Italien muss wieder hohe Zinsaufschläge zahlen. Aber Hilfen von Zentralbank oder EU-Partnern sind unnötig, weil die Bürger Italiens große Vermögen haben, mahnt Daniel Stelter.
Fischerboote liegen in einem menschenleeren Hafen in Neapel
Die Angst vor einer erneuten Eurokrise sei berechtigt, sagt Daniel Stelter.
Bild: dpa
Der Zinsaufschlag (Spread) italienischer Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen ist auf über zwei Prozentpunkte gestiegen. Die Märkte reagieren auf die Straffung der Geldpolitik, um die die Europäische Zentralbank (EZB) angesichts hoher Inflationsraten nicht mehr herumkommen wird.
Fällt die EZB als Käufer der Staatsanleihen aus, so die Logik, werden die Staatsschuldenprobleme Italiens wieder akut, ist doch die Verschuldung des italienischen Staates seit 2019 um 35 Prozentpunkte auf 172 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gestiegen.
Die Angst vor einer Neuauflage der Euro-Krise ist berechtigt. Die EZB soll sogar bereits an Instrumenten arbeiten, um einen weiteren Anstieg des Spreads zu verhindern.
Das würde auf eine weitergehende Staatsfinanzierung durch die Notenbank hinauslaufen. Daneben drängt die italienische Politik gemeinsam mit anderen hochverschuldeten Staaten, allen voran Frankreich, auf mehr europäische Schulden und Transfers.
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Dass solche Transfers nichts am grundlegenden Problem Italiens ändern würden, zeigt die Verwendung der Mittel aus dem sogenannten Wiederaufbaufonds. Programme, die Infrastruktur in abgelegenen Dörfern finanzieren, mögen politisch opportun sein, das Wachstumspotenzial des Landes erhöhen sie nicht.
Aber nur mit deutlich höheren Wachstumsraten gibt es Hoffnung, die Staatsschulden zu stabilisieren. Ohne grundlegende Reformen ist das angesichts einer schrumpfenden Erwerbsbevölkerung unerreichbar.
Ob Arbeitsmarktliberalisierung, Entbürokratisierung oder Kampf gegen Korruption (Italien liegt hier laut Transparency International gemeinsam mit Saudi-Arabien auf Platz 52 ) – Maßnahmen, die zu höherem Wachstum führen, brauchen kein Geld, sondern politischen Willen. Je höher die Wahrscheinlichkeit, dauerhaft von EZB und Euro-Partnern finanziert zu werden, desto eher wird es genau daran mangeln.
>> Lesen Sie mehr: EU – Staatsschulden sind keine Wachstumsbremse
Ohnehin sind die Staatsschuldenprobleme Italiens, um mit dem französischen Ökonomen Thomas Piketty zu sprechen, die Folge einer „falschen Verteilung von Vermögen zwischen dem Staat und dem Privatsektor“. Der Staat ist hochverschuldet. Die italienischen Privathaushalte erfreuen sich erheblicher Vermögen.
Die Italiener haben relativ zur Wirtschaftsleistung nicht nur deutlich höhere Privatvermögen als beispielsweise die Deutschen, sie sind mit 43,8 Prozent Schuldenquote relativ zum BIP auch geringer verschuldet. Die Gesamtschuldenquote Italiens liegt bei 289 Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland liegt sie bei 206 Prozent und in Frankreich bei 361 Prozent.
Es wäre also ein Leichtes für den italienischen Staat, die Finanzen zu sanieren, indem er die privaten Vermögen belastet. Stattdessen liegt beispielsweise die Erbschaftsteuer deutlich unter der deutschen. Diese Umstände sollten unsere Politiker bedenken, wenn sie eine Transferunion und zugleich eine höhere Steuerbelastung hierzulande fordern.
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