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13.01.2023

10:28

Kommentar

Der Staat hat bei der Sanierung des Reisekonzerns FTI nur die Wahl zwischen zwei schlechten Lösungen

Von: Christoph Schlautmann

Ein Teilschuldenerlass für FTI auf Kosten der Steuerzahler ist für den Staat womöglich die billigste Lösung. Aber auch die klügste?

Die Rewe-Tochter DER Touristik will FTI übernehmen. IMAGO/Michael Gstettenbauer

Reiseveranstalter

Die Rewe-Tochter DER Touristik will FTI übernehmen.

Düsseldorf Die Übernahmeofferte von Rewe gegenüber dem finanziell angeschlagenen Urlaubsveranstalter FTI bringt den deutschen Staat in ein Dilemma, das er schon vor drei Jahren hätte erahnen können. Denn zustande kommen soll der Deal wohl nur, wenn Gläubiger von FTI etwa auf die Hälfte ihrer Forderungen verzichten. Gefragt sind daher auch die Steuerzahler, bei denen das Unternehmen mit dreistelligen Millionenbeträgen verschuldet ist.

Nur: Verweigert Berlin dem Reisekonzern und seinem Mehrheitsgesellschafter Samih Sawiris, einem ägyptischen Milliardär, den Teilerlass der beim Staat angehäuften Schulden, könnte es für den Fiskus noch viel teurer werden.

Sollte Deutschlands größter familiengeführter Reisekonzern angesichts seiner hohen Verschuldung in finanzielle Schwierigkeiten geraten, stünden nicht allein die nachrangigen Kredite und stillen Einlagen des staatlichen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) im Feuer. Der Bund und das Land Bayern müssten dann wohl auch noch zusätzlich für Bürgschaften in dreistelliger Millionenhöhe eintreten.

Tatsächlich spricht dies aus Sicht von Bund und Land dafür, wie schon beim Ferienflieger Condor einen Teil der während Corona ausgereichten Staatskredite abzuschreiben. Dass sie angesichts der schmalen Margen im Pauschalreisegewerbe jemals vollständig zurückgezahlt werden würden, hielten Branchenexperten schon bei der Kreditgewährung ab Mitte 2020 für wenig wahrscheinlich.

Auf den ersten Blick spricht also tatsächlich einiges für einen Schuldenschnitt auf Kosten der Steuerzahler. Auf den zweiten Blick zeigt sich: Es gibt da noch ein weiteres Problem. Nach einem Teilschuldenerlass für den Münchener Reiseveranstalter, den Rewe nach Handelsblatt-Informationen zur Bedingung für die Übernahme gemacht hat, dürften sich bald auch Wettbewerber mit ganz ähnlichen Forderungen melden.

„Schließlich gilt gleiches Recht für alle“

Auch Marktführer Tui nahm schließlich während der Pandemie Staatsgelder in Milliardenhöhe in Anspruch. Dass man inzwischen einen Teil davon zurückgezahlt hat, dürfte den Konzern in Hannover vermutlich im Nachhinein wurmen – falls der Staat dem Rivalen FTI einen Haircut gewährt. Ob dann Tui-Vorstandschef Sebastian Ebel überhaupt noch Interesse daran findet, seine Restschuld beim Staat zu begleichen, darf bezweifelt werden. Schließlich gilt gleiches Recht für alle.

Vehementen Protest aber würde ein solcher Schuldenerlass insbesondere bei solchen Reiseveranstaltern finden, die trotz monatelanger Lockdowns und Einnahmeausfälle während der Pandemie auf staatliche Notkredite verzichteten, darunter die familiengeführten Anbieter Alltours und Schauinsland Reisen.

Sie müssten fürchten, dass die mit staatlichen Geldgeschenken ausgestatteten Wettbewerber insbesondere beim Preiskampf einen unfairen Vorteil erhalten. Wird er nicht ausgeglichen, müssen sie womöglich irgendwann selbst den Staat um Hilfe bitten.

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