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11.05.2022

14:19

Halbleiter, Chip Klawe Rzeczy

Asia Techonomics

In der wöchentlichen Kolumne schreiben wir im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in Asien.

Asia Techonomics

60 Milliarden Dollar in zehn Monaten verloren: Didi zeigt, was bei chinesischen Aktien schieflaufen kann

Von: Nicole Bastian

Die Aktionäre des chinesischen Fahrdienstleisters Didi dürften bald entscheiden, die Aktien von der Börse zu nehmen. Es ist das Ende einer unrühmlichen Geschichte.

Düsseldorf Es ist schon eine Leistung, mehr als 60 Milliarden Dollar an Marktbewertung innerhalb von zehn Monaten zu vernichten. Da müssen mehrere Akteure kräftig zusammen- beziehungsweise gegeneinander arbeiten. Beim chinesischen Fahrdienstvermittler Didi konnten Anleger beobachten, wie das geht – und für chinesische Tech-Aktien entsprechende Schlüsse bei künftigen Investitionen daraus ziehen.

Kaum mehr denkbar, mit welcher Euphorie Didi Global Ende Juni vergangenen Jahres an der New Yorker Börse startete und dort Papiere im Wert von 4,4 Milliarden Dollar platzierte: Für 14 Dollar wurde die Aktie des bereits damals verlustreichen Unternehmens verkauft. Der Kurs schoss am ersten Handelstag in der Spitze um mehr als 28 Prozent in die Höhe und trieb die Marktkapitalisierung auf fast 80 Milliarden Dollar.

Dass es bei chinesischen Unternehmen, die in den USA notiert sind, Zweifel an der Bilanztransparenz gibt, konnte man damals wissen. Dass es aber zudem heftige Bedenken bei den Pekinger Regulierern am Börsengang Didis in New York gab, wusste damals niemand.

Es ging unter anderem um die Datensicherheit. Das Problem wurde erst ein paar Tage später klar, als Didi aus den App-Stores verbannt wurde und so keine Neukunden mehr gewinnen konnte.

US-Börsenaufsicht SEC ermittelt

Mittlerweile ermittelt die US-Börsenaufsicht SEC die Hintergründe des Börsengangs. Welche Probleme waren schon vor dem IPO bekannt?

Die Vorgänge vor dem und um den Börsengang von Didi zeigen, wie intransparent die Entwicklungen in China für ausländische Anleger sind. Das liegt auch daran, dass kritische Presse ihre Kontrollfunktion in China nicht erfüllen kann.

Bald wird das Unternehmen wohl nirgendwo mehr börsennotiert sein. Reuters

Die Zentrale von Didi in Peking

Bald wird das Unternehmen wohl nirgendwo mehr börsennotiert sein.

So agieren die Regulierer im Hintergrund, wie es ihnen passt. Gelenkt werden sie von der Zentralregierung in Peking. Chinesische Unternehmen müssen sich zumindest öffentlich weit weniger erklären. Vielleicht ist es deshalb gerechtfertigt, dass ihre Bewertungen deutlich unter denen der US-Wettbewerber liegen.

Dabei hat der Streit um den Börsengang und das Eingreifen der Behörde sich längst auf Didis Kerngeschäft ausgewirkt: Zwar ist Didi weiterhin Marktführer in China, aber das Auftragsvolumen ist seit Juni vergangenen Jahres um 29 Prozent eingebrochen. Konkurrenten wie Caocao vom Autokonzern Geely oder T3 springen nur allzu gern in die sich auftuende Lücke der Fahrgastvermittlung, bei ihnen steigt das Geschäftsvolumen.

Heute ist die Didi-Aktie jedenfalls noch ganze 1,57 Dollar wert, die Marktkapitalisierung liegt bei weniger als 7,5 Milliarden Dollar. Der Wertverlust beläuft sich damit auf satte 90 Prozent. Ob Blackrock oder Fidelity: Auch die ganz Großen der Finanzwelt müssen das als Investoren in ihren Portfolios verkraften – vom Hauptaktionär Softbank ganz zu schweigen.

Ein Börsengang in Hongkong ist erst einmal geplatzt

Didis Abschied aus New York sollte eigentlich nur eine Verlagerung an die Hongkonger Börse sein. Aber auch das verhinderte die chinesische Internet-Aufsichtsbehörde CAC im März. Die Gefahr von Datenverlusten sei zu hoch – und das Management habe sie immer noch nicht befriedigend ausräumen können.

So werden die Papiere des Tech-Unternehmens in den USA erst mal wie ein Pennystock abseits der Börse gehandelt werden. Wann ein Börsengang in Hongkong ansteht, ist völlig unklar.

Es bleibt schwierig zu beurteilen, wer die Verantwortung an der desaströsen Kommunikation zwischen Didi und den Aufsehern trägt. Im April wollte die Aufsichtsbehörde die Strafe für Didis US-Börsengang trotz Sicherheitsbedenken veröffentlichen.

Kurz darauf wurde sie aber Medienberichten zufolge von der Zentralregierung zurückgepfiffen, weil die Strafen nicht ausreichten. Die chinesische Gemengelage zwischen Zentralregierung, Regulierer und Unternehmen bleibt unübersichtlich und ist für ein börsennotiertes Unternehmen so ein permanentes Risiko.

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