maß an Belastbarkeit. Auch ein reines Vorstrafenregister muss nachgewiesen werden.

Der erste Schritt, um zum Wirtschaftsprüferexamen zugelassen zu werden, ist der erfolgreiche Abschluss eines akademischen Studiums. Rund 85 Prozent aller Wirtschaftsprüfer absolvieren ein wirtschaftswissenschaftliches Studium. Häufig können in diesen Studiengängen auch Schwerpunkte im Bereich Steuerrecht oder Wirtschaftsprüfung gelegt werden. Darüber hinaus gibt es spezielle Masterstudiengänge, welche die Absolventinnen und Absolventen auf eine Karriere in der Wirtschaftsprüfung vorbereiten sollen. 

Die Wirtschaftsprüferkammer verlangt für die Zulassung zur Prüfung als Wirtschaftsprüfer einen Hochschulabschluss, ein bestimmtes Studienfach wird jedoch nicht verlangt. Für das Examen ist allerdings ein breites wirtschaftswissenschaftliches Know-how gefragt. Die Regelstudienzeit muss mindestens acht Semester betragen.

Um sich für das Wirtschaftsprüferexamen zu qualifizieren, müssen Anwärter darüber hinaus noch mindestens drei Jahre entsprechende Berufserfahrung nachweisen. In dieser Zeit müssen sie über zwei Jahre hinweg an Prüfungsberichten und Abschlussprüfungen mitgewirkt haben. Wenn die Zulassungsvoraussetzungen für das Examen erfüllt sind, muss ein Antrag auf Zulassung bei einer der Landesgeschäftsstellen der Wirtschaftsprüferkammer gestellt werden. 

Wie läuft das Wirtschaftsprüferexamen ab, und kann es verkürzt werden?

Für die Durchführung des Prüfungsverfahrens ist die Prüfungsstelle der Wirtschaftsprüferkammer verantwortlich. Das Examen wird von einer unabhängigen Prüfungskommission abgenommen. Es umfasst einen schriftlichen und einen mündlichen Teil.

Der schriftliche Teil besteht aus sieben sogenannten Aufsichtsarbeiten. Davon werden zwei Klausuren in Volkswirtschaftslehre und angewandter Betriebswirtschaftslehre absolviert sowie in wirtschaftlichem Prüfungswesen, Unternehmensbewertung und Berufsrecht. Eine Klausur erfolgt im Bereich Wirtschaftsrecht und zwei weitere im Steuerrecht. Beim ersten Termin des Wirtschaftsprüferexamens im Jahr 2022 lag die Durchfallquote der schriftlichen Prüfungen bei mehr als 20 Prozent. 

Wer zuvor bereits die Steuerberaterprüfung bestanden hat, kann die Prüfung um den Bereich Steuerrecht verkürzen. Bei Absolventen eines nach Paragraf 8a WPO akkreditierten Masterstudiengangs entfallen die Klausuren der angewandten Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre sowie im Bereich Wirtschaftsrecht.

Wie viel verdient ein Wirtschaftsprüfer?

Das Gehalt eines Wirtschaftsprüfers variiert, wie bei anderen Berufen auch, je nach Karrierestufe, Arbeitgeber und Studienfach. Die Gehaltsaussichten steigen mit wachsender Berufserfahrung und Verantwortung.

Dem Karriereratgeber Beruf-Wirtschaftsprüfer.de zufolge liegt das Einstiegsgehalt von Wirtschaftsprüfungsassistenten etwa zwischen 30.000 und 45.000 Euro brutto im Jahr. Nach Bestehen des Wirtschaftsprüferexamens steigt das Gehalt in der Regel deutlich und liegt im Schnitt zwischen 50.000 und 65.000 Euro. Auch ein zuvor bestandenes Steuerberaterexamen kann sich positiv auf den Verdienst auswirken.

Auf den oberen Sprossen der Karriereleiter fällt das Gehalt deutlich höher aus. Wer als Manager oder Partner Personalverantwortung trägt und parallel laufende Beratungen und Prüfungen betreut, kann oftmals ein sechsstelliges Gehalt verlangen. Meist wird das Fixgehalt hier um einen variablen Bestandteil ergänzt. Bei großen Prüfgesellschaften wie KPMG, PwC oder EY fällt das Gehalt im Schnitt besser aus als bei kleineren, mittelständischen Gesellschaften. 

Wann erlischt der Wirtschaftsprüfer-Titel?

Die Bestellung zum Wirtschaftsprüfer erlischt im Todesfall, bei Verzicht durch eine schriftliche Erklärung gegenüber der Wirtschaftsprüferkammer oder durch die rechtskräftige Ausschließung aus dem Beruf bei Fehlverhalten. Die Ausschließung kann durch Rücknahme oder Widerruf der Bestellung durch die Wirtschaftsprüferkammer erfolgen.

Nach Erlöschen des Titels darf die Berufsbezeichnung „Wirtschaftsprüfer“ grundsätzlich nicht weitergeführt werden. Sie darf auch nicht mit einem Zusatz verwendet werden, die auf eine vergangene Berechtigung verweist, beispielsweise „Wirtschaftsprüfer a.D.“.

Seit 2007 gibt es jedoch die Möglichkeit, einen formlosen Antrag auf Weiterführung des Titels bei der Wirtschaftsprüferkammer zu stellen. Voraussetzung hierfür ist der vorangegangene Verzicht auf die Bestellung aufgrund eines körperlichen Leidens oder hohen Alters ab 65 Jahren. Gesundheitliche Beeinträchtigungen sind, unerheblich ob physischer oder psychischer Natur, durch ein ärztliches Attest zu belegen. 

Wichtig ist zu beachten, dass der Verzicht einen vollständigen Rückzug in die Privatsphäre bedeutet. Andere Zulassungen oder Bestellungen, beispielsweise zum Steuerberater, müssen ebenfalls zurückgegeben werden. Darüber hinaus muss eine mindestens zehnjährige Berufsausübung vorliegen, um den Titel nach dem Verzicht weiterhin tragen zu dürfen.

Erstveröffentlichung: 16. August 2022, 14:07 Uhr

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