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16.03.2023

11:56

Kommentar

Gesunde Skepsis ist nach dem Fast-Rekordjahr angebracht

Von: Ulf Sommer

Den Unternehmen wird es 2023 schwerer gelingen, höhere Preise an ihre Kundschaft weiterzureichen – so wie das 2022 noch bestens gelungen war.

2022 führten weniger Autoverkäufe zu hohen Gewinnen. dpa

Fertigung eines Elektroautos

2022 führten weniger Autoverkäufe zu hohen Gewinnen.

Nach dem Rekordgewinnjahr 2021 ist es den Unternehmen in Deutschland gelungen, 2022 fast ebenso hohe Gewinne einzufahren. Trotz Ukraine-Krieg, der zu großer Verunsicherung bei Verbrauchern und Unternehmen führte, trotz teurer Energie und anhaltender Logistikprobleme.

Jetzt bestätigten sich die großen Rezessionsbefürchtungen nicht, und dennoch blicken fast alle Unternehmen in ihren Jahresbilanzen verhalten-vorsichtig, vielfach unsicher auf das laufende Geschäftsjahr. Zuversicht, nachdem die Gasmangellage ausgeblieben ist, sieht anders aus.

Das mag angesichts der ausgebliebenen großen Krise verwundern. Doch haben sich die Voraussetzungen gegenüber dem Vorjahr wirklich verbessert? Viele Nachholeffekte, die 2022 zu steigenden Gewinnen und einer höheren Profitabilität geführt haben, sind bereits seit dem Herbst ausgelaufen.

Die Lager haben sich gefüllt. Das führt zu größerem Angebot bei gleichzeitig gestiegenen Preisen für Energie und vielen Vorprodukten. Infolgedessen wird es den Unternehmen 2023 schwerer gelingen, höhere Preise an ihre Kundschaft weiterzureichen, so wie das 2022 bestens gelungen war.

Das werden nicht nur Konsumgüterhersteller, sondern auch die Autobauer zu spüren bekommen. 2022 führten weniger Autoverkäufe zu hohen Gewinnen, weil die Kunden angesichts des geringen Angebots deutlich höhere Preise zahlten. Das ändert sich jetzt, weil die Hersteller wieder mehr produzieren, weil die lange Zeit fehlenden Halbleiter inzwischen in größerer Menge als 2022 vorhanden sind. Dadurch steigen zwar die Umsätze, aber angesichts des höheren Angebots nicht unbedingt die Gewinne.

Unter diesem Blickwinkel betrachtet tun die Unternehmen gut daran, sich vom großen Konjunktur-Optimismus, wie er sich bis zum Ausbruch der Bankenkrise in den USA an der Börse mit stark gestiegenen Aktienkursen widerspiegelte, nicht haben anstecken lassen. Denn Fakt ist, dass die Weltwirtschaft, von der die auslandsstarken Dax-Konzerne in hohem Maße abhängig sind, vor keinem neuen Boom steht, nur weil die große Rezession ausbleiben wird.

Dies in Kombination mit stark steigenden Zinsen, wodurch sich die Finanzierungsbedingungen für Verbraucher, Unternehmen und die hoch verschuldeten Staaten verschlechtern werden, weil neue Kredite und Anleihen deutlich teurer werden, rechtfertigt eine gehörige Portion Skepsis.

Womöglich holt die Börse mit den seit Tagen stark fallenden Aktienkursen jetzt nur nach, was die Unternehmen in ihren vorsichtigen Ausblicken längst vermuten: 2023 wird keineswegs einfacher als 2022.

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