Eine Zerschlagung der Mineralölkonzerne kann nur das allerletzte Mittel sein – doch angesichts der Inflation müssen alle marktwirtschaftlich erlaubten Werkzeuge auf den Tisch.
Trotz Tankrabatt sinken die Spritpreise nicht. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will deshalb notfalls die Konzerne zerschlagen können. Der Bundesverband der Deutschen Industrie und einige Ökonomen werden die mögliche Entflechtung von Konzernstrukturen reflexhaft als marktwirtschaftliche Verirrung eines Grünen-Politikers abtun.
Doch der Wirtschaftsminister kann sich auf einen Amtsvorgänger berufen, der sicherlich keiner sozialistischen Umtriebe verdächtig ist. Bereits Ludwig Erhard wollte in den 1950er-Jahren in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen die Möglichkeit aufnehmen lassen, marktbeherrschende Konzerne zerschlagen zu können. Das Vorhaben scheiterte damals am „Rheinischen Kapitalismus“ mit seiner ganzen Unbeweglichkeit bei nötigen Veränderungen.
Heute sehen sich die politischen Akteure angesichts von Ukrainekrieg, Inflation und der Abhängigkeit von russischer Energie zu Entscheidungen bereit, die vor Kurzem noch undenkbar gewesen wären.
Allein die treuhänderische Verwaltung der deutschen Töchter von Gazprom durch die Bundesnetzagentur zeigt, wie schnell man in die Eigentumsrechte von Privaten eingreifen kann, wenn es nötig ist.
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Die Debatte um den Tankrabatt könnte nun den Staat wieder zum Handeln bewegen. Die Mineralölkonzerne streichen offenbar Milliarden an Steuergeldern ein, doch Verbraucherinnen und Verbraucher merken nichts von der Steuersenkung. Transparenz schaffen die Konzerne auch nicht.
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Wenn Branchen aber oligopolistische Strukturen aufweisen oder Konzerne ihre Marktstellung missbrauchen, dann muss es auch Mittel geben, um den Wettbewerbern unter die Arme zu greifen. Die Bürger profitieren dann, da in der Regel auch die Preise sinken. Auch wenn die Mineralölkonzerne derzeit offenbar den Staat für dumm halten, wehrlos ist er nicht. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele auch im Land des Kapitalismus schlechthin.
Robert Habeck
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will notfalls die Ölkonzerne zerschlagen können.
Bild: IMAGO/Political-Moments
Erstmals musste das in den USA im Jahr 1911 John D. Rockefeller erfahren. Der war damals mit Standard Oil, dem größten Erdölraffinerie-Unternehmen der Welt, zum Milliardär geworden und bedrohte mit seinem Konzern den fairen Wettbewerb.
Der damalige US-Präsident Franklin D. Roosevelt schuf das US-Anti-Trust-Recht, und der Oberste Gerichtshof verfügte danach die Auflösung von Standard Oil. Untergegangen ist die amerikanische Ölindustrie nicht. Mit Exxon Mobil und Chevron befinden sich aktuell zwei US-Ölkonzerne unter den Top Ten der Welt.
Es liegt also vor allem an den Mineralölkonzernen, wie entschlossen die Bundesregierung die Befugnisse des Bundeskartellamts schärft. Wer auch immer jetzt vor einer industriepolitischen Monsterbehörde warnt, der muss auch erklären, warum die Grundwerte der Marktwirtschaft, Eigenverantwortung und Eigentum, gegenüber dem Wettbewerbsgedanken zurückstehen müssen.
Es kann nicht sein, dass Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zu Recht Pendler, Familien und Handwerker entlasten will und dann an den Konzernen scheitert. Eines muss dabei allerdings klar sein: Bevor der Staat zu dieser ordnungspolitischen Maßnahme greift, müssen alle anderen Mittel ausgereizt sein. Eine Zerschlagung von Konzernstrukturen ist immer die Ultima Ratio.
Nun gibt es bereits wieder Ökonomen wie Marcel Fratzscher, die meinen, eine Verschärfung des Kartellrechts werde diese Mitnahmeeffekte der Mineralölkonzerne nicht mehr verhindern. Der DIW-Präsident hat sich jedoch schon bei der Einschätzung der Inflationsgefahren fatal geirrt.
Vor allem aber dürfte es in den Konzernzentralen einen Umdenkprozess geben, wenn die Politik die marktwirtschaftliche Guillotine für jeden sichtbar aufbaut. Die Inflation wird uns noch viele Jahre begleiten, das Fallbeil könnte bei immer weiter steigenden Spritpreisen schneller herunterfallen, als die Konzerne denken.
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