PremiumFinanzorganisationen verfügen über immense Daten eines Unternehmens. Um die sinnvoll für Kunden und Partner zu nutzen, gilt es, drei Dinge zu beachten, argumentiert Ralf Thomas.
Der Autor
Ralf Thomas ist Finanzvorstand der Siemens AG.
Bild: Getty, Reuters
Wirtschaft und Unternehmen treiben mit Hochdruck ihre digitale Transformation voran. Sie ist ein Schlüsselfaktor für Innovationskraft, Lösungskompetenz und Marktfähigkeit.
Wer bei Digitalisierung im Unternehmen jedoch nur an Geschäftsmodelle, Produkte oder Dienstleistungen denkt, greift zu kurz. Die digitale Transformation bietet gerade in der Finanzorganisation immense Potenziale – mit erheblichen Chancen für das gesamte Unternehmen.
Für unsere Wirtschaft geht es heute um nicht weniger, als Ressourcen effizient und nachhaltig einzusetzen und dem Klimawandel entgegenzuwirken. Gleichzeitig muss die Fertigung im Zeitalter von globaler Unsicherheit resilienter, agiler und produktiver sein als je zuvor. Steigende Arbeits- und Beschaffungskosten müssen abgefedert und Lieferketten intakt gehalten werden. Automatisierung und Digitalisierung sind dabei ein entscheidender Teil der Lösung.
Beide Treiber haben längst auch in den Finanzbereichen von Unternehmen Einzug gehalten. In der Buchhaltung bringen sie schon heute einen großen Mehrwert für Mitarbeiter und Unternehmen.
Wo früher Rechnungen manuell geprüft wurden, unterstützt jetzt Künstliche Intelligenz. Durchlaufzeiten werden kürzer, die Fehleranfälligkeit geringer. Bei Siemens werden so pro Jahr mehr als zehn Millionen Rechnungen verarbeitet. Insgesamt generieren und verarbeiten die Finanzsysteme jede Stunde etwa 60 Millionen Einträge.
Die Zahl zeigt: Finanzorganisationen greifen auf sämtliche Transaktionen eines Unternehmens zu. Genau hierin liegt die große Chance: Das volle Potenzial der Digitalisierung schöpft nur aus, wer den exklusiven Zugriff auf diese gewaltigen Datenmengen nutzt, um daraus erstens Erkenntnisse für das gesamte Unternehmen zu destillieren und zweitens sein immenses Wissen über Kunden und Partner auch für Kunden und Partner einsetzt. Wer hingegen auf bloße Effizienz abzielt, greift zu kurz.
Die Diskussion darüber, wie die Chancen der Digitalisierung noch konsequenter genutzt werden können, ist bereits im vollen Gange. Laut einer Studie von PwC ist dieses Thema für drei von vier CFOs eine Priorität, der sie fast ein Fünftel ihrer Zeit widmen. Das Ziel ist klar: der Finanzbereich als vorausschauender, digitaler Partner für das gesamte Unternehmen.
Damit dies gelingt, gilt es im Wesentlichen, drei Dinge zu beachten:
Erstens: Ein immer stärker datengetriebener Finanzbereich braucht zunehmend Mitarbeiter mit sehr gutem Verständnis der entsprechenden Technologien. Dadurch entsteht die Chance, sich künftig stärker auf wertschaffende Tätigkeiten zu konzentrieren.
Beispiel Controlling: Statt Daten zu sammeln und aufzubereiten, leiten Controller daraus Empfehlungen für das Management ab. Dafür braucht es aber Kompetenzen in der Verarbeitung, Validierung und Analyse von Massendaten, Datensimulation sowie in der Visualisierung komplexer Daten. Immer häufiger werden deshalb dezidierte „Data Scientists“ und „Data Analysts“ in Finanzbereichen eingestellt.
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Zweitens: Um die Digitalkompetenz der Finanzabteilungen zu stärken, müssen Unternehmensprozesse und IT-Landschaften dynamisch auf die Anforderungen der Geschäftsmodelle und Berichtspflichten von morgen ausgerichtet werden.
Eine harmonisierte Prozesslandschaft basierend auf branchenüblichen Standardtools ist die notwendige Voraussetzung, um tiefgreifende Einblicke für faktenbasierte Entscheidungen zur Verfügung zu stellen. Etwa bei der Simulation, welchen Effekt eine Gaspreiserhöhung um 20, 30 oder 50 Prozent auf das Ergebnis hat.
Mindestens ebenso wichtig ist es, Prozesse zu verschlanken und zu transformieren. Wer 20 Jahre alte Prozesse lediglich in ein neues Gewand kleidet, bekommt überholte Antworten auf seine betriebswirtschaftlichen Fragen.
Drittens wird es immer wichtiger für die Finanzorganisation, als strategischer „Business-Partner“ zu agieren. Das heißt, neue Geschäftsmodelle nicht nur zu ermöglichen, sondern aktiv die Voraussetzungen für deren Kommerzialisierung zu schaffen und bei der Entwicklung eingebunden zu sein.
Das bedeutet auch: das gesamte Ökosystem des Unternehmens in den Blick zu nehmen und Kundennutzen sowie die Zusammenarbeit mit Partnern neu zu denken.
Wer diese Voraussetzungen beherzigt, dem eröffnet sich eine neue Welt: die digital kompetente Finanzabteilung, die den Zugriff auf immense Datenmengen dafür nutzt, Szenarien zu simulieren, Risiken abzuwägen und letztlich neue Erkenntnisse für das Geschäft und die Zusammenarbeit mit Kunden und Partnern im Ökosystem zu gewinnen.
Nur wenn wir dieses Potenzial nutzen, fördern wir – gerade in herausfordernden makroökonomischen und geopolitischen Zeiten – Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Unternehmens.
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Ralf Thomas ist Finanzvorstand der Siemens AG.
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