Lahmes Internet und abbrechende Telefongespräche sind keine nervige Lappalie. Deutschland unterschätzt die Relevanz von Telekommunikations-Infrastruktur.
Arbeiter auf einem Mobilfunkmast
Ein Kompetenz- und Genehmigungswirrwarr hemmt den Ausbau von Mobilfunk- und Glasfasernetzen bis heute.
Bild: imago images/Arnulf Hettrich
Ex-Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) provozierte die Telekombranche gern mit einer Anekdote. Die schlechten deutschen Handynetze, klagte er, seien „eine der größten Blamagen des Technologiestandorts Deutschland“. Auf Autofahrten, bekannte er vor vier Jahren, lasse er sich deshalb lieber nicht mehr mit ausländischen Kollegen verbinden. „Total peinlich“, so Altmaier.
Was er damals verschwieg: Für die Regeln, nach denen der Ausbau der Mobilfunknetze geschieht, waren Altmaier selbst und seine Ministerkollegen der Großen Koalition verantwortlich.
Jahrelang ließ man die großen Telekommunikationskonzerne mit löchrigen Netzen davonkommen, die nicht die Versorgungsqualität der Kunden, sondern die eigene Rendite optimierten. Öffentliche Beschwerden wie die von Altmaier mündeten selten in konkrete Maßnahmen. Im Gegenzug strich der Staat im Rahmen der Frequenzauktionen von der Branche regelmäßig Milliarden ein, die den Unternehmen später beim Ausbau fehlten.
Sinnvoller wäre es gewesen, darauf zu verzichten – und dafür strengere Regeln aufzusetzen, die man auch konsequent kontrolliert. Parallel hätten die Parteien einen Plan entwickeln sollen, um das Kompetenz- und Genehmigungswirrwarr zu beseitigen, das den Ausbau von Mobilfunk- und Glasfasernetzen bis heute hemmt.
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2019, im Rahmen der Frequenzauktion für die neuen, in der Theorie hyperschnellen 5G-Netze, wollte man aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und schnürte das Auflagenkorsett enger. Wie sich nun zeigt, reichte das nicht.
Zwar nerven im Zug oder an Autobahnen nun in der Tat weniger Funklöcher, doch die Auflagen werden wahrscheinlich schon wieder nicht erfüllt und manche Regionen noch immer nicht versorgt sein. Ob dieses Versagen Konsequenzen hat, bleibt offen. Das ist peinlich.
In Deutschland wird die zentrale Rolle, die eine leistungsfähige und zuverlässige Telekommunikationsinfrastruktur für Wirtschaft und Gesellschaft spielt, offenbar noch immer nicht erkannt. Auch von der aktuellen Bundesregierung bekommt das Thema zu wenig Aufmerksamkeit.
Der Kapitalmarkt hat indes längst realisiert, dass Mobilfunk- wie Glasfaserinfrastruktur wichtig ist – und deshalb ein äußerst attraktives Investment. Um die deutschen Netze buhlen jedoch vor allem angelsächsische Investoren, die über Jahre die auskömmlichen Dividenden einstreichen werden.
Derzeit ist viel von der Abhängigkeit von sogenannter kritischer Infrastruktur die Rede. Es scheint, als ob viele Politiker diese immer erst erkennen, wenn es bereits zu spät ist.
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Kommentare (2)
Account gelöscht!
12.10.2022, 10:16 Uhr
"Derzeit ist viel von der Abhängigkeit von sogenannter kritischer Infrastruktur die Rede. Es scheint, als ob viele Politiker diese immer erst erkennen, wenn es bereits zu spät ist." Trifft bestimmt zu - wenn das eben nur nicht für so viele Bereiche gälte. Warum ur braucht man für verantwortliche Ämter in einer Regierung kein Ausbildung und für die Bewerbung auf ein verantwortungsvolles Amt keinen Qualifikationsnachweis?