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28.01.2023

10:15

Kommentar

Die EU braucht keinen neuen Schuldenfonds

Von: Carsten Volkery

Einige Politiker in Europa fordern neue EU-Schulden für eine grüne Industriepolitik. Das ist überflüssig. Denn noch sind die Gelder anderer Programme gar nicht ausgeschöpft.

Deutschland und Frankreich würden von der Lockerung der EU-Beihilferegeln profitieren. dpa

Olaf Scholz (l.) und Emmanuel Macron

Deutschland und Frankreich würden von der Lockerung der EU-Beihilferegeln profitieren.

In Brüssel geht es wieder um die Gretchenfrage: Wie hältst du’s mit einem neuen Schuldenfonds? Die 27 Regierungschefs wollen auf einem Sondergipfel am 9. Februar über eine europäische Antwort auf den „Inflation Reduction Act“ (IRA) beraten.

Es geht um jenes 369-Milliarden-Dollar-Paket, mit dem die US-Regierung grüne Schlüsselindustrien in ihr Land lotsen will. Einige Staatenlenker hätten gern eine neue Bazooka, um im Wettlauf zwischen „made in Europe“ und „made in America“ bestehen zu können.

Dieses Mal soll das EU-Vehikel „Souveränitätsfonds“ heißen und alles von Batteriefabriken über Wasserstoffinfrastruktur bis hin zu kritischen Rohstoffen finanzieren. Für Bundeskanzler Olaf Scholz und seinen Finanzminister Christian Lindner bedeutet das die nächste Abwehrschlacht. Sie weisen gern darauf hin, dass im EU-Haushalt und im Corona-Wiederaufbaufonds bereits Hunderte Milliarden für grüne Investitionen vorgesehen sind – und dieses Geld noch lange nicht ausgegeben ist. Und sie haben recht.

Denn es besteht derzeit in einigen europäischen Ländern eher das Problem, dass diese nicht genug sinnvolle Projekte finden, um das Geld zu investieren. Der Ruf nach weiteren Schulden kommt daher mindestens zum falschen Zeitpunkt.

Zunächst wäre es angebracht, die Kriterien für die Mittelvergabe anzupassen, um vielleicht mehr Projekte in mehr Sektoren fördern zu können. Die Kommission arbeitet bereits an einer Analyse, welche Branchen zusätzliche Unterstützung gebrauchen könnten.

Am Ende wird ein Kompromiss stehen

Und doch ist in Brüssel eine vertraute politische Logik im Gange, die früher oder später wohl zu einem neuen Investitionsfonds führen wird. Der IRA ist die Art von Kampfansage, die kein Politiker einfach ignorieren kann.

Einige Länder wie Deutschland und Frankreich wollen deshalb die EU-Beihilferegelungen lockern, um ihre Schlüsselindustrien unterstützen zu können. Das wiederum alarmiert etliche kleinere, finanzschwächere Länder. Sie verlangen einen Ausgleich, damit sie im EU-internen Standortwettbewerb keine Nachteile erleiden.

Dieser Argumentation wird sich Scholz kaum entziehen können. Auf dem Brüsseler Basar kann nur selten jemand seine Position zu hundert Prozent durchsetzen. Und so ist es sehr wahrscheinlich, dass Deutschland wie schon bei der Gaspreisbremse oder den Panzerlieferungen am Ende zumindest teilweise einlenken wird.

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