Als sei es selbstverständlich wirbt Olaf Scholz für Kontinuität und nutzt so die fehlende Wechselstimmung im Land für sich – um Rot-Grün vorzubereiten.
Scholz und Merkel
Olaf Scholz ist der Mann, den die Deutschen glauben zu kennen.
Bild: Getty Images
Berlin Wer hätte gedacht, dass die Sozialdemokraten im Bundestagswahlkampf die philosophische Dialektik derart gekonnt inszenieren würden? Als Erstes wäre da die These, die auch in der Union umhergeht: Es gibt keine Wechselstimmung im Land. So weit, so gut.
Olaf Scholz schlussfolgert daraus: „Sie kennen mich.“ Den Satz sagte zwar Angela Merkel im Bundestagswahlkampf 2013, adaptiert hat ihn aber nun der als Vizekanzler getarnte SPD-Spitzenkandidat, der damit gleich noch ihre Wahlkampfstrategie von einst vollführt. Er wirbt mit den zur Raute geformten Händen um Vertrauen, simuliert Führung und weicht allen Fragen aus. Keine Wechselstimmung? Können Sie haben.
Das Ergebnis: Da die Deutschen Armin Laschet noch weniger kennen und auch kaum Annalena Baerbock ist es Olaf Scholz, den sie zu kennen vermuten. Deshalb glauben sie, er stünde für Kontinuität – auch wenn es sie mit ihm am wenigsten geben wird. Denn tatsächlich ist Scholz die Antithese zur verbreiteten Meinung, er stünde für ein „Weiter so“.
Kein Wunder also, dass Scholz es vermeidet, eine Koalitionsaussage zu treffen. Dafür hat er gleich mehrere Argumente: Erstens würde es die Dialektik zerstören, mit der er als Vizekanzler Kontinuität vortäuscht. Zweitens würde es all jene aufschrecken, die nichts schlimmer finden als ein rot-grün-rotes Bündnis. Und Drittens würde eine ehrliche Absage an die Linke tiefrote SPD-Wähler in die Arme der Linkspartei treiben.
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So aber besteht viertens sogar die Chance, selbst die Linken in Sicherheit zu wiegen, ihre Stimmen zu erobern und im besten Fall sogar die Linkspartei unter die Fünfprozenthürde zu drücken. Zu guter Letzt stünde da dann eine rot-grüne Mehrheit. Es wäre der absolute Triumph für Olaf Scholz und das Comeback der SPD als linke Kraft der Republik.
Wer redet noch über die Rolle des SPD-Kandidaten im Cum-Ex- oder dem Wirecard-Skandal, wenn die Union selbst mit ihrer Regierungszeit hadert? CDU und CSU sprechen von einem „Neustaat“, proklamieren ein „Modernisierungsjahrzehnt“ anstatt sich klar und positiv zu den 16 Regierungsjahren ihrer Kanzlerin zu bekennen. Dieser strategische Fehler ist kaum noch zu beheben.
Auch die Kanzlerin selbst hat ihn erkannt und beginnt zumindest jetzt, für Armin Laschet und ihre Partei zu werben. Denn sie will am Ende nicht als Egoistin dastehen, die die Zukunft ihrer Partei nicht im Blick hatte. Nicht zuletzt muss sie ein Interesse daran haben, die Deutungshoheit über ihre Regierungsjahre zu behalten und sie nicht ihrem Plagiat zu überlassen. Der würde sicher auch in dieser Frage eine dialektische Antwort finden. Die Chance dafür ist so groß wie nie.
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