Im Kampf gegen Emissionen schließt die Stadt Kunshan für eine Woche alle Fabriken. Das gefährdet mehr als nur das iPhone unter dem Weihnachtsbaum.
Asia Techonomics
In der wöchentlichen Kolumne schreiben wir im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in Asien.
Bild: Klawe Rzeczy
Die chinesische Stadt Kunshan nahe Schanghai muss dringend Energie sparen. Sonst kann sie die von Peking vorgegebenen Emissionsziele nicht einhalten, jetzt, wo die Wirtschaft sich vom Corona-Schock erholt und auf recht hohen Touren läuft. Hält Kunshan die Ziele aber nicht ein, brächte dies die Provinz Jiangsu, in der Kunshan liegt, und letzten Endes den ganzen chinesischen Staat in Schwierigkeiten.
Versprochen ist schließlich versprochen: 2030 soll der Emissionshöhepunkt des größten Kohlendioxidemittenten der Welt überwunden sein, bis 2060 will China klimaneutral sein.
Ein Blick nach Kunshan zeigt, wie holprig der Weg zu einer klimafreundlicheren Wirtschaft für China wird – und warum sich das in unseren globalen Zeiten gleich bei den Elektronikgeschenken unter unserem Weihnachtsbaum auswirken kann.
Die Regierung der Küstenregionsstadt mit zweieinhalb Millionen Einwohnern, wo sich Optoelektronikkonzerne und Halbleiterhersteller, IT- und Elektrofahrzeug-Zulieferer niedergelassen haben, hat gerade für fünf Tage weite Teile der Industrie stillgelegt, um so Energie zu sparen.
Das trifft auch die Techfabriken vor Ort, viele davon Niederlassungen taiwanesischer Firmen. Bis Freitag müssen viele Fabriken schließen. Danach ist China ohnehin in einer Feiertagswoche, so das Kalkül.
Betroffen von den erzwungenen Produktionsstopps sind unter anderem Foxconn-Tochter Eson Precision Engineering, die Apple und Tesla beliefert, ASE Technology, führend bei der Verpackung und Testung integrierter Schaltungen, Concraft Holding, Lieferant von Komponenten für die iPhone-Lautsprecher, oder auch Leiterplattenproduzent Unimicron Technology, ebenfalls Apple-Lieferant.
An dieser Liste sieht man recht schnell, warum die Emissionsreduktion durch Produktionsstopps in Kunshan internationale Folgen hat.
Jetzt sind Stromausfälle in China kein Jahrhundertereignis, und einige Fabriken können für kurze Zeit auf eigene Stromgeneratoren ausweichen. Doch allein die taiwanesischen Unternehmen rechnen in Kunshan durch den tagelangen Produktionsausfall mit umgerechnet mehr als 350 Millionen Dollar Verlust.
Und nicht nur die Stadt im Osten Chinas ist betroffen. In zehn Provinzen wird in diesen Tagen Teilen der Industrie der Strom abgeschaltet. Unter anderem sind mehrere Pack- und Testunternehmen für die Chipfirmen Intel, Nvidia und Qualcomm nach Angaben der japanischen Zeitung „Nikkei“ betroffen.
Das Timing ist zudem problematisch: Die Elektronikbranche leidet ohnehin unter Lieferengpässen und gestiegenen Kosten für Halbleiter. Zudem wird gerade unter Hochdruck fürs Elektronik-Weihnachtsgeschäft produziert.
Und für die globalen Lieferketten, die ohnehin durch Covid-Lockdowns, gesperrte Häfen und den Chipmangel strapaziert sind, dürfte es nicht bei den fünf Tagen Produktionsausfall bleiben. Das Problem ist vielmehr die Aussicht, dass weitere tagelange Unterbrechungen auch in den kommenden Monaten folgen könnten.
Auch in Deutschland wird gerade viel über die richtige Balance zwischen ambitionierten Klimazielen und Wirtschaftswachstum diskutiert. Die Geschwindigkeit des Wandels ist für die in der Energieversorgung noch zu zwei Dritteln von der Kohle abhängige chinesische Wirtschaft jedoch noch gewaltiger.
Und bis eine neue, emissionsärmere Energie-Infrastruktur steht, wird die Energiefrage in China zunehmend ein Thema für die globalen Lieferketten, die doch nach den Covid-Erfahrungen eigentlich alle resilienter gestalten wollten. Alle Augen auf Kunshan in den kommenden Monaten.
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