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07.12.2021

12:53

Gastkommentar – Homo oeconomicus

Steigende Energiekosten verlangen nach einem variablen CO2-Preis

Der starke Anstieg der Ölpreise ist klimapolitisch günstig. Aber wenn der CO2-Preis unabhängig davon starr ist, kommt es zu Übertreibungen, warnt Peter Bofinger.

Die Energiekosten sind zuletzt deutlich gestiegen. dpa

Ölpumpen auf einem Ölfeld bei Ponca City

Die Energiekosten sind zuletzt deutlich gestiegen.

Deutschlands Verbraucher stöhnen unter steigenden Preisen für Benzin, Diesel, Öl und Gas. Doch klimapolitisch sind die hohen Preise genau das Richtige. Der aktuelle Preis für Superbenzin entspricht gegenüber dem Niveau von Ende 2019 einem CO2-Preis von rund 75 Euro pro Tonne. Das ist deutlich mehr als der Anfang 2021 eingeführte Preis von 25 Euro.

Kremlchef Wladimir Putin und das Opec-Kartell sind also die besten Klimaschützer. Dass eine solch ambitionierte CO2-Bepreisung politisch nicht durchsetzbar wäre, zeigen die vagen Ausführungen im Koalitionsvertrag.

Bei den enormen Schwankungen der Rohölpreise stellt sich allerdings die Frage, ob starre CO2-Preise klimapolitisch optimal sind. Wenn man einen stabilen Aufwärtstrend der Endverbraucherpreise erreichen will, sollte man das Modell eines flexiblen CO2-Preises erwägen.

Damit würden zugleich die Schwankungen der Inflationsrate vermindert, die fluktuierende Energiepreise hervorrufen. Die erzielten Einnahmen könnten über direkte Transferzahlungen an die Bürger ausgeschüttet werden.

Wenn man den Klimawandel über Preisanreize stoppen will, bedarf es somit eines Paradigmenwechsels. Die von fast allen Ökonomen geteilte Vorstellung, dass es dazu einer CO2-Steuer bedarf, ist grundsätzlich richtig. Aber man muss berücksichtigen, dass die Weltmarktpreise für Öl und Gas keine Wettbewerbspreise darstellen.

CO2-Preis bei steigenden Rohölpreisen noch vollumfänglich reduzieren

Sie sind durch das strategische Verhalten des Opec-Kartells und Russlands geprägt. Da diese Länder ein Interesse daran haben, auch in Zukunft Öl zu verkaufen, werden sie versuchen, die CO2-Bepreisung der Verbraucherländer durch niedrigere Preise zu unterlaufen. Bei langfristig fixierten CO2-Preisen ist das für sie kein Problem.

Bei flexiblen CO2-Preisen schneiden sie sich ins eigene Fleisch, wenn sie die Preise senken. Ihre Einnahmen gehen zurück zugunsten der CO2-Erlöse der Verbraucherländer.

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Der Autor

Peter Bofinger ist Ökonomieprofessor an der Universität Würzburg und war Mitglied des Sachverständigenrats.

Allerdings muss man dafür sorgen, dass das Kartell den flexiblen CO2-Preis nicht zum Anlass nimmt, die Preise strategisch zu erhöhen. Das erfordert, dass der CO2-Preis bei steigenden Rohölpreisen nicht in vollem Umfang reduziert wird. Dann muss das Kartell, wenn es die Preise anhebt, damit rechnen, dass die Endpreise steigen und der Absatz sinkt.

Das neue System könnte schon Anfang des nächsten Jahres eingeführt werden, indem die geplante Erhöhung des CO2-Preises von 25 Euro auf 30 Euro ausgesetzt wird. Denn klimapolitisch besteht für diesen Erhöhungsschritt in Anbetracht der hohen Preise für die Verbraucher keine Notwendigkeit. Die Erhöhung würde nachgeholt, wenn die Weltmarktpreise wieder sinken.

Das Aussetzen der CO2-Preiserhöhung würde zudem vermeiden, dass die Inflation zusätzlich angeheizt wird. Der Paradigmenwechsel würde also unter einem positiven Vorzeichen stattfinden.

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