Finanzmanager unterschätzen die Risiken im Geschäft mit Staatsfonds aus autoritär regierten Staaten – allen Ankündigungen zum Trotz. Das könnte sich bald rächen.
Globale Trends
Handelsblatt-International-Correspondent Torsten Riecke analysiert jede Woche in seiner Kolumne interessante Daten und Trends aus aller Welt. Sie erreichen ihn unter [email protected]
Bild: Klawe Rzeczy
London Wenn es ums Geld geht, gilt für die Finanzbranche schon seit Längerem die Maxime „Put your money where your mouth is!“. Kaum ein Vermögensverwalter kann heute die moralischen Prämissen seiner Kunden ignorieren.
Daran ändert auch die heftige und zum Teil berechtigte Kritik an den sogenannten ESG-Kriterien nichts. „Greenwashing“-Vorwürfe sind eher eine Aufforderung, noch genauer hinzusehen, wo man sein Geld investiert, als ein Grund, den „environmental, social und governance“-Filter bei Investments komplett auszuschalten.
Umso bemerkenswerter ist es, dass Asset-Manager heute zwar fast täglich neue ethisch orientierte Anlagen für Investoren kreieren, bei der Auswahl ihrer Kunden aber weitaus weniger pingelig sind. Insbesondere die Zusammenarbeit von Vermögensverwaltern mit den Staatsfonds autoritärer Regime gilt in der Branche immer noch als „blinder Fleck“ in der Debatte über „moral money“.
Das könnte sich schon bald rächen: Nicht nur weil es angesichts der geopolitischen Spannungen zwischen westlichen Demokratien und autoritären Staaten immer riskanter wird, das Vermögen von Diktatoren zu vermehren, die oft Blut an den Händen haben. Es droht auch ein Imageproblem, das andere Kunden und potenzielle Mitarbeiter verschreckt.
Experten schätzen, dass mehr als zehn Prozent des weltweit verwalteten Vermögens von rund 120 Billionen Dollar auf Konten von Staatsfonds autoritärer Regime liegen. Wie viel davon diese Fonds von externen Asset-Managern verwalten lassen, ist zwar nicht bekannt, aber es dürfte eine beträchtliche Summe sein. Allein der chinesische Staatsfonds CIC lässt nach eigenen Angaben mehr als 60 Prozent seiner 1,35 Billionen Dollar von professionellen Vermögensverwaltern außerhalb des Fonds managen.
Das ist auch ein Grund dafür, warum große westliche Banken das geoökonomische Decoupling zwischen westlichen Demokratien und autoritären Staaten schlicht ignorieren.
Vergangene Woche erhielten die US-Großbank JP Morgan und die britische Standard Chartered von Peking die Erlaubnis, ihr Asset-Management in China auszubauen. Dabei profitieren die US-Banker von einem noch von Donald Trump ausgehandelten Abkommen, das es ihnen erlaubt, ihre lokalen chinesischen Joint-Venture-Partner rauszukaufen.
Auch europäische Vermögensverwalter wie die Schweizer UBS wollen ihr Engagement in China verstärken. Zwar haben es die westlichen Fondsmanager in erster Linie auf das riesige Privatvermögen der Chinesen abgesehen. Aber auch um das Geld der Staatsfonds wird heftig gerungen – und zwar nicht nur in China, sondern auch in Saudi-Arabien und weiteren Golfstaaten.
Selbst russische Staatsfonds wurden bis vor Kurzem von westlichen Finanzprofis umworben. Die harten Sanktionen des Westens nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine zeigen, wie riskant das Geschäft mit dem Geld der Diktatoren geworden ist. Auch wenn nach einer neuen Untersuchung weniger als neun Prozent aller in Russland engagierten Unternehmen aus dem Westen ihre Bande zu Putins Reich wirklich gekappt haben.
Den Finanzmanagern wird es in Zukunft immer schwerer fallen, ihren ethisch bewussten Kunden zu erklären, wie sie einerseits die Prinzipien der Vereinten Nationen für Geschäfte und Menschenrechte in ihren Hochglanzbroschüren hochhalten und sich gleichzeitig zu finanziellen Handlangern von Diktatoren machen. „Put your money where your mouth is“ – das sollte nicht nur für Investoren gelten, sondern auch für deren professionelle Vermögensverwalter.
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