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02.02.2023

07:54

Kommentar

Die Rationierung von Strom ist in Zukunft unabdingbar

Von: Kathrin Witsch

Ferngesteuerte Ladestationen und gedrosselte Wärmepumpen: Hersteller und Politik streiten über mögliche Netzeingriffe. Ohne sie wird es in Zukunft aber nicht gehen.

Das Netz der Zukunft muss flexibel sein.  dpa

Stromnetz

Das Netz der Zukunft muss flexibel sein. 

Sollte der Netzbetreiber den Ladevorgang meines Elektroautos aus der Ferne steuern können? Ja. Denn genau das braucht es in Zeiten von immer mehr Anlagen und massiv steigenden Belastungen für das Stromnetz. 

Aber kaum kommt mal ein sinnvoller Vorschlag in Sachen Stromnetzsteuerung von der Bundesnetzagentur aus Bonn, laufen Unternehmen und Verbände schon wieder Sturm. Sehr deutlich haben unter anderem E-Auto-Hersteller Tesla und Wärmepumpenbauer Viessmann gewarnt, Eingriffe in die Stromversorgung gefährdeten „die Akzeptanz und die Kundenzufriedenheit für Schlüsseltechnologien der Energiewende“. 

Klar, wenn man das zum Anlass nimmt, um Schreckensszenarien herbeizureden – dann schon. Dabei ist die flexible Steuerung dezentraler Anlagen nur folgerichtig, gerade auch in Bezug auf die Energiewende. 

Millionen von Solaranlagen, Wärmepumpen, Elektroautos und Wallboxen sind schon heute an der ein oder anderen Stelle eine Herausforderung für das lokale Netz. Die Betreiber agieren bislang komplett im Blindflug.

Abgeriegelt wird bei Überproduktion von Strom für viel Geld einige Ebenen höher, und dann sind es gleich ganze Kraftwerke oder Windparks. Würde man früher auf der unteren Ebene mit kleinen Eingriffen arbeiten, könnte das eine oder andere Windrad sich auch mal weiterdrehen. 

Flexible Steuerung des Netzes: Andere Länder sind weiter

Die flexible Steuerung der einzelnen Verbraucher ist nötig, um das komplizierte Stromnetz der Zukunft so stabil wie möglich zu halten. Und könnte dabei noch den nötigen Netzausbau reduzieren. So weit gibt es keine zwei Meinungen. Die Frage ist nur: Wer darf den Ladevorgang für das E-Auto nachts drosseln? 

Tesla, Viessmann und Co. wollen die flexible Steuerung einzelner Verbraucherinnen und Verbrauchern durch finanzielle Anreize, also mit einem marktorientierten Ansatz, fördern. Die Bundesnetzagentur schlägt vor, erst einmal Netzbetreibern die Möglichkeit zu geben, die Zufuhr zu einzelnen Stromverbrauchern im Notfall zu reduzieren. 

Das Netz von heute ist deutlich anspruchsvoller als früher. Es gibt bei der Steuerung kein simples Entweder-oder, dafür ist die dezentrale Energiewelt viel zu komplex. Das Netz der Zukunft muss beide Optionen vorhalten: Die Betreiber müssen im Zweifel eingreifen dürfen, und die Verbraucherinnen und Verbraucher sollten für vorausschauenden Stromverbrauch vergütet werden, wenn sie damit helfen, das Netz stabil zu halten. Aktuell könnten die meisten Stromkunden ihren Verbrauch nicht einmal flexibel steuern, selbst wenn sie es wollten. Ihnen fehlt die digitale Ausrüstung.

Sicherlich gibt es viele Details bei den Vorschlägen für die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes, die noch geklärt werden müssen. Aber statt eine Debatte im Keim zu ersticken, sollte auf Augenhöhe diskutiert werden. In anderen Ländern ist die flexible Steuerung des Netzes längst Normalität. 

Erstpublikation: 31.01.2023, 16:36 Uhr.

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