Der Bitcoin-Hype nährt die Illusion, man könne ohne Arbeit reich werden. Das ist meist nur Vermögenden oder Betrügern vergönnt. Umso unverantwortlicher ist es, dass Finanzwetten mit Bitcoin erlaubt sind. Ein Gastbeitrag.
Die Autorin
Sahra Wagenknecht ist Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Partei Die Linke. Der Beitrag wurde zusammen mit ihrem Fraktionskollegen Fabio De Masi verfasst.
Bild: dpa
Bei Bitcoins herrscht Goldrausch. Der Kurs hat sich innerhalb nur eines Jahres verzwanzigfacht und zwischenzeitlich die Marke von 20.000 US-Dollar übersprungen. Immobilien, Rohstoffe, Kunstwerke oder eben Krypto-Währungen eignen sich gut für Spekulationen, da sie sich nicht beliebig schnell vermehren lassen und ihre Preise daher bei starker Nachfrage durch die Decke gehen. Heftige Kurseinbrüche, die Flash Crashs, verdeutlichten jedoch die Gefahr für Anleger und Finanzstabilität.
Es ist ein altes Spiel: Ob Tulpenrausch im 17. Jahrhundert, Gold oder New Economy: Immer wieder herrscht die Illusion, man könne ohne Arbeit reich werden. In der Realität aber ist das zumeist nur Vermögenden oder Betrügern vergönnt. Umso unverantwortlicher ist die Zulassung von Finanzwetten mit Bitcoin (Derivaten) durch die US-Finanzaufsicht.
Die Anhänger von Bitcoins sind überzeugt, dass Krypto-Währungen eine Alternative zum Bankengeld sein könnten. Es gibt gute Gründe, unser Geldsystem nicht den Banken zu überlassen. Aber Bitcoins schaffen nicht mehr Sicherheit, sondern verstärken Unsicherheit.
Schon Mitte des 20. Jahrhunderts hat der Kopf der Freiburger Schule, Walter Eucken, dafür plädiert, im Interesse einer stabilen Finanzarchitektur den privaten Banken die Möglichkeit zur Geldschöpfung zu nehmen. Dennoch wird unser Geld nach wie vor – ja, mehr denn je – nicht vorrangig durch Zentralbanken „gedruckt“, sondern durch private Marktteilnehmer geschaffen. Der überwiegende Teil unser Geldmenge – etwa 97 Prozent je nach Definition – sind Schuldverschreibungen von Geschäftsbanken – und nicht von der Zentralbank in Umlauf gebrachte Scheine. Das so genannte Giral- oder Buchgeld entsteht per Knopfdruck.
Wenn Banken privaten Haushalten oder Unternehmen Kredit geben, schaffen sie neue Guthaben. Und zwar unabhängig davon, ob sie zuvor Ersparnisse anderer Kunden eingeworben haben. Die Banken haben ein großes Interesse daran, dass aus den 97 Prozent irgendwann 100 Prozent werden. Denn je geringer die Rolle des Bargelds, desto größer die Gewinnmöglichkeiten und die Macht der Banken.
Welche Rolle aber spielen Zentralbanken? Sie können Geschäftsbanken Wertpapiere abkaufen, um Reserven (Guthaben der Geschäftsbanken bei der Zentralbank) zu schaffen, und sie können Wertpapiere verkaufen, um Reserven zu vernichten. Die Europäische Zentralbank tut im Rahmen des OMT-Programms vor allem ersteres: Sie hat durch den Ankauf von Staats- und Unternehmensanleihen bis zu 60 Milliarden Euro monatlich in den Markt gepumpt und auch die Zinsen auf null gedrückt.
Tatsächlich wurde Spielgeld für neue Finanzwetten geschaffen. Denn billiges Geld landet bei Kürzung von öffentlichen Investitionen, Löhnen und Renten auf den Finanzmärkten, nicht in der realen Wirtschaft. Daher sind auf den Vermögensmärkten gigantische Blasen entstanden. Der aktuelle Kurs des Bitcoin ist eine davon. Und wie jede Finanzblase wird diese irgendwann platzen. Dadurch wird nicht nur Vermögen vernichtet, sondern erneut dürfte ein rapider Wertverfall bei Aktien, Anleihen oder auch Immobilien Banken im Euro-Raum gefährden.
Die Politik wird dann, entweder dem Zusammenbruch des Zahlungsverkehrs und der Enteignung von Millionen Kleinsparern tatenlos zusehen müssen – oder, was wahrscheinlicher ist, erneut Steuergeld in die Rettung privater Institute und ihrer Anleger pumpen. Wobei dies angesichts der Zunahme der Staatsverschuldung seit der Finanzkrise in einigen Ländern kaum noch möglich ist. Vielleicht ist das der Grund, weshalb die EZB kürzlich in einer Stellungnahme anregte, die EU-weite gesetzliche Einlagensicherung von 100.000 Euro pro Konto im Falle einer schweren Finanzkrise – also dann, wenn man sie braucht! – auszusetzen.
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