Joe Bidens Inflation Reduction Act soll nicht nur Investitionen fördern, sondern auch den Haushalt sanieren – mit satten Steuern. Die EU spricht lieber über das Geldausgeben.
Besichtigung eines Windrads
Die Europäer wollen mehr in grüne Energie investieren – vor allem auf Pump.
Bild: dpa
Die EU schaut gerade buchstäblich unter jeden Stein, ob sich nicht noch irgendwo Geld finden lässt, das man in die grüne Wirtschaft stecken kann. Die Kreditrahmen bestehender Programme sollen möglichst vollständig ausgeschöpft werden, die Regeln für staatliche Beihilfen werden weit gedehnt und auch über neue Schulden auf EU-Ebene wird gesprochen. Das alles soll eine Antwort liefern auf den IRA, den „Inflation Reduction Act“ der USA.
Die USA aber machen für diesen IRA keine Schulden, sondern sparen sogar. Trotz der massiven Subventionen sollen unterm Strich Einsparungen von 238 Milliarden Dollar stehen. Während Europa Geld leiht, das über Jahrzehnte mit Zins und Zinseszins auf die Staatsbilanzen drücken wird, saniert Washington den Haushalt. In der europäischen Debatte um den IRA geht das meistens unter.
Teil des IRA sind Steuererhöhungen von mehr als 450 Milliarden Dollar. Am meisten bringt eine neue Mindeststeuer von 15 Prozent auf Buchgewinne von Unternehmen ein, deren Gewinn oberhalb von einer Milliarde Dollar liegt. Weil viele Unternehmen sich geschickt armrechnen, versteuern sie bislang nur einen kleinen Teil dieser Buchgewinne.
Außerdem rüstet Präsident Joe Biden die Bundessteuerbehörde wieder auf, die sein Vorgänger Donald Trump ausbluten ließ. Dadurch sollen gut 100 Milliarden Dollar zusätzlich eingenommen werden.
Teuer wird es auch für Unternehmen, die Aktien zurückkaufen. Durch eine einprozentige Steuer auf die Rückkäufe will die US-Regierung 74 Milliarden Dollar einnehmen. Biden wollte zudem vermögende Privatleute stärker besteuern, konnte sich aber im Senat damit nicht durchsetzen.
Steuererhöhungen sind in den USA naheliegender als in der EU. Denn in Amerika ist die durch den Angriff Russlands auf die Ukraine ausgelöste Krise bei Weitem nicht so präsent wie in Europa. Die Amerikaner kämpfen gegen die steigende Inflation an, die Europäer müssen sich mit Inflation und Rezessionssorgen gleichzeitig beschäftigen.
Christoph Herwartz
Christoph Herwartz, Korrespondent im Handelsblatt-Büro in Brüssel, analysiert Trends und Konflikte, Regulierungsvorhaben und Strategiekonzepte aus dem Innenleben der EU. Denn wer sich für Wirtschaft interessiert, muss wissen, was in Brüssel läuft. Sie erreichen ihn unter: [email protected]
Den Unternehmen Geld wegzunehmen kann eine Wirtschaftskrise verschärfen, und auch in den USA gab es Sorgen, in eine Rezession abzurutschen. Die Steuererhöhungen zielen aber einigermaßen präzise auf jene Unternehmen, die gut durch die Krise kommen.
>> Lesen Sie hier: 350 Milliarden Euro – von der Leyen will Unternehmen mit Subventionen in der EU halten
Die gibt es auch in Europa. In vielen Unternehmen, gerade in der Energiebranche, wurden satte Gewinne erwirtschaftet. Die Ölmultis berichten von Rekordergebnissen. Andere dagegen hatten so starke Einbußen, dass das Wachstum der europäischen Wirtschaft insgesamt zum Erliegen kam.
Der EU fehlen die Kompetenzen, auf den Steuerteil des IRA zu antworten. Schon die gemeinsame Verschuldung in der EU ist hochumstritten. Gemeinsame Steuern sind ein noch viel größeres Tabu. Steuern sind Sache der Mitgliedstaaten, und daran wird derzeit auch nicht gerüttelt.
Auch die nationalen Finanzminister trauen sich bisher nicht an die Krisengewinner heran. Derzeit steht im Vordergrund, die Schäden der Krise gering zu halten. Finanziert wird das einstweilen auf Kosten künftiger Generationen.
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