19.01.2022
18:18
Asia Techonomics
In der wöchentlichen Kolumne schreiben wir im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in Asien.
Bild: Klawe Rzeczy
Der Wirtschaftskrimi um das Start-up Devas Multimedia zeigt, wie schnell ein vermeintlich lukratives Geschäft zur Belastung für viele Seiten werden kann.
Düsseldorf Große Hoffnungen und Betrugsvorwürfe, Prozesse gegen die Regierung und gepfändete Einnahmen in Übersee: Klingt nach einem Wirtschaftskrimi, ist aber alles Teil der milliardenschweren Saga um das indische Unternehmen Devas Multimedia. In der spielt auch die Deutsche Telekom eine Rolle.
Die Saga ist ein Lehrstück, ein Lehrstück, was bei Tech-Deals mit der Regierung schiefgehen kann. Und bekommt nun nach bald 17 Jahren ein weiteres Kapitel.
2005 schloss die damals jüngst gegründete Devas Multimedia aus der indischen Tech-Metropole Bangalore einen lukrativen Vertrag ab. Partner war Antrix, kommerzieller Arm der indischen Weltraum-Forschungsbehörde ISRO. Devas leaste zwei Kommunikationssatelliten für zwölf Jahre und sollte damit indischen Multimedia-Plattformen Mobilfunkdienste ermöglichen. So sollten auch entlegene Gegenden via Satellit angebunden werden. Die Weltraum-Forschungsbehörde sollte einen Teil der Bandbreiten zurückmieten.
Der Deal war so lukrativ, dass Devas bald Investoren aus dem Ausland fand. Zunächst aus Mauritius, 2008 folgte die Deutsche Telekom, die 20,7 Prozent an dem indischen Unternehmen hält. Doch der Deal war offenbar zu lukrativ für Devas, so dass die damalige indische Regierung den Vertrag 2011 kündigte. Ihr Argument: Sie brauche das Satellitenspektrum für nationale Verteidigung und anderes.
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Devas und seine internationalen Investoren samt der Telekom klagten vor internationalen Schiedsgerichten. Und erhielten Recht. Insgesamt haben sie Schuldtitel in Höhe von fast 1,3 Milliarden Dollar zugesprochen bekommen. Die Regierung in Indien versucht, gegen diese Urteile vorzugehen.
2014 wurde die damalige Regierung von der jetzigen unter Premierminister Narendra Modi abgelöst. Die Modi-Regierung ließ den Devas-Deal vom zentralen Ermittlungsbüro untersuchen. Das kam 2016 zu der Einschätzung, dass mehrere Vertreter von Devas, Antrix und ISRO sich mit der Absicht zusammengetan hätten, ihre Positionen zur persönlichen Bereicherung zu nutzen.
Viele Jahre und Prozessinstanzen später entschied in dieser Woche Indiens Oberster Gerichtshof, dass Devas Multimedia liquidiert werden soll. Das Unternehmen sei auf Grundlage betrügerischer Absichten gegründet worden. „Ein Produkt des Betrugs steht im Konflikt mit der öffentlichen Politik eines jeden Landes, eingeschlossen Indien“, so die Begründung.
Raketenstart in Indien
Die Weltraumforschungsbehörde ist nur eine Instanz, die beim Wirtschaftsdrama um Kommunikationssatelliten eine Rolle spielt.
Bild: ISRO
Finanzministerin Nirmala Sitharaman versicherte, die Regierung werde vor jedem Gericht der Welt um die Steuergelder kämpfen, die sonst für einen „betrügerischen“ und „skandalösen“ Deal mit Devas Multimedia bezahlt werden müssten. Sie sparte nicht mit Kritik an der Vorgängerregierung. Die von der Kongresspartei geführte Regierung habe damals in den Schiedsgerichtsverfahren wichtige Fristen nicht eingehalten.
Dennoch weiß auch die Modi-Regierung, dass die Rechtsstreitigkeiten und eine mögliche Zwangsliquidierung von Devas Multimedia sowie die internationalen Gerichtsstreits Indiens Image als Zielland für Auslandsinvestitionen nicht zuträglich sind.
Jetzt wird spannend, wie die sich gegensätzlichen internationalen Schiedssprüche und das Urteil des Obersten Gerichtshof Indiens in Einklang gebracht werden können. Und ob der Richterspruch aus Neu-Delhi Auswirkungen auf die Auslandspfändungen infolge der Schiedssprüche haben wird.
Devas Multimedia beschäftigt nämlich damit auch 17 Jahre nach Vertragsschließung Gerichte in aller Welt. In Frankreich entschied jüngst ein Gericht, dass ein Gebäude der indischen Regierung beschlagnahmt werden dürfe, um Schadensersatzforderungen der Devas-Investoren zu bedienen.
Und vor einem kanadischen Gericht sind gar die Fluglinie Air India und die Luftfahrtorganisation Iata in den Deal verwickelt. Im Januar entschieden die dortigen Richter, dass Devas-Anteilseigner die Hälfte der Gelder von Air India, die bei der Iata liegen, beschlagnahmen dürften, um ihren Schuldtitel durchzusetzen. Schließlich sei Air India auch in Staatshand – wenn auch gerade im Verkaufsprozess befindlich.
Vielleicht ist es eher ein Rosenkrieg denn ein Wirtschaftskrimi, der sich aus dem indischen Tech-Deal entwickelt hat. Fest steht: Das letzte Kapitel ist noch nicht geschrieben.
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