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24.08.2021

17:47

Kommentar

Billigfleisch: Es gibt kein Premium zu Discountpreisen

Von: Catrin Bialek

Die Umwelthilfe findet gefährliche Keime im Geflügelfleisch. Überraschend ist das nicht, denn bei Konsumenten regiert noch immer eine Geizmentalität.

Das Geflügelfleisch wird bei einem Fleischproduzenten verarbeitet. Immer wieder stehen die Bedingungen der Produktion in der Kritik. picture alliance / Friso Gentsch

Geflügelfleisch in der Produktionshalle

Das Geflügelfleisch wird bei einem Fleischproduzenten verarbeitet. Immer wieder stehen die Bedingungen der Produktion in der Kritik.

Eine weitere Studie hat die miese Qualität des Fleisches dokumentiert, das in einigen deutschen Geschäften vertrieben wird. Dieses Mal ist es die Deutsche Umwelthilfe, die Dutzende Testkäufe von Putenfleisch in einigen Discountern labortechnisch untersuchen ließ.

Das erwartbare wie niederschmetternde Ergebnis: In mehr als einem Viertel der Proben wurden Keime gefunden, gegen die Antibiotika nicht mehr wirken. Denn die sogenannten Reserveantibiotika werden auch in der Tierhaltung verabreicht – und lassen den Verzehrer des Fleisches immun werden gegen den mitunter lebensrettenden Wirkstoff.

Das Ergebnis der Studie ist erwartbar, denn die Fleischindustrie wird seit Jahren von Skandalen durchrüttelt. Geflügelpest, Gammelfleisch, Antibiotika-Resistenz – wer sich genau anguckt, was da auf dem Teller landet, dem vergeht schnell der Appetit. Und doch ändert sich nichts – oder viel zu wenig – an den angeprangerten Missständen in der Fleischproduktion, die schon so lange in der Welt sind.

Denn eines scheint sich nicht zu ändern: Der Mensch ist willens, Fleisch von Tieren zu verzehren, die zuvor großem Stress und auch Qualen ausgesetzt waren.

Er akzeptiert diese Tatsache, da er das Elend nicht mit eigenen Augen mitansehen muss. Kommen dann Untersuchungen wie die der Umwelthilfe zutage, ist das Entsetzen groß. Doch eine konsequente Umkehr im Konsumverhalten ist bei den wenigsten Menschen festzustellen.

Knauserigkeit wurde salonfähig gemacht

Der alte, längst ausgemusterte Werbeslogan „Geiz ist geil“ hat der Gesellschaft im Prinzip einen Bärendienst erwiesen. Seit dem Slogan der Elektronikkette Saturn gilt knauseriges Ausgabeverhalten als salonfähig. Man ist ja nicht blöde. Die gehypte Knausrigkeit zieht sich durch viele Produktgattungen, und eben auch durch die Ernährung. Ein bedenklicher Trend, auf den Fleischhersteller und -händler mit einem Preisunterbietungswettkampf reagiert haben.

Doch es gibt kein Premiumprodukt zu Discountpreisen. Das Billigfleisch aus den Supermärkten hat am Ende seinen Preis – in einem mehr als unrühmlichen Umgang mit den zu schlachtenden Tieren. Da es von Seiten der Konsumenten anscheinend kein deutliches Umdenken geben wird, sollte der Gesetzgeber verstärkt tätig werden und das Tierwohl noch intensiver als bisher in den entsprechenden Verordnungen und Gesetzen absichern. Die Tiere sollten nicht die Rechnung für die „Geiz-ist-Geil“-Mentalität zahlen.

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